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Bauarbeiter auf gelb

IG BAU warnt vor Fachkräfte-Krise in Magdeburg.


Zahl der Gesellen-Prüfungen geht um 62 Prozent zurück

10-Jahres-Vergleich der Handwerkskammer Magdeburg

Das Handwerk hat goldenen Boden, heißt es. Aber gilt das auch noch in Zukunft?
Angesichts einer zunehmenden „Akademisierung“ hat die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG
BAU) vor einer Fachkräfte-Krise für Handwerksbetriebe in Magdeburg gewarnt. Die
Gewerkschaft beruft sich dabei auf Zahlen der Handwerkskammer Magdeburg: In deren
Bereich legten im vorletzten Jahr lediglich rund 1.080 Auszubildende eine
Abschlussprüfung ab – zehn Jahre zuvor waren es noch etwa 2.850. Das macht einen
Rückgang von 62 Prozent. Der „Gesellen-Schwund“ ist dabei ein landesweites
Phänomen: Zwischen 2010 und 2015 sank die Zahl der Gesellen-Prüfungen in
Sachsen-Anhalt um 48 Prozent.


Die IG BAU Altmark-Börde-Harz spricht von einem „besorgniserregenden Trend“.
„Immer mehr Schulabgänger gehen lieber an die Uni statt in einen Handwerksbetrieb“,
sagt Bezirkschef Gerhard Weise. Dabei biete etwa die Baubranche in Magdeburg gute
Verdienstmöglichkeiten und eine lange „Karriere-Leiter“. Per Aufstiegsfortbildung könne
man es bis zum Geprüften Polier oder Bauleiter bringen – und dann sogar mehr
verdienen als viele Architekten. „Sei schlau, geh zum Bau – dieser Tipp gilt nach wie
vor“, so Weise.

Nach Angaben der Sozialkassen der Bauwirtschaft (Soka-Bau) waren im vergangenen
Oktober 148 Bau-Azubis in der Stadt gemeldet. „Damit steht der Bau besser da als viele
andere Handwerksbereiche. Trotzdem: Jeder zusätzliche Azubi wird gebraucht“, sagt
der Gewerkschafter – „besonders in Zeiten einer deutlich anziehenden Baukonjunktur.“
Zudem werde der Fachkräftebedarf angesichts geburtenschwacher Jahrgänge in den
90er-Jahren weiter steigen.

Ein wichtiges Argument, eine Bau-Ausbildung zu machen, sei nach wie vor die
Bezahlung, so Weise. Die Verdienste der Auszubildenden lägen meist sogar über
denen der Industrie. In den neuen Bundesländern geht ein angehender Maurer oder
Straßenbauer während der dreijährigen Lehre mit durchschnittlich rund 900 Euro pro
Monat nach Hause. Ein Kfz-Mechatroniker in Ausbildung kommt auf 635 Euro. „Wer
aber Fachkräfte in der Branche halten will, muss auch im Anschluss etwas tun. Der
Einkommensabstand zwischen Industrie und Handwerk vergrößert sich seit
Jahrzehnten“, betont Weise. Die Rahmenbedingungen am Bau müssten darum
entsprechend denen in der Industrie angeglichen werden.

Mehr Schulabgänger werde man nur gewinnen, wenn sich neben dem Einkommen
auch die Arbeitsbedingungen und das Image der Branche verbesserten, ist die IG BAU
überzeugt. Hier seien vor allem die Arbeitgeber gefordert. „Beim Bau denken viele an
extremes Malochen. Doch hier hat sich in den letzten Jahren viel getan. Maschinen und
digitale Technik erleichtern das Arbeiten.“ Und wer auf dem Bau arbeite, komme auch
herum und lerne das Land kennen. Bei der Arbeit auf auswärtigen Baustellen müsse
der Chef mittlerweile auch die Unterkunft stellen und bezahlen, erklärt Gerhard Weise.
„Dennoch bleibt viel zu tun, um die Bauwirtschaft noch attraktiver zu machen. Höhere
Arbeitsstandards sind eine Investition in die Zukunft.“

Für die IG BAU Altmark-Börde-Harz steht fest: „Je besser die Perspektiven am Bau,
desto eher werden wir die Leute halten. Das Handwerk hat – nach wie vor – goldenen
Boden. Wenn wir irgendwann eine Bachelor-Schwemme und einen Handwerker-Mangel
haben, dann ist keinem geholfen.“ Die Folgen hiervon würden letztlich vor allem die
Bürger spüren – durch höhere Preise beim Bauen und Renovieren.

BU : Handwerksberufe wie der Eisenflechter (Foto) könnten bald echte Nachwuchs-Probleme
bekommen, warnt die IG BAU. Die Gewerkschaft fordert die Arbeitgeber auf, die Baubranche
attraktiver zu machen.