header-placeholder


image header
image
Intel CPU pixabay

Magdeburg-News: Intel in Magdeburg – zehn Milliarden Euro ohne Garantien für Ostdeutschland



veröffentlicht am Mittwoch, 21. Juni 2023

Magdeburg. Montag haben Intel-Chef Patrick Gelsinger und Bundeskanzler Olaf Scholz die Verträge zur Förderung der Intel-Ansiedlung in Magdeburg unterzeichnet. Der Bau der Megafabriken ist damit besiegelt, wobei das US-Unternehmen Intel dafür eine historisch hohe Förderung von 9,9 Milliarden Euro aus der öffentlichen Hand erhält. Welche Auswirkungen die Intel-Ansiedlung für die Menschen in Sachsen-Anhalt hat, ist größtenteils weiterhin offen. Welche Fragen ungeklärt sind, hat das „Sozialkombinat Ost“ zusammengetragen:

Durch historisch hohe Subventionen ist die Intel-Ansiedlung überhaupt erst möglich. Hierbei ist fraglich, ob Intel überhaupt langfristig rentabel wirtschaften wird, insbesondere in Anbetracht des hart umkämpften globalen Chipmarktes. Aus klimapolitischer Sicht zeigt sich, dass die Stadt Magdeburg als Erfüllungsgehilfe von dem US-Konzern fungiert. Dabei werden mögliche Auswirkungen klein geredet. Völlig offen sind die Frage zum Erhalt des wertvollen, fruchtbaren Bördebodens sowie der Flächenversiegelung. Bezüglich der Entnahme von Elb-Wasser für die Fabrik stellte das Helmholtz-Institut zwar fest, dass unter gegenwärtigen Voraussetzungen und keinem höheren Bedarf die Wasserentnahme die Elbe nicht schädigen würde. Der Verband „Pro Elbe“ wies andererseits daraufhin, dass der enorme Wasserverbrauch Intels zu erheblichen Problemen im Ökosystem führen kann. Ein eigens für Intel geplanter Windpark soll preiswerten Ökostrom für Intel liefern. Gleichzeitig leiden die Menschen der Region unter hohen Strompreisen und der Ausbau Erneuerbarer Energien stockt auch in Sachsen-Anhalt.

Mehrbelastungen in der Verkehrsstruktur durch steigenden Zuliefererverkehr über den Flughafen Leipzig-Halle, die Autobahn 14 und die Verkehrsströme der Beschäftigten sind bisher kaum diskutiert. Mit der Förderung durch Bundes- und Landesregierung fließen wiederholt enorme Summen in einen nicht tarifgebundenen Großkonzern. Vergleichbare Firmen wie Amazon und Tesla haben bereits gezeigt, dass sie Gewerkschaftsarbeit in ihren Unternehmen bekämpfen und Mindeststandards des deutschen Arbeitsrechtes gezielt unterlaufen. 

Die Ansiedlung von Intel kann die Lage auf dem Wohnungsmarkt in Magdeburg verschärfen. Die Spekulation mit Immobilien hat in Magdeburg nachweisbar bereits mit der Ankündigung Intels zur Ansiedlung zugenommen. Es besteht die Gefahr das einkommensschwächere Gruppen dann aus ihren bisherigen Quartieren verdrängt werden. Weder Stadt noch Land scheinen diese Gefahr ernst nehmen zu wollen.

Im Zuge der Ansiedlung werden voraussichtlich zahlreiche ausländische Arbeitskräfte nach Magdeburg ziehen. Es bleibt offen, wie die Stadt mit den damit einhergehenden Herausforderungen umgehen wird. Die Magdeburger Ausländerbehörde wird schon lange für ihre menschenverachtende und rassistische Bürokratie kritisiert. Menschen konnten zum Teil ihre Ausweisdokumente nicht verlängern und werden an den Rand der Illegalität getrieben. Hier darf mit der Intel-Ansiedlung keine Zwei-Klassen-Politik in den Ämtern Einzug halten, weil Intel-Mitarbeiter bevorzugt werden. Aber auch jenseits des institutionellen Rassismus ist rechte und rassistische Gewalt in Sachsen-Anhalt real und an der Tagesordnung. Wie will die Stadt sicherstellen, dass das Leben hier für alle – ob ausländische Fachkraft, internationale Studierende und Asylsuchende- endlich sicherer wird? Gleichzeitig kann der regionale Arbeitsmarkt den enormen Fachkräftebedarf von Intel nicht abdecken. Auch dieses Problem verleugnen Stadt- und Landespolitik, anstatt effektive Konzepte zu entwerfen.

Es braucht mehr Transparenz und Beteiligung. Offene Fragen müssen dringend geklärt und die Ansiedlung des Chip-Giganten durch zivilgesellschaftliche Akteure hinterfragt und begleitet werden. Das Sozialkombinat Ost wird weiter die aktuellen Ereignisse rund um Intel analysieren. In einer Intel-Chronik haben und werden wir verschiedenen Meilensteine und Entwicklungen rund um die Intel-Ansiedlung kommentieren und kritisch einordnen: https://sozialkombinat-ost.de/intel-chronik-magdeburg/

Knapp zehn Milliarden Steuergelder fließen in die Ansiedlung – garantierte soziale Sicherheiten gibt es für die Menschen im Osten dafür aber nicht. Es braucht eine umfassende Vision für eine Transformation der ostdeutschen Ökonomie, die Transferabhängigkeiten und Kapitalabflüsse aufbrechen kann und eine eigenständige Agenda für Ostdeutschland entwickelt. In Bezug auf den Strukturwandel müssen die Bedürfnisse der Menschen und nicht der Konzerne im Mittelpunkt des Regierungshandelns stehen.

 
Sozialkombinat Ost

Sozialkombinat Ost ist eine Organisation aus Magdeburg mit dem Ziel, radikal linke Positionen wieder nachvollziehbar und anschlussfähig zu machen und dabei stets die spezifisch ostdeutschen Verhältnisse zu berücksichtigen.


Text: SO! - Sozialkombinat Ost
Foto: pixabay