veröffentlicht am Freitag, 7. Juli 2023
Magdeburg. Längst nicht alles ist so, wie es scheint. Auf diesem Fakt gründet auch die Story des diesjährigen DomplatzOpenAir Magdeburg „Catch Me If You Can“ und setzt imposant und mitreißend den Steven-Spielberg-Film mit Leonardo DiCaprio und Tom Hanks um. Wohl der ein oder andere Gast hat sich vor Beginn der Veranstaltung gefragt, wie wohl dieser Plot auf die Bühne zu bringen wäre, um die Zuschauer in die Gedankenwelt des Hochstaplers Frank Abagnale Jr. zu entführen, ja sogar mit ihm zu sympathisieren. Greift die Idee doch die Fantasie von den meisten Menschen auf – einmal jemand anders zu sein, dem eigenen, tristen Leben mit seinen Problemen und dem alltäglichen Hamsterrad zu entfliehen. Stattdessen lieber aufregend, reich und beliebt zu sein und in Berufen zu brillieren, welche mit Ansehen verbunden sind. Vor allem natürlich bei den Frauen, denen der Held, gespielt von Philipp Büttner, sehr zugetan ist. Pilot, Arzt oder Anwalt klingen gut und versprechen ein anderes und aufregenderes Leben als z.B. ein Beamter. Und so wagt der Hauptdarsteller diesen Sprung in die erfundenen Identitäten, anfangs ein bisschen skeptisch, aber mit zunehmendem Erfolg immer selbstverständlicher und dreister.
Frech und frei immer nach dem Motto: Was erst zu beweisen wäre. Ihm immer auf den Fersen ist der FBI-Agent Carl Hanratty, gespielt von David Arnsperger. Gauner-Frank bringt den Agenten an seine Grenzen, körperlich und mental; eine spektakuläre Jagt durch das New York der 60er Jahre beginnt und nimmt die Zuschauer mit durch verschiedene Szenen der Leben der Protagonisten. Krankenschwester Brenda Strong verfällt dem Charme des Gauners. In dieser Rolle singt sich Jeannine Michéle Wacker in die Herzen aller Zuschauer. Während ihres Solos wird es so still, dass es selbst für ein Open-Air-Konzert ungewöhnlich ist. Bekannt wurde sie unter anderem in der Hauptrolle „Janet“ im DomplatzOpenAir „The Rocky Horror Show“ 2014 und in der ARD-Serie „Sturm der Liebe“, wo sie als Hauptdarstellerin von 2016 bis 2018 spielte. In einer Debütrolle war Vater Frank Abagnale Sr. zu erleben, einfühlsam und brillant gespielt von Nigel Casey, der sich einen Namen als Greaseball in „Starlight Express“ am Londoner West End machte.
Regisseur Felix Seiler inszeniert die rasante Gaunerkomödie und holte die Story des frechen Trickbetrügers auf die Bühne des Magdeburger Domplatzes. Bühnenbildner Darko Petrovic verwandelte die Bühne mit zahlreichen Lichteffekten und auch Pyrotechnik in den American Dream, imposant und ästhetisch unterstützt durch 350 Kostüme, entworfen von der Kostümbildnerin Linda Schnabel. Die 60er und 70er Jahre erwachen singend und tanzend zum Leben. Nicht zuletzt die Musik ist es, welche dem Stück das Tempo verleiht und die Zuschauer in Atem hält. Komponist Marc Shairman entwickelte mit Liedtexter Scott Wittmann das Textbuch und machte so dem Sound der 60er Jahre eine musikalische Liebeserklärung. Dirigiert wird das Stück von Kai Tietje.
Noch bis zum 9. Juli zeigt das Theater Magdeburg die wilde Verfolgungsjagd und wohl die meisten der Zuschauer gehen angeregt nach Hause, nicht zuletzt mit dem Gedanken, dass jeder Schein bei näherer Betrachtung eben nur ein Schein bleibt und die Wahrheit eines schönen Tages immer ans Licht kommt.
Text: Steffi Pretz
Foto: Theater Magdeburg/Andreas Lander
