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Frank Roehrig Tango DSC5441

Magdeburg-News: Tango – Wie die Achse auf dem Parkett gleichzeitig für Geradlinigkeit im Leben sorgt



veröffentlicht am Montag, 3. April 2023
 
Magdeburg. Das Beobachten von einem Tango tanzenden Paar kann dazu führen, dass die Zeit still zu stehen scheint. Tango Argentino lebt vom Gefühl, von Harmonie und gemeinsamen Atmen, von Nähe und von gegenseitiger Aufmerksamkeit. Alles passiert im Hier und Jetzt, nur der jeweilige Moment zählt. Die gesamte Energie eines Menschen, alles, was keine Namen hat und braucht, baut denSpannungsrahmen zwischen den Tänzern. Argentinischer Tango ist eine subtile Facette des uralten Spiels zwischen Mann und Frau. Ein Locken und Drängen, ein Suchen und Verstecken, Nonverbales in Bewegung übersetzt. Das Tanzpaar bewegt sich wie ein Körper auf vier Beinen. Etwas wird immer schwingen bei diesem Tanz, ein Feld, eine Energie, egal, wie es heißt. Für die Länge einer Tanda, manchmal nur für die Länge eines Tangos verbinden sich die Tanzenden und es ist egal, ob man diesen Mensch ein halbes Leben oder nur ein paar Takte lang kennt. Wenn es harmoniert, dann hört die Zeit auf zu existieren und es gibt nur diesen Augenblick, der in den nächsten übergeht, wenn die Füße den Körper mitnehmen und die Tanzenden im Moment ankommen. Die Kunst dieses Tanzes besteht darin, darauf zu vertrauen, dass der Körper durch bewusste Bewegungen natürliche Wege findet, denen die Tänzer folgen können, weil sie auf Körperlogik basieren. Denn so wie im Leben auch, bestimmen unsere Gedanken und Gefühle unser Tun. 
 

Mal etwas nicht wollen, sondern einfach sein


Tango in Magdeburg heißt mit Vornamen Frank und kommt in Form eines Mannes daher, dessen Gang an eine Katze erinnert. Leise, unauffällig und gleichzeitig präsent. Seine Energie füllt den Raum und weder das Parkett noch seine Tanzpartnerin kann sich dieser entziehen. Dieser Tanz verändert die Einstellung zum Leben und irgendwann, wenn es keine Laune einer Saison bleibt, das Leben selbst. Frank Röhrig, Tanzlehrer aus Magdeburg und selbst Tänzer seit über 26 Jahren, gibt dieses Lebensgefühl gern an seine Schüler weiter. Für ihn sei die Essenz vom Tango, die Wahrheit über sich selbst zu erfahren, sich mit Fragen auseinander zu setzen, die nicht immer bequem sind: Wo bin ich körperlich und auch geistig beweglich? Wo eher starr? Warum ist das so? Diese Wahrheiten für sich selbst erst einmal anzunehmen und sich auch Gedanken darüber zu machen, welche Blockaden in mir selbst für Unbeweglichkeit sorgen könnten, ist eine von vielen Herausforderungen beim Tango. Auch die Möglichkeit, Nähe mit fremden Menschen zu erleben, ohne Konventionen und auch ohne oft übliche Wertungen (zu dick, zu dünn, zu blond, zu sonst noch was) stelle eine wunderbare Bereicherung des Lebens dar, so der Meister über die Balance. Wie im wahren Leben auch, werden wir eine echte Verbindung, eine echte Kommunikation nur erreichen, wenn wir uns zeigen, wie wir wirklich sind, mit allen Licht- und Schattenseiten.
 
Entgegen vieler Darstellungen und Meinungen, dass Tango doch das Ding mit der Rose im Mund und dem Wiegeschritt sei, steht dem etwas viel Feinsinnigeres entgegen - ein Gefühl, eine Verbindung von zwei Menschen. Das Vertrauen und das Sein im Moment ist die große Herausforderung, denn die Gesellschaft spiegelt uns allen etwas anderes - immer weiter, immer mehr, immer einen Schritt voraus. Und immer angepasst, oft maskiert, in vielerlei Form. Aber die Masken müssen fallen, um den Blick auf den Menschen, wie er wirklich ist, freizugeben. Die Achse muss sein, genau wie wir im Leben eine Achse, eine Ausrichtung brauchen. Der Tango kann unser Leben entschleunigen, wenn wir uns wirklich darauf einlassen. Beim Tanzen seine eigene Mitte zu finden und auch die Mitte mit einem oft fremden Gegenüber - ohne etwas zu hinterfragen, stellt viele Menschen vor Herausforderungen. Es ist nicht vergleich mit dem Besuch einer Tanzschule, wo Menschen in überschaubaren Zeiten und Kursen eine bestimmte Abfolge an Figuren lernen und dann fertig sind. Fertig gibt es beim Tango nie, weil das Leben nie fertig ist, solange wir leben.
 
Wer diesen Tanz erlernen möchte, kann beim Frank Einzelunterricht nehmen und demnächst auch wieder Kurse besuchen. 
 
Herzlichen Dank an Frank Röhrig für die taktvollen Einblicke in die Welt dieses sinnlichen Tanzes. 
 

Text & Foto: Steffi Pretz