Die Landesregierung hat angekündigt, das Schulgesetz ändern zu wollen,
um kleine Landschulen zu retten und Seiteneinsteigern künftig den Weg in
den Vorbereitungsdienst zu öffnen. Die gesetzlich vorgeschriebene
Anhörung des Landesschulbeirates [-] also von Vertretern der Schüler,
Eltern und Lehrkräfte [-] soll in sehr kurzer Zeit in den Oktoberferien
erfolgen, damit der Entwurf am 17. Oktober von der Landesregierung
beschlossen werden kann. Dazu erklärt der bildungspolitische Sprecher
der Fraktion, Thomas Lippmann (Foto):
Es ist eine ausdrückliche Missachtung der Mitglieder im
Landesschulbeirat durch die Landesregierung, wenn von ihnen verlangt
wird, innerhalb von 14 Tagen, die dazu fast vollständig in den
Herbstferien liegen, eine Stellungnahme zu einem umfangreichen
Gesetzesvorhaben zu erarbeiten. Denn natürlich befinden sich viele
Schüler, Eltern und Lehrkräfte ab dem Wochenende im wohlverdienten
Urlaub. Die Vertreter im Landesschulbeirat werden also kaum in der Lage
sein, in dieser Zeit eine abgestimmte Stellungnahme vorzulegen. Damit
dokumentiert die Landeregierung ihr Dessinteresse an einer fachlich
fundierten Diskussion und Mitarbeit an ihren Gesetzesvorhaben.
Die LNKE fordert, die Anhörungsfrist für den Landesschulbeirat
mindestens bis Ende Oktober zu verlängern, um eine seriöse Erarbeitung
von Stellungnamen zu ermöglichen und eine Schulgesetznovelle nicht im
Galopp durch Regierung, Koalition und Parlament zu treiben.
Die beiden von Minister Tullner angekündigten Vorhaben [-] die Zulassung
von Schulverbünden bei kleinen Grundschulen und die Zulassung von
Seiteneinsteigern zum Vorbereitungsdienst [-] sind zwar durchaus
notwendig, in ihrer Ausführung durch die Landesregierung sind sie aber
weitgehend substanzlos und werden die ins Auge gefassten Probleme kaum
lösen.
Mit einer Regelung zur Bildung von Schulverbünden will die
Landesregierung den Druck in den ländlichen Regionen von Schulträgern
nehmen, ihre Grundschule schließen zu müssen, wenn sie die geforderte
Mindestgröße von 60 Schülerinnen und Schülern nicht mehr erreichen. Im
letzten Schuljahr lagen in Sachsen-Anhalt lediglich 9 der 500
Grundschulen unter dieser Marke und wären somit ggf. von einer
Schließung bedroht. Diese zu retten und den knapp 600 Schülerinnen und
Schülern, die insgesamt an diesen Schulen lernen, unsinnig weite
Schulwege zu ersparen, ist gut und richtig. Es rechtfertigt aber
keinesfalls den Rummel, der jetzt um diese Regelung gemacht wird.
Neben der sehr geringen Anzahl dieser kleinen Grundschulen ist auch
längst nicht klar, ob die neue Regelung überhaupt Vorteile für die
betroffenen Standorte bringt. Denn bisher waren sie [-] mit
entsprechenden Ausnahmegenehmigungen des Landesschulamtes [-]
eigenständige Schulen. Künftig könnten sie nur noch Außenstelle sein,
was zu einer weiteren Reduzierung der Stundenzuweisung führt. Die
verfügbaren Lehrkräfte sind an den Grundschulen landesweit inzwischen so
stark reduziert, dass diese kleinen Standorte trotz der neuen Regelungen
möglicherweise geschlossen werden. Wenn der Hauptstandort nicht über die
entsprechende Größe und das Lehrkräftepotenzial verfügt, reichen die
Lehrkräfte nicht aus, um den Unterricht an einer solchen kleinen
Außenstelle absichern zu können.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass in der Vergangenheit in jedem
Schuljahr Grundschulen geschlossen wurden. Darunter waren nicht nur
Schulen, die die Mindestschülerzahl nicht erreicht haben. Oft spielten
auch Haushalts-und Investitionsentscheidungen der Städte und Gemeinden
als Schulträger eine viel wichtigere Rolle.
Die LINKE fordert stattdessen, den Gemeinden insgesamt deutlich mehr
Freiheiten bei der Organisation ihrer Grundschulstandorte zu gewähren
und dabei den regionalen Besonderheiten ausreichend Rechnung zu tragen.
Dann hätten alle etwas davon und die kommunale Eigenverantwortung würde
gestärkt. Voraussetzung wäre aber in jedem Fall eine bessere Ausstattung
der Schulen mit Lehrkräften. Die derzeitige Mangelverwaltung bei der
Lehrkräfteversorgung wird die Kommunen weiterhin vor schwierige Probleme
stellen, wenn Schulträgerentscheidungen zu treffen sind. Daran werden
auch neue Schulgesetzregelungen nichts ändern.
Hinsichtlich der Seiteneinsteiger, die ohne pädagogische Ausbildung in
den Schuldienst eingestellt werden, ist es richtig, ihnen den Zugang zu
einem berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst zu öffnen. Wenn Minister
Tullner aber daran festhalten will, dass dafür eine Ausbildung in zwei
Fächern der Stundentafel nachgewiesen muss, verwehrt er dem größten Teil
dieser Lehrkräfte, die in der Regel nur für ein Fach studiert haben, die
Möglichkeit der pädagogischen Qualifikation. Damit schafft der Minister
wieder Lehrkräfte erster und zweiter Klasse.
Die LINKE fordert, allen Seiteneinsteiger, unabhängig von der Anzahl der
studierten Fachrichtungen, den uneingeschränkten Zugang zu einem
berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst zu ermöglich.
Bisher gleichen die Pläne aus dem Bildungsministerium nur Seifenblasen.
Ein schöner Schein ohne wirklichen Inhalt.