Magdeburg : Aktion „Hass weckpacken – Anstand bewahren“ Übergabe der Spende an Toll e.V.
Heute Vormittag wurde die Spende der diesjährigen Lese- und
Kreativaktion zur Meile der Demokratie am 21. Januar in der
Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt an den Magdeburger
Verein Toll e.V. übergeben.
Am 21. Januar hat die Magdeburger Zivilgesellschaft mit der „Meile der Demokratie“
abermals ein eindrucksvolles Zeichen für Toleranz und ein friedliches Miteinander
gesetzt. Eine überwältigend große Resonanz hat dabei die Kreativ- und Leseaktion
„Hass wegpacken – Anstand bewahren“ gefunden: Freiwillige fertigten ehrenamtlich
mehr als 600 Taschen an, die mit dem Logo der Kampagne versehen wurden. Die
kunstvollen farbenfrohen Unikate haben zahlreiche Besucher der Demokratiemeile
am Stand der Kreativaktion gleich neben dem blauen Bus der Fahrbibliothek gegen
eine Spende erstanden. Besondere Unterstützung erfuhr die Aktion seitens der
„Schulmeile“, die die Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt in
Kooperation mit Magdeburger Gemeinschaftsschulen und Gymnasien organisierte.
Schülerinnen und Schüler aus über 20 Magdeburger Schulen als Mitglieder des
landesweiten Netzwerkes „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“
sammelten mit vielen kreativen Aktionen zum Mitmachen für den gleichen Zweck
Spendengelder und zeigten Präsenz.
Der Erlös in Höhe von rund 2850 Euro kommt nun dem gemeinnützigen
Magdeburger Verein „Toleranz Lernen und Leben e.V. (TOLL e.V.)“ zugute. Seine
Arbeit unter der Leitung von Juliana Luisa Gombe dient der Integration von
Flüchtlingen und Migranten, schwerpunktmäßig von Kindern, Jugendlichen und
Familien.
Die Idee der Initiatoren war es, mit den Taschen symbolisch eine Möglichkeit zu
geben, auf Abstand zu starken negativen Emotionen wie Wut und Hass zu gehen,
die gegenwärtig viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens beherrschen, sei es in
Form von Äußerungen oder als anonymer Beitrag in den sozialen Medien. Die
Taschen und Täschchen wurden gehäkelt, gestrickt, gefilzt oder genäht und sind für
verschiedene Zwecke bestens geeignet, sei es als Rucksack, Kosmetiktäschchen,
zum Aufbewahren des Smart-Phone oder zum Shoppen.
Mitgemacht haben Einzelpersonen, Leser der Stadtbibliothek, Besucher der
Volkshochschule, ehrenamtlich Engagierte bei der Magdeburger Freiwilligenagentur
und im internationalen Café Krähe der Hoffnungsgemeinde, aber auch örtliche
Geschäfte wie die Boutique „Querstyle“ oder das „Näh- und Strickcafé“. Einen
besonders großen Beitrag leisteten Seniorinnen des Mietervereins der MWGStadtfeld,
die über Monate an vielen Nachmittagen fleißig waren. Schließlich
steuerten die SWM als zugkräftiger Partner heißbegehrte Exemplare von Taschen
für die Spendenaktion bei, die aus derjenigen Plane gefertigt wurden, welche in den
letzten Jahren den Umbau am Blauen Bock ankündigt hatte.
Das begleitende Programm im Fahrbibliotheksbus auf der „Meile“ thematisierte das
Motto der Aktion mit Lesungen für alle Generationen: Zum Auftakt sorgte der
Dessauer Schriftsteller und Aktionskünstler Peter Ghost im Raumanzug als
Astronaut für Furore, der von seiner Marsexpedition mit „Apollo 22“ berichtete und
sein neues Kinderhörbuch „Hass – ohne mich!“ mit „Benni, dem Knuddelmonster“
mitbrachte. An erwachsene Besucher richteten sich anschließend die Lesungen von
Birgit Bursee von der Magdeburger Freiwilligenagentur sowie des Schriftstellers
Ludwig Schumann, der aus seinem jüngsten Buch „Wanderungen – Vockerode und
die Fremde(n)“ vortrug. Es folgten im Bus Bilderbuchkinos der Bibliothekarinnen
inklusive einer frankophonen Märchenstunde in Kooperation mit dem Institut français
Sachsen-Anhalt sowie Beiträge von Schülerinnen und Schülern der Evangelischen
Grundschule. Die Magdeburger Schriftstellerin Renate Sattler, die einen Auszug aus
ihrem Romanmanuskript "Das Muschelgewand" passend zum Thema präsentierte,
beschloss das Programm.
Während der Lesungen bot die Stadtbibliothek darüber hinaus im Rahmen eines
Bücherflohmarktes aussortierte Medien zum kleinen Preis an, dessen Einnahmen
gleichfalls in die Spendenaktion einflossen.
Gabriele Herbst, die die Aktion initiierte, hatte folgenden Aufruf zur Aktion „Hass
wegpacken – Anstand bewahren“ verfasst:
„Diese Tasche ist ein politisches Hoffnungssymbol.
Sie soll daran erinnern, dass sich Keiner und Keine in unserer Stadt, unserem Land,
unserer Welt mit HASSWORTEN, HASSPAROLEN, HASSBLICKEN abfinden darf.
Manchmal haben wir WUT im Bauch oder auch HASS in unseren Gedanken.
Es macht uns zu sozialen Wesen, dass wir mit solchen Gefühlen umgehen lernen.
Dass wir sie durch den „Filter der Würde jedes Menschen“ fließen lassen und an die
alte Volksweisheit denken:
„Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andren zu.“
Diese Tasche ist ein politisches Hoffnungssymbol. Schneiden sie ruhig Hassmails
oder herabwürdigende Worte und Texte aus Zeitschriften aus und packen sie diese
für ein paar Tage weg, bevor sie sie endgültig der Mülltonne übergeben. Die
Menschen, die diese Tasche gefertigt haben (es waren Hunderte Männer und
Frauen), werden sich darüber freuen, denn dann hat sich ihre Arbeit gelohnt.
„Nicht zulassen, dass die Flut des Hasses weiter anschwillt. Einen festen Grund
schaffen, auf dem wir alle stehen können. Darauf kommt es an.“ (Carolin Emcke in
„Gegen den Hass“).
Dafür steht die Meile der Demokratie. Und dafür stehen wir mit unserer Kunst- und
Leseaktion.“
Foto : v.l.n.r. Gabriele Herbst,
Initiatorin, Juliana Gombe (Toll e.V.), Dr. Cornelia Poenicke
(Stadtbibliothek Magdeburg) und Cornelia Habisch (Landeszentrale für
politische Bildung Sachsen-Anhalt).
