Können sich Wunden schließen, ohne dass Narben auf der Haut zurückbleiben? Dieser Frage geht Dr. Yuval Rinkevich in seinem Projekt ScarLessWorld nach. Dabei wird der Nachwuchsgruppenleiter am Helmholtz Zentrum München nun vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) mit einem Consolidator Grant unterstützt. Rund zwei Millionen Euro Fördermittel fließen in den kommenden fünf Jahren in die Forschung.
Die Regeneration von Geweben und Organen fasziniert die Menschen
seit Jahrtausenden. „Umso bemerkenswerter ist es, dass die Prozesse nach wie
vor relativ schlecht verstanden sind“, erklärt Yuval Rinkevich. Er leitet die
Nachwuchsgruppe ‚Cellular Therapeutics in Chronic Lung Disease‘ am Institut für
Lungenbiologie des Helmholtz Zentrums München.
Gemeinsam mit seinem Team konnte er
aber kürzlich wesentliche Aspekte zu diesem Feld beitragen. „Wir konnten
zeigen, dass die Bindegewebszellen der Haut, die für die Wundheilung zuständig
sind, keine einheitliche Population darstellen“, erklärt Rinkevich. „Nach
unseren Erkenntnissen gibt es vier verschiedene Arten dieser sogenannten
Fibroblasten, deren Zusammensetzung dafür verantwortlich ist, wie stark oder schwach
eine Wunde vernarbt.“
Ein Beispiel liefert der Wissenschaftler gleich mit: „Wird die Haut eines sich
entwickelnden Embryos verletzt, bildet sie sich einfach nach. In späteren
Stadien des Lebens hingegen vernarben die Wunden.“ Die Forscherinnen und Forscher
konnten vor kurzem zeigen, dass dieses Phänomen auf der unterschiedlichen
Zusammensetzung der Fibroblasten in der Haut beruht: Die Anzahl der
regenerativen Zellen nimmt im Laufe der Entwicklung ab, während umgekehrt mehr
Narben bildende Zellen hinzukommen. Aber: Transplantierten die Forscher
Fibroblasten aus Mäuseembryonen in entsprechende Wundregionen von erwachsenen
Tieren, reduzierte sich die Narbenbildung signifikant.
Daraus ergibt sich für Yuval Rinkevich auch die Aufgabenstellung
der kommenden Jahre: „Wir wollen mit neuen experimentellen Ansätzen verstehen,
wie diese narbenlose Wundheilung funktioniert und diesen Prozess dann
langfristig klinisch nachbauen. Im Rahmen von ScarLessWorld planen er und sein
Team daher die folgenden Teilaspekte:
· - die
verschiedenen Fibroblasten-Typen vollständig katalogisieren,
· - deren
Dynamik während der Wundheilung mit bildgebenden Methoden erfassen,
· - die
für Regeneration oder Vernarbung verantwortlichen Gene identifizieren und
· - diese
Erkenntnisse letzten Endes in menschliches Hautgewebe überführen.
„Mit den von uns entwickelten Technologien kann uns dieser
Durchbruch gelingen. Das wäre ein großer Fortschritt für die regenerative
Medizin“, so Rinkevich. Denn aktuell gäbe es in der klinischen Praxis kaum
Strategien zur Verhinderung der Narbenbildung etwa bei größeren Wunden oder
Verbrennungen. Sollte sich er Ansatz bewähren, könnte er möglicherweise auch
weitere Krankheitsbilder angepasst werden, etwa auf Lungenfibrose, bei der das
Lungengewebe vernarbt.
Quelle: Text und Foto - Helmholtz
Zentrum München
Foto: Dr. Yuval Rinkevich