Wer nachts regelmäßig auf die Toilette gehen muss, nimmt
das häufig als unvermeidliche Alterserscheinung hin und redet nicht darüber.
Dabei ist das Problem sehr viel größer, denn die sogenannte Nykturie, wie der
nächtliche Harndrang in der Fachsprache genannt wird, kann auf eine ernsthafte
Erkrankung hinweisen, die behandelt werden muss.
Mehr als 60 Prozent der über 70-Jährigen sucht nachts
mehr als zwei Mal die Toilette auf, Männer wie Frauen. Auch Jüngere sind
betroffen, etwa jeder fünfte bis sechste zwischen 20 und 40 Jahren, überwiegend
Frauen. Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwäche und
Kopfschmerzen sind nur einige der möglichen Folgen. Vor allem bei älteren
Patienten erhöht sich zusätzlich deutlich das Risiko für Stürze und Frakturen
der Hüfte, wenn sie in der Nacht auf die Toilette gehen.
Am Tag können sich bei ihnen wegen des Schlafmangels
außerdem eine beeinträchtigte Wahrnehmung oder auch ein gestörtes
Gleichgewichtsempfinden zeigen. „Der Leidensdruck für die Betroffenen ist
oftmals sehr groß, trotzdem überwiegt sehr häufig die Scham, das Gespräch mit
dem Arzt zu suchen. Dabei ist medizinische Hilfe nötig, um Schlimmeres zu
vermeiden. Denn nächtlicher Harndrang ist lediglich ein Symptom für eine
körperliche Störung, die verschiedene Ursachen haben kann“, erklärt Nadja Dörr,
Apothekerin bei der BARMER.
Verschiedene Krankheiten können zugrunde liegen
Oft kommen mehrere Ursachen in Betracht, wenn nachts
häufiger die Toilette aufgesucht werden muss. Sind gleichzeitig auch die Beine
geschwollen, ist der Patient kurzatmig, leistungsschwach und müde, kann das auf
eine Herzinsuffizienz hinweisen. „Auch ein Diabetes mellitus kann hinter
nächtlichem Harndrang stecken. Der Körper versucht, den überschüssigen Zucker
über die Nieren auszuspülen, der Patient verspürt mehr Durst und muss
gleichzeitig häufiger auf die Toilette.
Bei einem Diabetes mellitus, der bereits seit Jahren
besteht, können außerdem Nerven geschädigt sein, die die Blasenfunktion
steuern“, so Dörr. Für den nächtlichen Harndrang kommen zudem Störungen der
Nierenfunktion, im Hormonhaushalt, eine Veränderung der Blasenmuskulatur, ein
erhöhter Blutdruck und bei Männern eine vergrößerte Prostata infrage. Außerdem
wirken verschiedene Medikamente, wie beispielsweise Präparate gegen
Bluthochdruck, Ödeme oder Herzinsuffizienz harntreibend.
Harntreibende Mittel (Diuretika) sollten deshalb nicht
abends, sondern morgens eingenommen werden. Die Therapie richtet sich nach der
Ursache der Nykturie, so die Expertin. Bei einer überaktiven Blasenmuskulatur
werden meist Wirkstoffe aus der Gruppe der Anticholinergika angewendet. Zur
Behandlung einer gutartigen Prostatavergrößerung bei Männern stehen spezielle
Wirkstoffe wie beispielsweise Tamsulosin oder Finasterid zur Verfügung.
Text - Quelle: BARMER