(ams).
Diagnose Prostatakrebs - ein Schock. Doch das ist noch lange kein Todesurteil,
oft muss der Tumor zunächst noch nicht einmal behandelt werden. Therapie: ja
oder nein? Und wenn ja, welche? Betroffene müssen viele Entscheidungen treffen.
Deshalb ist es wichtig, dass sie sich Zeit nehmen, mit Ärzten und vertrauten
Personen zu sprechen und auch ihre Ängste nicht zu verheimlichen. Die Prostata
oder auch Vorsteherdrüse, die unterhalb der Harnblase die Harnröhre umschließt,
bereitet den meisten älteren Männern Sorgen: Ab dem 50. Lebensjahr sind bei
fast jedem Mann Veränderungen der Prostata festzustellen. Die können gutartig
sein oder eben bösartig. Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei
Männern, rund 60.000 Männer erkranken jedes Jahr daran.
Große
Heilungschancen
Doch
es gibt gerade bei Prostatakrebs eine gute Nachricht: "Vier von fünf Männern mit
diagnostiziertem Prostatakrebs sterben nicht an, sondern mit dem Krebs, das
heißt an einer anderen Ursache", sagt Thomas Ebel, Arzt im
AOK-Bundesverband. "Denn Prostatakrebs gehört zu den Krebsarten mit den
größten Heilungschancen , weil er oft nur sehr langsam wächst." Meistens
handelt es sich dabei um einen sogenannten Niedrigrisiko-Prostatakrebs, das
heißt unter anderem, dass der Tumor lokal auf die Prostata begrenzt und wenig
aggressiv ist.
Diagnose
und Planung der Behandlung
Ob
es sich bei einer Veränderung der Prostata um Krebs handelt und wie aggressiv
er ist, muss der Urologe abklären. Denn selbst ein auffälliger Tastbefund oder
höhere PSA-Werte können, müssen aber nicht auf eine bösartige Veränderung
hindeuten. Dafür kontrolliert der Arzt die PSA-Werte. Denn bei Diagnose und
Planung der Behandlung von Prostatakrebs hat der zur Früherkennung umstrittene
PSA-Test durchaus seinen Stellenwert. Auch das Ergebnis der Tastuntersuchung wird
für die Diagnose herangezogen: Über den Enddarm kann die Ärztin oder der Arzt
mit einem Finger Größe, Festigkeit und Oberfläche der Prostata beurteilen.
Ebenfalls über den Enddarm kann der Urologe auch eine fingerdicke
Ultraschallsonde einführen, um die Prostata zu untersuchen. "Doch die
einzig verlässliche Methode, um einen Tumor nachzuweisen, ist die Biopsie, also
die Entnahme von Gewebe", betont Mediziner Ebel. Dabei stanzt die Ärztin
oder der Arzt mit Hilfe eines Ultraschallgeräts, das mit einer Nadel
ausgestattet ist, zehn bis zwölf Gewebeproben aus der Prostata, die
anschließend unter dem Mikroskop untersucht werden. Mit Hilfe dieser
Gewebeproben lässt sich auch die Aggressivität eines eventuell gefundenen
Tumors einschätzen. Dazu verwenden die Mediziner den sogenannten Gleason-Score,
benannt nach dem amerikanischen Arzt Donald Gleason. Dieser Wert beschreibt,
wie sehr die gefundenen Krebszellen von gesunden Zellen abweichen. Zusätzlich
ermittelt der Arzt anhand der Untersuchungsergebnisse das Tumorstadium mit
Hilfe der sogenannten TNM-Klassifikation: T steht dabei für die Ausbreitung des
Tumors, N besagt, ob Lymphknoten befallen sind (N = Nodus, lat. Knoten) und M,
ob sich Metastasen gebildet haben.
Meist
Niedrigrisiko-Krebs
Die
meisten Männer können nach der Diagnose erst einmal aufatmen: Sie haben einen Niedrigrisiko-Krebs
und dann die Wahl zwischen einer Behandlung oder der aktiven Überwachung.
"Das bedeutet nicht passives Abwarten, sondern die Prostata wird in kurzen
Abständen regelmäßig kontrolliert", sagt AOK-Experte Ebel. Sobald
erkennbar ist, dass der Tumor fortschreitet, setzt eine Behandlung ein. Alle
drei bis sechs Monate bestimmt der Urologe den PSA-Wert und tastet die Prostata
ab, in den ersten drei Jahren entnimmt er bis zu drei Biopsien. Großer
Vorteil dieser Strategie: "Dem Mann bleiben möglicherweise eine Operation
oder Bestrahlung mit ihren möglichen Nebenwirkungen und Folgen erspart",
so Ebel. Andererseits können die engmaschigen Kontrollen belasten
sowie die Angst, dass der Krebs sich doch ausbreitet.
Überwachung,
Operation, Bestrahlung
Wem
es nicht geheuer ist, den Prostatakrebs erst einmal nur zu überwachen, kann
sich für eine Operation entscheiden. Dabei wird die gesamte Prostata entfernt.
Auch eine perkutane Bestrahlung ist möglich, die die Tumorzellen zerstören
soll. Dabei wird die Prostata von außen durch die Haut bestrahlt. Diese
Therapien können die Krebserkrankung zwar heilen, doch dafür müssen die Männer mit
Nebenwirkungen rechnen, die vielen zu schaffen machen: Denn Inkontinenz oder
eine erektile Dysfunktion können die Folgen sein und den Alltag sowie das
Sexualleben belasten. Eine britische Studie zeigte in einem
Beobachtungszeitraum von zehn Jahren vergleichbar gute Ergebnisse für die
Methode der regelmäßigen Überwachung im Vergleich zur perkutanen Bestrahlung
oder radikalen Prostataektomie (operative Entfernung). Die Studie zeigte aber
auch, dass nach Ablauf der zehn Jahre das Risiko zur Metastasenbildung bei
einer nur beobachtenden Strategie steigt. Betroffene sollten sich Zeit für ihre
Entscheidung nehmen und die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen
Behandlungsstrategien zusammen mit dem Arzt oder der Ärztin sowie vertrauten
Menschen abwägen. Wer möchte, kann sich jederzeit eine ärztliche
Zweitmeinung einholen.
Möglichkeiten
bei fortgeschrittenem Prostatakrebs
Operation
oder Bestrahlung, Hormontherapie und Chemotherapie - das sind die
Behandlungsmöglichkeiten bei
fortgeschrittenem Prostatakrebs. Bei der Hormontherapie handelt es sich genau
genommen um eine Hormonentzugstherapie: Weil Prostatakrebs abhängig von dem
männlichen Geschlechtshormon Testosteron wächst, soll durch den Hormonentzug
das Wachstum der Tumorzellen gebremst werden. Die antihormonelle Therapie wird
häufig mit einer Operation oder Bestrahlung kombiniert. Sie kann auch mit einer
Chemotherapie kombiniert werden - dann nämlich, wenn Metastasen aufgetreten
sind. Hormon- wie Chemotherapie können
eine weitere Ausbreitung zumindest zeitweise eindämmen und die Beschwerden
durch Metastasen vergleichsweise schnell lindern.
Abwartendes
Beobachten
Ob
fortgeschritten oder lokal begrenzt: Betroffene Männer haben natürlich immer
die Freiheit, grundsätzlich auf jegliche Eingriffe und Kontrolluntersuchungen
zu verzichten. Sogar diese Strategie hat einen offiziellen Namen: abwartendes
Beobachten oder Watchful Waiting. Manche Männer entscheiden sich dafür, weil
sie die Folgen einer Behandlung nicht in Kauf nehmen möchten. Oder weil sie
schon recht alt sind und die Therapie den Körper stärker belasten würde als der
Krebs. Oder weil andere ernste Erkrankungen eine Behandlung des Prostatakrebses
erschweren würden. Auch hier gilt: Nehmen Sie sich Zeit für die Entscheidung.
Text
/ Foto: AOK Bundesverband