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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Fr., 11. September 2020

  1. Täterschaft Amris für BKA über alle Zweifel erhaben
  2. Hektische Diskussion um Toll Collect
  3. Pkw-Maut: Toll Collect in der Zwickmühle
  4. Koalitionsfraktionen nehmen zum KI-Weißbuch Stellung
  5. Folgen von Fusion auf Eisenbahnmarkt


01. Täterschaft Amris für BKA über alle Zweifel erhaben

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/WID) Aus Sicht des Bundeskriminalamts bedarf es keines Nachweises mehr, dass der Tunesier Anis Amri am Steuer des Lastwagens saß, mit dem im Dezember 2016 der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche verübt wurde. Aus diesem Grund habe es sich auch erübrigt, jeder einzelnen Spur minutiös nachzugehen, gab der Erste Kriminalhauptkommissar M.G. am Donnerstag vor dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz") zu verstehen. Der heute 41-jährige Zeuge gehört der für Terrorabwehr zuständigen Abteilung TE des BKA an und nahm nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz in der ermittelnden Besonderen Aufbauorganisation (BAO) "City" verschiedene Aufgaben wahr. Vor dem Ausschuss ist er erstmals am 7. Mai 2020 aufgetreten.

Mit seinen Einlassungen widersprach der Zeuge gelegentlich geäußerten Zweifeln an der Täterschaft Amris, die in der Regel mit Hinweisen einhergehen, dass gar nicht geklärt sei, ob der Tunesier einen Schwerlaster ohne fremde Hilfe habe fahren könne, und Amri im Übrigen auch kaum eindeutig zuzuordnendes Spurenmaterial am Tatfahrzeug hinterlassen habe. "Anhand der Menge der Spuren kann man nicht unbedingt sagen, da stimmt was nicht", betonte der Zeuge. Das Fehlen von Fingerabdrücken im Inneren des Führerhauses etwa besage in keiner Weise, dass Amri nicht darin gesessen haben könne. Die Erfahrung zeige, dass es durchaus möglich sei, einen Gegenstand auch mehrfach anzufassen, ohne Abdrücke zu hinterlassen.

Nach Amri Tod in Italien habe die deutsche Polizei darauf verzichtet, die Anhaftungen an seinen Schuhsohlen zu analysieren, seine Kleidung mit Faserspuren aus der Fahrerkabine abzugleichen oder seine Hinterlassenschaft auf Glassplitter zu durchsuchen: "Weil wir schon so viele andere Beweise hatten, dass Amri im LKW war, brauchten wir das nicht." Man müsse sich immer fragen, ob ein solcher Abgleich sinnvoll sei und Erkenntnisse liefern könne. Unabhängig von den vorhandenen Spuren sei im Fall Amri "die Erkenntnislage so üppig und dicht" gewesen, dass man sich in jedem anderen Ermittlungsverfahren "nur die Finger danach lecken könnte", meinte der Zeuge.

Das BKA verzichtete auch darauf, die Tatwaffe anzufordern, die die italienische Polizei bei Amri sichergestellt hatte. Dies hätte "für die Ermittlungen keinen inhaltlichen Wert mehr" gehabt, meinte der Zeuge. Die Italiener hätten die Waffe gründlich auf DNA-Spuren untersucht, auch Probeschüsse abgegeben - "das ist, was man machen kann, mehr ist nicht drin". Die Waffe sei in Italien überdies noch für die Untersuchung der Todesumstände Amris benötigt worden.

Dass Amris Leiche keinerlei Verletzung aufgewiesen habe, die er sich bei der Kollision des Lastwagens mit der Budengasse des Weihnachtsmarkts hätte zuziehen können, spreche ebenfalls nicht gegen seine Täterschaft, sagte der Zeuge. So ein Schwerlaster sei ein solides Gefährt. Zwar habe die Kabine einen ziemlich verwüsteten Eindruck gemacht. Doch der Bereich des Fahrersitzes sei relativ unversehrt gewesen.

Der Zeuge räumte ein, dass in den Ermittlungen zwei große Fragen offen geblieben seien, die Herkunft der Waffe und Amris Fluchtweg von Berlin bis zur niederländischen Grenze, insgesamt 33 Stunden, in denen sein Verbleib nicht mehr zu klären sei: "Wir gehen da nicht leichtfertig mit um." Nach dem Anschlag seien alle Kontaktpersonen Amris in Berlin überprüft worden, doch in keinem Fall sei eine Mittäterschaft nachweisbar gewesen.



02. Hektische Diskussion um Toll Collect

2. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/CHB) Im Vorfeld des Vertragsabschlusses über die Pkw-Maut Ende 2018 gab es Kontroversen über die mögliche Rolle der bundeseigenen Toll Collect GmbH. Dabei wehrte sich die für die Lkw-Maut zuständige Gesellschaft gegen das Ansinnen des Bundesverkehrsministeriums, zusätzlich Erhebung und Kontrolle der Pkw-Maut zu übernehmen. Dies wurde am Donnerstag in der vom Ausschussvorsitzenden Udo Schiefner (SPD) geleiteten öffentlichen Sitzung des 2. Untersuchungsausschuss ("Pkw-Maut") deutlich.

Relevant ist die Rolle von Toll Collect, weil die Gesellschaft 2019 dann doch als Unterauftragnehmer in das Maut-Projekt einbezogen wurde. Dabei wurde dem vom Bund beauftragten Konsortium aus Kapsch TrafficCom und CTS Eventim das Recht eingeräumt, die Zahlstellenterminals von Toll Collect auch für die Erhebung der Pkw-Maut zu nutzen. Diese Maßnahme trug wesentlich dazu bei, das ursprünglich bei drei Milliarden Euro liegende Angebot des Bieterkonsortiums auf die vom Bundestag genehmigten zwei Milliarden Euro zu drücken.

Wie Thomas Eberhardt, bis August 2019 Geschäftsführer Betrieb und Finanzen der Toll Collect GmbH, im Ausschuss erklärte, fragte das Bundesverkehrsministerium am 6. September 2018 erstmals, ob Toll Collect Erhebung und Kontrolle der Pkw-Maut übernehmen könne. Kurz zuvor, am 1. September, war die bis dahin private Toll Collect GmbH ins Eigentum des Bundes übergegangen. Nach einer ersten Prüfung teilte die Geschäftsführung dem Ministerium am 13. September mit, sie sehe sich nicht in der Lage, die Leistungen bis zum gewünschten Termin im Sommer 2020 zu erbringen.

Das Ministerium ließ aber nicht locker. Am 19. November wollte es erneut wissen, ob und wann Toll Collect in das Projekt einsteigen könne. Erneut kam die Geschäftsführung zum Schluss, sie könne zwar möglicherweise Teilaufgaben übernehmen, nicht aber die gesamte Kontrolle und Erhebung. Dabei kam es zu emotionalen Äußerungen, wie aus einer im Ausschuss verlesenen E-Mail hervorging. Demnach schrieb Eberhardts Co-Geschäftsführer Robert Woithe: "Mein Helfersyndrom hat sich hiermit erledigt. Leck mich. Okay, etwas netter: Leck mich kreuzweise." Außerdem bezeichnete er eine Mail des Maut-Referats des Verkehrsministeriums als "frech und unverfroren".

Wie diese Äußerungen zu interpretieren seien, wollten Ausschussmitglieder verschiedener Fraktionen wissen. "Herr Woithe ist ein Mann des klaren Wortes", antwortete Zeuge Eberhardt. Die Formulierungen seien als Zeichen zu verstehen, "dass wir uns intensiv mit den Wünschen des Verkehrsministeriums auseinandergesetzt haben". Es habe damals "viele hektische Diskussionen" gegeben, und die Geschäftsführer hätten Nächte durchgearbeitet, sagte Eberhardt weiter. Grundsätzlich wäre es nach seinen Worten aus betriebswirtschaftlicher Sicht interessant gewesen, sich ein zusätzliches Geschäftsfeld zu erschließen; dies habe sich aber als nicht möglich erwiesen.

Am 6. Dezember kam es dann zu einem Gespräch zwischen Toll Collect und Bieterkonsortium, in dem es um die Frage ging, mit welchen Teilleistungen Toll Collect das Projekt Pkw-Maut unterstützen könne. Am Ende stand ein Unterauftragnehmervertrag, der die Nutzung der Zahlstellenterminals von Toll Collect ermöglichte.

In seiner nichtöffentlichen Beratungssitzung entschied der Untersuchungsausschuss mit dem Minderheitenquorum von FDP, Linken und Bündnis 90/Die Grünen, einen Ermittlungsbeauftragten nach § 10 des Untersuchungsausschussgesetzes einzusetzen. Dieser soll die E-Mail-Kommunikation von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) prüfen, die über dessen MdB-Account lief. Die Opposition sieht hier Aufklärungsbedarf, weil kurz vor der parlamentarischen Sommerpause das Bundesverkehrsministerium dem Ausschuss rund 300 Seiten E-Mails übergeben hatte, die über das Postfach des Abgeordneten Scheuer und nicht über dessen Ministeradresse gelaufen waren.



03. Pkw-Maut: Toll Collect in der Zwickmühle

2. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/CHB) Der Einbezug der Toll Collect GmbH in die Erhebung der Pkw-Maut war von vielfältigen Herausforderungen geprägt. Ein Problem sei beispielsweise die Barrierefreiheit gewesen, die für die Zahlstellen der Pkw-Maut gefordert worden sei, erklärte der ehemalige Toll-Collect-Geschäftsführer Robert Woithe am Donnerstag vor dem 2. Untersuchungsausschuss ("Pkw-Maut"). Für die Lkw-Maut sei hingegen keine Barrierefreiheit nötig, da Lkw-Fahrer nicht im Rollstuhl säßen.

Woithe, der von 2010 bis August 2019 Geschäftsführer Technik der Toll Collect GmbH war, schilderte in seiner Vernehmung das komplizierte Spannungsfeld, dem die für die Lkw-Maut verantwortliche Gesellschaft Ende 2018 und Anfang 2019 ausgesetzt war. Im September 2018 war die Toll Collect GmbH ins Eigentum des Bundes übergegangen, wobei dies ursprünglich nur übergangsweise geplant war. Im Januar 2019, so die Schilderung des Zeugen, sei jedoch klar gewesen, dass der Bund dauerhaft Eigentümer bleiben werde.

Noch während der Vorbereitungen für die Reprivatisierung bekam die Toll Collect GmbH vom Bundesverkehrsministerium den Auftrag, zu prüfen, ob sie Leistungen für das Projekt Pkw-Maut übernehmen könne. Ein erstes Gespräch dieses Inhalts zwischen Bieterkonsortium und Toll Collect fand am 6. Dezember 2018 statt. Heikel war dies, da erst am 17. Mai 2019 der Unternehmenszweck von Toll Collect auf die Pkw-Maut ausgeweitet und erst am 31. Mai 2019 der Unterauftragnehmervertrag zwischen dem Mautbetreiber und Toll Collect unterzeichnet wurde. Deshalb sei es für sein Unternehmen wichtig gewesen, keine Risiken einzugehen, sagte Woithe. "Wir mussten aufpassen, nichts zuzusagen, was uns hinterher zum Nachteil gereichen würde."

Wie zuvor bereits sein ehemaliger Geschäftsführerkollege Thomas Eberhardt erklärte auch Woithe, dass sich sein Unternehmen gegen die ihm zugedachte Rolle bei der Pkw-Maut mit dem Argument gewehrt habe, die gewünschten Leistungen seien in dieser Legislaturperiode nicht zu erbringen. In diesem Zusammenhang habe er im November 2018 eine mit Kraftausdrücken gespickte interne Mail geschrieben. Anlass sei seine Unzufriedenheit darüber gewesen, dass das Bundesverkehrsministerium in einer Mail zwei Sachbereiche miteinander vermengt habe. "In dieser Situation sind mit mir die Kühe durchgegangen", sagte der Zeuge. "Irgendwo musste der Druck raus."

Als dritter Zeuge befragt wurde Stefan S., der bereits am 28. Mai ein erstes Mal im Untersuchungsausschuss vernommen worden war. S. wechselte Anfang Oktober 2018 für fünf Monate vom Bundesverkehrsministerium in die Geschäftsführung von Toll Collect, wo er u.a. für Compliance zuständig war. Der Zeuge bekräftigte seine Auffassung, dass es unter Compliance-Gesichtspunkten nicht zulässig gewesen wäre, vor Änderung des Geschäftszweckes Ausgaben für die Pkw-Maut zu tätigen. Dies sei bis zu seinem Ausscheiden Ende Februar 2019 jedoch auch nicht geschehen, weshalb kein Compliance-Verstoß vorgelegen habe.



04. Koalitionsfraktionen nehmen zum KI-Weißbuch Stellung

Künstliche Intelligenz - Gesellschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Potenziale/Antrag

Berlin: (hib/SCR) Die Koalitionsfraktionen begrüßen das von der EU-Kommission vorgelegte "Weißbuch Künstliche Intelligenz (KI)". In einem Antrag von CDU/CSU und SPD (19/22181) loben die Fraktion unter anderem, dass die Kommission "die Potenziale und Chancen von KI für Wirtschaft und Gesellschaft" erkannt habe. Hervorgehoben wird zudem der vorgeschlagene Ansatz zur Regulierung von KI-Technologien, "der sektor- und anwendungsspezifisch ausgerichtet ist und das bestehende Haftungsregime in den Sektoren dort stärken möchte, wo hohe Risiken im Zusammenhang mit KI-Systemen entstehen", wie es in dem Antrag heißt.

Die Fraktionen sehen indes auch Nachbesserungsbedarf. So sprechen sich Union und SPD dafür aus, "eine stärkere Ausgewogenheit zwischen den beiden Säulen Exzellenz und Vertrauen herzustellen sowie eine dritte Säule als 'Ökosystem der Agilität' zu ergänzen". Auch die Zusammenarbeit mit nationalen und supranationalen Aufsichtsbehörden soll die EU-Kommission verbessern. Zudem soll laut Antrag ein "ausgewogenes Haftungssystem" ermöglicht werden, "dass zugleich Innovationen ermöglicht und den Schutzinteressen der Anwender gerecht wird".

Der Antrag wird am Freitag erstmals beraten und soll direkt abgestimmt werden. Die Vorlage soll laut Koalition als Stellungnahme im laufenden öffentlichen Konsultationsprozess zum Weißbuch eingereicht werden. Mit dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, sich für die darin genannten Belange einzusetzen.



05. Folgen von Fusion auf Eisenbahnmarkt

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PEZ) Die FDP-Fraktion fragt nach Auswirkungen der geplanten Fusion von Alstom und Bombardier Transportation. In einer Kleinen Anfrage (19/22019) erkundigen sich die Abgeordneten nach konkreten wettbewerbsrechtlichen Folgen und Konsequenzen für einzelne Produktionsstandorte, wenn die Bahnunternehmen wie geplant fusionieren.