Immunzellen im Blut sollen Aufschluss geben
Heidelberg (chw) – Brustkrebs ist die häufigste
Krebsart bei Frauen. Wie diese Tumorart genau entsteht, ist noch weitgehend
unbekannt. Forscher aus Heidelberg gehen nun der Vermutung nach, dass eine
veränderte Zusammensetzung von Immunzellen im Blut eine wichtige Rolle dabei
spielt. Wenn sich dieser Verdacht bestätigt, könnten sie Frauen mit erhöhtem
Risiko in Zukunft möglicherweise durch eine Analyse der Immunzellen frühzeitig
identifizieren und präventiv behandeln. Die Vision der Wissenschaftler: den
Ausbruch der Krankheit verzögern oder sogar verhindern. Die Deutsche Krebshilfe
fördert das Projekt mit rund 300.000 Euro.
Blut enthält viele verschiedene Immunzellen, die
den Körper in ihrer Gesamtheit effektiv vor Krankheiten schützen. Eine große
Gruppe sind die T-Zellen, zu denen T-Helferzellen, Natürliche Killer-T-Zellen
und immununterdrückende T-Zellen gehören. Aber welche Rolle spielt das
Abwehrsystem bei der Entstehung von Brustkrebs? „Wir vermuten, dass sich die
Zusammensetzung der Immunzellen von Frau zu Frau unterscheidet. Frauen mit
einer insgesamt schwächeren Abwehr haben möglicherweise ein höheres
Erkrankungsrisiko,“ so Professor Dr. Rudolf Kaaks, Leiter der Abteilung
Epidemiologie von Krebserkrankungen am Deutschen Krebsforschungszentrum in
Heidelberg.
Erste Ergebnisse zeigen hohes Potenzial
Erste Erkenntnisse hierzu liefert eine
vorangegangene, kleinere Studie von Kaaks und seinen Kollegen mit knapp 400
Brustkrebspatientinnen und etwa 400 Kontrollpersonen ohne Krebs: Frauen, bei
denen die Menge von immununterdrückenden T-Zellen im Verhältnis zur Gesamtzahl
der T Zellen erhöht war, hatten ein größeres Risiko, am sogenannten
Hormonrezeptor-negativen Brustkrebs zu erkranken. „In diesen ersten Ergebnissen
sehen wir ein großes Potenzial“, betont Kaaks. „Deswegen gehen wir jetzt einen
Schritt weiter und untersuchen die Blutproben ausgewählter Frauen noch
umfassender.“
EPIC-Studie liefert Grundlage für Forschungsprojekt
Die Wissenschaftler nutzen dafür erneut Daten der
großen EPIC-Studie, die bereits seit 1992 läuft und in die über 500.000
Teilnehmer eingeschlossen sind. EPIC steht für „European Prospective
Investigation into Cancer and Nutrition“, was so viel bedeutet wie „europaweite
Studie, die den Zusammenhang von Ernährung und Krebs untersucht“. Zu Beginn der
Studie haben alle Teilnehmer auch eine Blutprobe abgegeben. Diese werden bis
heute tiefgefroren gelagert und stehen für Analysen zur Verfügung.
Im Laufe der Zeit sind einige Frauen in der
EPIC-Studie an Brustkrebs erkrankt. Kaaks und sein Team haben insgesamt fast
1.000 Patientinnen ausgewählt und jeweils eine gesunde Frau als Pendant mit
sehr ähnlichen „Eckdaten“ wie beispielsweise dem Alter. Alle Patientinnen sind
entweder an einem Hormonrezeptor-negativen oder einer anderen Tumorform, dem
HER2-positiven Brustkrebs, erkrankt. Die Forscher analysieren nun die
Immunzellen in den eingefrorenen Blutproben. Neben den verschiedenen T-Zellen
bestimmen sie auch die Mengen von sogenannten myeloiden Suppressorzellen und
Monozyten. Anschließend prüfen sie, welche Veränderungen die Wahrscheinlichkeit
für einen Hormonrezeptor-negativen oder HER2-positiven Brustkrebs erhöhen. Dass
die Wissenschaftler erst jetzt mit dem Blut aus der EPIC-Studie arbeiten
können, hat einen einfachen Grund: „Dank einer neuen Methode können wir die
Mengen unterschiedlicher Immunzellen mithilfe der DNA im Blut bestimmen. Bis
dato war eine Analyse nur mit intakten Zellen möglich,“ erklärt Kaaks.
Ein Blick in die Zukunft
Wenn die Analyse der Immunzellen das
Erkrankungsrisiko zuverlässig vorhersagt, wäre es denkbar, Frauen mit niedriger
Immunabwehr und erhöhtem Brustkrebsrisiko zukünftig präventiv – beispielsweise
mit einer prophylaktischen Impfung – zu behandeln.
„Die Deutsche Krebshilfe setzt sich seit fast 45
Jahren für die Prävention von Krebskrankheiten ein“, sagt Gerd Nettekoven,
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe. „Neben der kontinuierlichen
Aufklärungsarbeit über bekannte Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum oder
Bewegungsmangel stellt die Forschungsförderung auf diesem Gebiet ebenfalls ein
zentrales Anliegen der Deutschen Krebshilfe dar. Denn Forschung ist nicht nur
die Grundlage für wirksamere Krebstherapien, sondern auch für neue
Präventionsstrategien.“
Text / Foto: Deutsche Krebshilfe