Die aktuelle KBV-Versichertenbefragung zeigt: Das Vertrauen
der Patienten in ihre Ärzte ist ungebrochen hoch. Die Wartezeiten bei
gesetzlich und privat Versicherten gleichen sich tendenziell an, wobei die
knapper werdende „Ressource“ Arzt eine Rolle spielt. Die Dringlichkeit von
Terminen schätzen Patienten oft höher ein, als sie aus medizinischer Sicht ist.
Berlin, August 2019 – „Die Versichertenbefragung zeigt es
immer wieder: Ganz gleich, welches Bild die Politik von der ambulanten
Versorgung in Deutschland zeichnet, das Vertrauen der Versicherten in ihre
Ärzte kann das nicht erschüttern. 91 Prozent der Patienten geben an, ein gutes
oder sehr gutes Vertrauensverhältnis zu ihrem behandelnden Arzt oder ihrer
Ärztin zu haben“, sagte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), bei der heutigen Vorstellung der
Versichertenbefragung in Berlin. Die Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld hatte
im Auftrag der KBV von Mitte März bis Ende April mehr als 6.100 Versicherte
befragt.
Die Meinungsforscher befragen die Versicherten auch
regelmäßig zum Thema Wartezeiten. „Wenn man sich die Ergebnisse der letzten
Jahre anschaut, stellt man fest: Die Unterschiede bei den Wartezeiten auf einen
Termin waren bei gesetzlich und privat Versicherten nie so gravierend, wie
gerne kolportiert wird. Das hindert einige Leute aber nicht daran,
gebetsmühlenartig die Behauptung vorzutragen, dass gesetzlich Versicherte zu
lange auf Termine warten und dies dann auch noch mit der Forderung nach einer
Bürgerversicherung zu verbinden“, konstatierte Gassen.
29 Prozent der gesetzlich und 30 Prozent der privat
Versicherten mussten bei ihrem letzten Arztbesuch überhaupt keine Wartezeit in
Kauf nehmen. Jeder vierte gesetzlich Versicherte bekam innerhalb von einem Tag
bis zu einer Woche einen Termin, bei den privat Versicherten war es jeder
dritte. Die Wartezeiten haben sich im Lauf der Jahre angeglichen. Dies liegt
vor allem daran, dass auch privat Versicherte häufiger als früher längere
Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. „Der Grund ist simpel: Arztzeit wird immer
knapper. Die Tatsache, dass wir einen nahezu barrierefreien Zugang zu
ärztlichen Leistungen haben, ohne Steuerung, bei gleichzeitig steigendem
medizinischen Bedarf, führt dabei auch noch zwangsläufig zu einer höheren
Nachfrage“, kommentierte KBV-Chef Gassen. Dabei sei es wichtig, bei der
Dringlichkeit von Terminen zu unterscheiden, betonte er: „Auf eine
routinemäßige Vorsorgeuntersuchung muss ich als Patient im Zweifel tatsächlich
länger warten als wenn ich eine Grippe habe.“
Erstmals fragten die Meinungsforscher die Bürgerinnen und
Bürger danach, wie dringend sie selbst ihren letzten Arztbesuch einschätzten.
Zwei Drittel stuften diesen als dringend oder sehr dringend ein – unabhängig
davon, aus welchem Grund er erfolgte. Auch Anlässe wie eine Vorsorgeuntersuchung
oder eine Impfung empfanden 36 Prozent der Befragten noch als eilig oder sehr
eilig. „Die ‚gefühlte‘ Dringlichkeit ist in vielen Fällen höher als die
tatsächliche – auch wenn das aus medizinischer Sicht nicht angebracht ist“,
sagte Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV.
Die Versicherten wurden auch gefragt, wie sie die
Versorgungssituation mit Haus- und Fachärzten einschätzen. In den letzten zwei
Jahren ist der Anteil derjenigen, die angaben, nicht genügend Hausärzte in
Wohnortnähe zu haben, von 22 Prozent auf 27 Prozent gestiegen, bei den
Fachärzten ist der Anteil von 43 auf 44 Prozent gestiegen. „Obwohl die
Arztzahlen absolut gesehen steigen, führt dies nicht automatisch zu einer
besseren Versorgungssituation. Jüngere Ärztinnen und Ärzte bevorzugen vermehrt
Angestelltenverhältnisse und Teilzeitarbeit. Das hat Auswirkungen auf ihre
Verfügbarkeit in der Praxis“, sagte Hofmeister und ergänzte: „Die große
Ruhestandswelle bei den jetzigen Praxisinhabern steht uns erst noch bevor. Es
gilt also, die Versorgung so zu organisieren, dass die verbleibenden Kräfte und
deren Zeit so effizient wie möglich eingesetzt werden. Oder anders ausgedrückt:
Die Ressource Arzt ist ein hohes Gut, mit dem wir sorgsam umgehen müssen.“
Das positive Verhältnis zwischen Ärzten und Patienten
spiegelt sich auch in der Beurteilung der Videosprechstunde seitens der
Versicherten wider. 62 Prozent lehnen diese für sich selbst ab. „Die meisten
Menschen wünschen sich den persönlichen Kontakt zu ihrem Arzt und stehen einer
Fernbehandlung oder auch nur -beratung skeptisch gegenüber“, kommentierte Dr.
Thomas Kriedel, Mitglied des KBV-Vorstands. 72 Prozent der Personen, welche die
Videosprechstunde ablehnen, nannten als wichtigsten Grund, den direkten Kontakt
zum Arzt zu bevorzugen.
Die Versichertenbefragung wird seit 2006 regelmäßig von
der Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld GmbH im Auftrag der KBV durchgeführt.
Im Zeitraum vom 11. März bis 29. April 2019 wurden telefonisch mehr als 6.100
Versicherte ab 18 Jahren zu ihrer Einschätzung der Versorgungssituation in
Deutschland befragt.
Weitere Ergebnisse und Informationen finden Sie auf der
Website der KBV unter www.kbv.de/html/versichertenbefragung.php.
Text: © 2019
KASSENÄRZTLICHE BUNDESVEREINIGUNG (KBV)