ukm/lie.- Bauchfellkrebs wird zumeist sehr spät
diagnostiziert – oft erst dann, wenn eine Heilung nicht mehr möglich ist. Mit
dem fortschrittlichen PIPAC-Verfahren haben die Experten im UKM
(Universitätsklinikum Münster) nun jedoch eine weitere Behandlungsoption, um
die Prognosen zu verbessern. „Das Ziel dieser neuen Therapie ist, bei Patienten
mit fortgeschrittener Erkrankung das Tumorwachstum auszubremsen, Lebenszeit zu
gewinnen und dabei die Lebensqualität zu erhalten“, sagt Dr. Urs Pabst-Giger,
Oberarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie am
UKM.
Die Abkürzung PIPAC steht für Pressurized Intra
Peritoneal Aerosol Chemotherapy. Dabei werden im Rahmen einer Bauchspiegelung
Chemotherapeutika als Aerosol, also als feiner Sprühnebel, unter Druck direkt
in die Bauchhöhle gegeben. So können die Tumoren gezielter erreicht und
angegriffen werden. „Durch das Vernebeln verteilen sich die Chemotherapeutika
sehr gut im Bereich des befallenen Gewebes. Zudem fördert der während des
Eingriffs herrschende Überdruck im Bauchraum das Eindringen der Medikamente in
den Tumor“, erklärt Dr. Pabst-Giger. „Somit benötigen wir mit der PIPAC-Methode
lediglich ein Zehntel der Wirkstoffmenge im Vergleich zur herkömmlichen
Chemotherapie.“
Daher gebe es deutlich weniger Nebenwirkungen wie
Haarausfall, Müdigkeit und Erbrechen. Der Spezialist für Bauchfellkrebs
(Peritonealkarzinose) ist bereits seit 2012 gemeinsam mit einem
interdisziplinären Team der Ruhr-Universität Bochum maßgeblich an der
Entwicklung des inzwischen auch international anerkannten Verfahrens beteiligt.
Im vergangenen Jahr wechselte das gesamte Expertenteam von Bochum nach Münster,
um seine Arbeit im Viszeralonkologischen Zentrum des UKM fortzusetzen.
„Wir behandeln im Zentrum die unterschiedlichsten
Krebserkrankungen des Magen-Darm-Traktes“, erläutert Dr. Jens Peter Hölzen, geschäftsführender
Oberarzt in der Chirurgischen Klinik (Direktor: Univ.-Prof. Dr. Andreas
Pa-scher). „Mit PIPAC haben wir nun eine zusätzliche Behandlungsoption – quasi
einen weiteren Baustein – in der Therapie von Patienten mit fortgeschrittenem
Bauchfellkrebs, bei denen die herkömmlichen Chemotherapien über die Vene nicht
mehr greifen oder aus anderen Gründen nicht mehr gegeben werden können.“ Neben
modernster Diagnostik und Therapie ist für die optimale Behandlung vor allem
auch die enge Zusammenarbeit der Kollegen aller beteiligten Fachbereiche von
besonderer Bedeutung.
In regelmäßig stattfindenden Tumorkonferenzen tauschen
sich daher z.B. Onkologen, Radiologen, Pathologen und Chirurgen aus und
besprechen, welche Therapie zu welchem Zeitpunkt am besten für einen Patienten
in seiner persönlichen Situation geeignet ist. „Auch die engen Absprachen mit
Ernährungstherapeuten, Psychoonkologen und Palliativmedizinern sind bei komplex
verlaufenden Erkrankungen wie dieser besonders wichtig“, betont Hölzen.
Jedes Jahr erkranken deutschlandweit mehr als 20.000
Menschen neu an Bauchfellkrebs. Oft ist er die Folge anderer Erkrankungen wie
Eierstock-, Magen- oder Darmkrebs. Über 2.000 PIPAC-Applikationen hat das
Expertenteam rund um Dr. Pabst-Giger allein in den letzten fünf Jahren
durchgeführt. Dokumentiert und ausgewertet werden alle Behandlungsergebnisse im
nun ebenfalls von Münster aus geführten internationalen Studienregister unter
der Leitung von Dr. Cédric Demtröder mit 52 teilnehmenden Kliniken weltweit.
„Auch wenn Bauchfellkrebs bisher nur selten heilbar ist,
hat sich in der Behandlung der Erkrankung viel getan“, sind sich die Mediziner
einig und fassen die Vorteile des effektiven und zugleich schonenden Verfahrens
zusammen: „Weniger Nebenwirkungen – mehr Lebenszeit und -qualität!“
Bild (UKM): Auch eine Art Bildgebung: Wie die Krebszellen
bei PIPAC unter Druck gesetzt werden, veranschaulichen Dr. Urs Pabst-Giger (r.)
und sein Kollege Dr. Jens Peter Hölzen mit einer eigens von diesem
angefertigten Zeichnung.
Quelle – Text und Foto: UKM – Universitätsklinikum
Münster