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Aktuelle Nachrichten aus dem Bundestag

Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mi., 28. Oktober 2020

  1. Rechtsausschuss nimmt Gutachten zum Justizetat an
    Recht und Verbraucherschutz/Ausschuss
  2. Spahn wirbt für reduzierte Kontakte
    Gesundheit/Ausschuss
  3. Experten begrüßen Digitalisierung von Familienleistungen
    Inneres und Heimat/Anhörung


01. Rechtsausschuss nimmt Gutachten zum Justizetat an

Recht und Verbraucherschutz/Ausschuss

Berlin: (hib/MWO) Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat auf seiner Sitzung am Mittwoch unter Leitung seines stellvertretenden Vorsitzenden Heribert Hirte (CDU) die gutachterliche Stellungnahme zum Einzelplan 07 des Haushaltsentwurfs der Bundesregierung für das kommende Jahr mit den Stimmen der Koalition angenommen. Die Ausgaben im Bereich des Bundesjustizministeriums sollen auch im kommenden Jahr steigen. Der Entwurf sieht für den kleinsten Etat aller Ministerien Ausgaben in Höhe von 952,17 Millionen Euro (2020: 919,73 Millionen Euro) vor.

Zuvor hatte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) vor dem Ausschuss zum geplanten Justizetat Stellung bezogen und Fragen der Abgeordneten beantwortet. Mit dem Etat könnten wichtige Fragen der Rechtspolitik in Angriff genommen und auf die großen aktuellen Herausforderungen reagiert werden, sagte Lambrecht. Neben der Corona-Pandemie sei dies der Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Damit verbunden sei Hilfe für Betroffene sowie zivilgesellschaftliche Aufklärung. Wichtig sei auch, die Digitalisierung des Justizbereichs deutlich nach vorne zu bringen. Dies betreffe sowohl die Arbeitsbedingungen in den Gerichten wie auch den einfachen Weg der Bürger zum Recht.

Die Fragen der Abgeordneten betrafen unter anderem den Verbraucherschutz, die Personalpolitik des Ministeriums und die Rechtsberatung für Geflüchtete im europäischen Kontext. Lambrecht verwies darauf, dass der Rückgang der Mittel für den Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) auf mit der Einführung der Musterfestellungsklage verbundene Einmaleffekte zurückzuführen sei. Darüber hinaus sei sie im Gespräch mit dem Verband. Zur Personalpolitik betonte die Ministerin, die Besetzung gehobener Positionen gestalte sich schwierig und sei ein aufwendiges Verfahren. Deshalb seien viele Stellen nicht besetzt. Zur Lösung der Flüchtlingsproblematik sei sie mit der zuständigen EU-Kommissarin im Gespräch, um im europäischen Rahmen eine Lösung zu finden.

Auf der Tagesordnung des Ausschusses standen auch zwei Gesetzentwürfe der AfD-Fraktion zur Strafbarkeit von Sitzblockaden (19/22539) und zur Streichung der Frauenquote im Aktiengesetz (19/22462), die beide gegen die Stimmen der übrigen Fraktionen abgelehnt wurden. Bei einer Reihe weiterer im Ausschuss behandelter Gesetzentwürfe, Unterrichtungen und Anträge ist der Rechtsausschuss nicht federführend.

Die Abgeordneten beschlossen die Durchführung einer öffentlichen Anhörung zu einem Antrag der FDP-Fraktion zum Thema "Rechtsstandort Deutschland stärken - Juristische Ausbildung an das digitale Zeitalter anpassen". Ein Termin wurde noch nicht bestimmt. In diesem Zusammenhang wurde die Terminierung der bereits beschlossenen öffentlichen Anhörung zu einem Entwurf der FDP-Fraktion für ein Gesetz zur Änderung des Ehe- und Geburtsnamensrechts (19/18314) vertagt. Aufgrund der Vielzahl geplanter Anhörungen sollen sich die Obleute der Fraktionen zunächst über einen Durchführungsmodus verständigen. Ein erweitertes Berichterstattergespräch zu einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts (19/23484) soll dagegen am 16. November 2020 stattfinden. Ferner beschloss der Ausschuss gegen die Stimmen der AfD-Fraktion die Abgabe einer Stellungnahme und die Bestellung eines Prozessbevollmächtigten zu der Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht 2 BvE 6/20. Der AfD-Abgeordnete Stephan Brandner hatte wegen ihm erteilter Ordnungsrufe Organklage gegen den Bundestag eingereicht. Schriftlich lag den Abgeordneten der Bericht des Bundesjustizministeriums zum EU-Rat Justiz und Inneres von Anfang Oktober vor.



02. Spahn wirbt für reduzierte Kontakte

Gesundheit/Ausschuss

Berlin: (hib/PK) Die stark steigenden Corona-Infektionszahlen verdeutlichen nach Ansicht von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Dringlichkeit, entschlossen gegenzusteuern. Es erfordere eine große nationale Kraftanstrengung, um die Zahlen wieder unter Kontrolle zu bringen, sagte Spahn am Mittwoch in einer Videokonferenz mit dem Gesundheitsausschuss des Bundestages.

Die Dynamik des Infektionsgeschehens sei enorm, auch die Zahl der schweren Verläufe nehme wieder zu. Spahn warb nachdrücklich dafür, insbesondere im Freizeitbereich die Kontakte zu reduzieren, auch wenn dies für alle mit Härten verbunden sei. Wenn jetzt nicht reagiert werde, könnte es in wenigen Wochen noch härter werden, warnte der Minister.

Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, der auch zu der Ausschusssitzung zugeschaltet war, betonte, anstecken könnten sich Menschen überall, weshalb es wichtig sei, Abstand zu halten und Masken zu tragen. Derzeit würden die meisten Ansteckungen im privaten Bereich registriert, in Wohnstätten. Der entscheidende Punkt sei daher, Kontakte einzuschränken.



03. Experten begrüßen Digitalisierung von Familienleistungen

Inneres und Heimat/Anhörung

Berlin: (hib/SAS) Bei Sachverständigen stößt das geplante Gesetz der Bundesregierung zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen (19/2198719/22776) überwiegend auf Zustimmung. Das zeigte eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Inneres und Heimat unter der Leitung des stellvertretenden Ausschussvorsitzenden Jochen Haug (AfD) am Montag.

Die Mehrheit der Experten begrüßten die Gesetzesinitiative, zu der die Fraktionen von CDU/CSU und SPD noch einen umfangreichen Änderungsantrag vorgelegt hatten, als gelungenes Beispiel für andere, in Zukunft noch zu digitalisierende Verwaltungsleistungen.

So betonte etwa Uda Bastians, Beigeordnete beim Deutschen Städtetag, mit Blick auf das Onlinezugangsgesetz in ihrer Stellungnahme zunächst, Ziel aller Bemühungen um die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen sei eine "vollständige Digitalisierung". Ein "digitales Interface" für die Bürger als Nutzer reiche nicht aus, wenn anschließend die erhobenen Daten "händisch" innerhalb der Verwaltung weiterverarbeitet werden müssten. Ziel sei es, Bürgern und Behörden einen Mehrwert zu bieten. In dieser Hinsicht sei der vorliegende Entwurf für ein Digitale-Familienleistungen-Gesetz ein "Meilenstein". Es zeige exemplarisch, wie eine digitale Verwaltung aufgebaut sein solle. Allerdings monierte Bastians, dass die Vorlage des Entwurfs drei Jahre gedauerte habe. Das sei angesichts der noch zu digitalisierenden "574 Verwaltungsleistungen" viel zu lang.

Lobend äußerte sich auch Dirk Heckmann, Professor für Recht und Sicherheit der Digitalisierung an der TU München: Der Gesetzentwurf verfolge mit der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen einen wichtigen Zweck, denn diese spare Zeit, reduziere den Aufwand für Bürger und Behörden und verbessere letztlich auch die Validität der Daten. Die einzelnen Regelungen seien zudem "schlüssig und zielführend". Positiv bewertete Heckmann insbesondere die mit dem Änderungsantrag vorgesehene Möglichkeit, neben einem Bürgerkonto auch ein Organisationskonto zum Beispiel für Unternehmen oder Institutionen einzurichten. Dies trage zur Nutzerfreundlichkeit bei. Eine Inkonsistenz sah er hingegen bei der geplanten Regelung der Bekanntgabe-Fiktion. Diese sei im Entwurf und im geplanten OZG unterschiedlich geregelt und sei "zu überdenken".

Moritz Karg, Leiter des Referats Grundsatzfragen der Digitalisierung und des E-Government im Digitalisierungsministerium des Landes Schleswig-Holstein, empfahl wiederum, das vorgesehene Erfordernis einer Einwilligung für die Übermittlung personenbezogener Daten im Entwurf zu streichen. "Wenn Sie das Ziel des Gesetzes, Verwaltungsvereinfachung und Nutzerfreundlichkeit auch für Behörden, ernst nehmen, dann sollten Sie das Einwilligungserfordernis nicht aufrechterhalten", sagte Karg. Denn dieses führe zu großem Verwaltungsaufwand, da jede einzelne Stelle die Einwilligung "erhalten, vorhalten und managen" müsse. Er plädierte stattdessen dafür, für die datenschutzrechtlich geforderte Legitimation zur Datenverarbeitung eine "klare, transparente und zweckbezogenen Rechtsgrundlage" zu schaffen.

Dem widersprach Gabriel Schulz, stellvertretender Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit in Mecklenburg-Vorpommern: Die Einwilligung sei eine der grundlegenden Rechtsgrundlagen, die die Datenschutzgrundverordnung vorgebe. "Insofern gibt es keine Veranlassung, davon abzusehen." Die Regelung im Gesetzentwurf, sei "genau der richtige Kompromiss". Kontrovers beurteilten die Sachverständige auch die geplante Nutzung der Steuer-ID als zentrale Personenkennziffer, vor der Datenschützer bereits ausdrücklich warnen: So sagte auch Experte Schulz, er sehe die Bestrebungen im Zuge des geplanten Registermodernisierungsgesetzes einen einheitlichen "Identifier" einzuführen, mit Sorge. Sie würden die Gefahr "grundrechtswidrige Regelungen" bergen. Insofern sei es "fatal", dass mit dem vorliegenden Entwurf die Steuer-ID als eine bereichsübergreifende Kennung nun auch bei Familienleistungen eine Rolle spielen solle.

Diese Meinung vertrat auch der IT-Sicherheitsexperte Rainer Rehak. Als Sachverständiger für das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung übte er zudem erhebliche Kritik am Gesetzentwurf als Ganzes. Die Bundesregierung werde damit dem eigenen erklärten Anspruch nicht gerecht, "die Potentiale der Digitalisierung" heben zu wollen. Mehr noch: "Der Entwurf ist ein Beispiel, wie es nicht gemacht werden sollte". Problematisch sei bereits die Gesamtkonzeption: Mit dieser werde eine "riesige, deutsche Verwaltungsinsel" geschaffen, die aus Sicht von Datenschutz und IT-Sicherheit nicht "vertretbar" sei, bemängelte Rehak. Die Prozesse seien vor allem für die Verwaltung optimiert worden, das gehe zu Lasten der Bürger. Nichts werde kryptographisch abgesichert oder signiert. Das erschwere es, Verwaltungshandeln nachzuprüfen, etwa durch externe Audits. Auch sei eine Interoperabilität mit europäischen Verfahren nicht gewährleistet, weil der EU-Zustellstandard eDelivery "ignoriert" werde.

Eike Richter, Professor für Öffentliches Recht, Recht der Digitalisierung und IT-Sicherheitsrecht an der Akademie der Polizei in Hamburg, begrüßte zwar grundsätzlich den Gesetzentwurf und betonte, dieser gehe in die richtige Richtung. Er bemängelte jedoch, dass durch den dazu noch vorgelegten Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen auch "grundlegende" Änderungen des Onlinezugangsgesetz (OZG) quasi "Huckepack" vorgenommen würden. Angesichts der Vielzahl der Änderungen sei ein eigener Gesetzentwurf angemessen gewesen, sagte Richter. Er sprach sich angesichts verschiedener von Regelungswerke zum allgemeinen Verwaltungsrecht zudem für eine "integrierende Reform des Verwaltungsverfahrensrechts und der Digitalisierung" aus. Ohne diese drohe die Gefahr von "Inkonsistenzen und Widersprüchen", die die Umsetzung erschwerten. Das zeige auch der aktuelle Gesetzentwurf.