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Quade Henriette NEU   LINKE

Sachsen-Anhalt-News: 19 Jahre Tod von Oury Jalloh – bekannte Fakten sprechen für Mord | Quade (Linke)



veröffentlicht am Sonntag, 7. Januar 2024

Magdeburg/Naumburg. Am 7. Januar 2024 jährt sich der Tod von Oury Jalloh zum 19. Mal. Dazu erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Landtag von Sachsen-Anhalt, Henriette Quade:

„Am Sonntag kommen in Dessau und in diesem Jahr auch in Naumburg Menschen zusammen, um an Oury Jalloh und an seinen Tod in einer Dessauer Polizeizelle zu erinnern. Seit 19 Jahren arbeiten Freunde und Familie mit der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh mit Hilfe von Brandsachverständigen, Expert[...]en, Jurist[...]en und Menschenrechtsaktivist:innen an der Aufarbeitung, die Staat, Justiz und eine politische Mehrheit in Sachsen-Anhalt schuldig bleiben.

19 Jahre nach dem Tod von Oury Jalloh in der Dessauer Polizeidienststelle, in bzw. vor der auch Mario Bichtemann und Hans-Jürgen Rose starben, bleiben Aufklärung, Aufarbeitung und Konsequenzen eine absolute Fehlstelle von Polizei, Justiz und vor allem Politik.

Denn einerseits lagen durch das Engagement der Nebenklage nie so viele Fakten auf dem Tisch, die zeigen, dass sich Oury Jalloh nicht selbst angezündet haben kann. Zuletzt wurde diese These mit dem Gutachten des Brandsachverständigen Ian Peck im Jahr 2021 endgültig unhaltbar. Es weist nach, dass ein Brandbild wie in der Zelle, in der Oury Jalloh starb, nur mit der Verwendung von Brandbeschleuniger zu erreichen ist. Das deckt sich auch mit bisherigen Untersuchungen und toxikologischen Gutachten.

Gleichzeitig gibt es keine politische Konsequenz aus diesem skandalösen und erschütternden Befund: Ein Untersuchungsausschuss wurde immer wieder mehrheitlich abgelehnt, parlamentarische Aufarbeitungsmöglichkeiten bewusst ausgeschlagen. Das für diese Legislaturperiode von der SPD gegebene Versprechen eines Untersuchungsausschusses wurde gebrochen, die als Ausgleich angekündigten Befragungen und Gespräche im Rechtsausschuss gab es nicht und wird es angesichts der Weigerung der zu Befragenden auch nicht geben, ein unabhängiger Polizeibeauftragter ist bis heute nicht vorhanden.

Rechtswidriges Verhalten, überbordende Gewalt, rassistische Diskriminierungen durch Polizist[...]en und an schweigenden oder lügenden Polizist:innen scheiternde Aufklärung sind ein grundsätzliches Problem weit über Dessau hinaus. Das fehlende politische Problembewusstsein und der Mangel an effektiven Beschwerde- und Kontrollmechanismen macht es zum strukturellen Problem, das nicht mit interkulturellen Trainings, Sensibilisierungs- und Fortbildungsmaßnahmen bearbeitet werden kann. Sie sind zweifellos nötig, aber müssen ins Leere laufen, wenn es sich um Probleme der Haltung und der mangelnden Kontrolle handelt.

Dass es bis heute weder Aufklärung noch politische Aufarbeitung der Todesumstände von Oury Jalloh gibt, ist kein Scheitern, sondern Verweigerung, die angesichts der Umkämpftheit von Demokratie und Rechtsstaat umso schwerer wiegt.

Dass Ermittlungen heute in den Augen des BVerfG keine Erfolgsaussichten haben, heißt bei weitem nicht, dass kein Verbrechen geschehen ist – es liegt in der Ermittlungsarbeit selbst begründet: Dafür notwendige Untersuchungen können nicht nachgeholt werden, nicht erfasste Beweismittel nicht gewichtet werden. Das Schweigen der Polizist[...]en können nur sie selbst brechen.

Dass aus der daraus resultierenden Nichtaufklärbarkeit des Todes von Oury Jalloh von Generalstaatsanwaltschaft und weiten Teilen von Politik die Schlussfolgerung postuliert wird, dass er sich umgebracht haben muss, wäre in anderen Fällen undenkbar.

Nichts am Tod von Oury Jalloh ist aufgeklärt. Sämtliche bekannten Fakten sprechen dafür, dass Oury Jalloh getötet wurde. 19 Jahre nach seinem Tod ist das ein in jeder Hinsicht bitterer Befund, der klar macht: Es kann keinen Schlussstrich geben.“


Hinweis:

Am 7. Januar findet ab 14 Uhr die Gedenkdemonstration der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh statt. Treffpunkt Hauptbahnhof. Das Multikulturelle Zentrum Dessau organisiert zudem ab 11 Uhr eine Gedenkveranstaltung an der Treppe des Polizeireviers, in dem Oury Jalloh starb. In Naumburg wird es ebenfalls eine Demonstration in Gedenken an Oury Jalloh geben. Treffpunkt: 14 Uhr Bahnhof.


Text & Foto: Fraktion Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt