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Gastronomie Gaeste pixabay

Magdeburg-News: Kostendruck bremst Erholung Sachsen-Anhalts Gastgewerbes aus



veröffentlicht am Dienstag, 26. Dezember 2023

Magdeburg/Halle. Das sachsen-anhaltische Gastgewerbe schätzt die abgelaufene Sommersaison positiv ein, die Hälfte der Befragten meldet eine gute Geschäftslage. Der Geschäftsklimaindex steigt von 98 auf 124 Zähler, liegt jedoch unter dem Indexwert der Frühjahrsumfrage, der bei 138 Punkten lag. Der Blick in die Zukunft ist pessimistisch: hohe Lebensmittel- und Energiekosten, aber auch eine hohe Unzufriedenheit mit der aktuellen Wirtschaftspolitik trüben die Stimmung, so die Ergebnisse der aktuellen Saisonumfrage der Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie und Handelskammern Halle-Dessau und Magdeburg (LAG).

„Die Einschätzungen der Geschäftslage sind zwar positiv, dem gegenüber stehen aber gesunkene Umsätze und skeptische Erwartungen an die Wintersaison. Inflation, Konsumverzicht der Gäste, Unzufriedenheit mit politischen Entscheidungen, Kostendruck und nicht zuletzt die kommende Mehrwertsteuererhöhung in der Gastronomie vergrößern die ohnehin bestehenden Sorgen immens.“, erläutert Antje Bauer, Geschäftsführerin für Starthilfe und Unternehmensförderung der IHK Halle-Dessau.

Die Geschäftserwartungen an die Wintersaison 2023/2024 liegen per Saldo bei minus 30 Punkten. „Knapp drei Viertel der Hoteliers und Gastronomen werden erneut Preisanpassungen vornehmen. Angesichts der aktuell eher unsicheren Aussichten hat folglich auch die Investitionsbereitschaft der Unternehmen nachgelassen. 45 Prozent der gastgewerblichen Unternehmen werden keine Investitionen mehr vornehmen“, ergänzt Susanne Eva Dörrwand, Geschäftsführerin Handel, Tourismus, Dienstleistungen und Unternehmensförderung der IHK Magdeburg. Lediglich fünf Prozent der Befragten gingen von besseren Geschäften aus, bestenfalls gleich bleibende Geschäfte erwarteten 60 Prozent, über ein Drittel rechne mit einer schlechten Saison. „Mit Sicht auf die Änderungen zum Jahreswechsel, wie Mehrwertsteuererhöhung, Erhöhung der CO2-Steuer und steigende Arbeitskosten wird deutlich, dass auf die Branche große Herausforderungen zukommen. So verwundert es nicht, dass nach den nur teilweise kompensierten Verlusten aus der Corona-Krise jetzt die Zukunftssorgen dominieren“, so Dörrwand.

Trotz wachsender Lohnkosten möchten laut Befragung mehr als drei Viertel der gastgewerblichen Unternehmen ihren Personalbestand stabil halten, sechs Prozent wollen zusätzlich Personal einstellen. 15 Prozent werden saisonbedingt auf Personal verzichten. Um die angestiegenen Kosten im Griff zu behalten, planen 72 Prozent der Befragten nochmals Preiserhöhungen. „Die Gäste haben inflationsbedingt bereits reagiert, sind preisbewusster geworden und sparen im Zweifel auch an touristischen Dienstleistungen. Dies gilt für heimische Gäste und Urlaubsgäste wie für Geschäftsreisende gleichermaßen. In allen Segmenten sind die Umsatzzahlen in der Sommersaison zurückgegangen. Dabei ist die Talsohle womöglich noch nicht erreicht: Fortlaufende Konsumzurückhaltung und weitere Kostensteigerungen werden zunehmend die Liquidität der Unternehmer beeinflussen. Sprunghafte politische Entscheidungen stellen zusätzlich ein erhebliches Risiko für die Planungssicherheit der Branche dar“, so Bauer.


Die Ergebnisse im Einzelnen:

Das Beherbergungsgewerbe schätzt seine Geschäftslage in der abgelaufenen Sommersaison 2023 positiv ein. Der Saldo steigt um 24 Punkte gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Umsatzentwicklung gegenüber dem Vorjahr liegt per Saldo immer noch im negativen Bereich, hat sich aber leicht von minus 19 auf minus drei Punkte verbessert. Ein Drittel der Befragten meldet Umsatzsteigerungen. Dennoch ist die aktuelle Finanzlage bei einem Teil der Befragten durch Eigenkapitalrückgänge (29 Prozent) und Liquiditätsengpässe (14 Prozent) geprägt. Wirtschaftliche Risiken sehen die Hoteliers in den hohen Energiekosten (79 Prozent), den gestiegenen Lebensmittel- und Rohstoffkosten (75 Prozent), jeweils mehr als die Hälfte im Fachkräftemangel und in den hohen Arbeitskosten. Gestiegen ist nochmals die Kritik an den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen: zunehmende Planungsunsicherheit, die aktuelle politische Entwicklung, die Steuer- sowie Klimapolitik und „sozialgesellschaftliche Ungerechtigkeiten“ werden hier kritisiert.


44 Prozent der Gastronomen bewerten ihre Geschäftslage in der Sommersaison 2023 als gut. 15 Prozent der Befragten melden gestiegene Umsätze gegenüber der Vorjahressaison. Dem gegenüber stehen jedoch 27 Prozent mit Umsatzrückgängen. Die Gastronomie blickt pessimistisch in die kommende Wintersaison 2023/2024 (Saldo minus 36 Zähler). 79 Prozent der Gastronomen müssen aufgrund hoher bzw. steigender Kosten weitere Preiserhöhungen vornehmen. Die aktuelle Finanzlage führt bei 37 Prozent der gastgewerblichen Unternehmen zu Eigenkapitalrückgängen und bei knapp einem Viertel zu Liquiditätsengpässen. Das Hauptrisiko für die wirtschaftliche Entwicklung sehen die Befragten in den hohen Lebensmittel- und Rohstoffpreisen (88 Prozent). Zudem werden die gestiegenen Energiepreise (79 Prozent), Fachkräftemangel (71 Prozent) und hohe Arbeitskosten (63 Prozent) als große Risiken eingestuft. Gestiegen ist zudem die Risikoeinschätzung durch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (61 Prozent). Hier werden speziell das Auslaufen der Mehrwertsteuersenkung für die Gastronomie Ende 2023, zu hohe Energiekosten, die Preisentwicklung und politische Entscheidungen benannt. 76 Prozent der Befragten versuchen ihren Mitarbeiterbestand zu halten, 17 Prozent melden abnehmende Beschäftigungszahlen und sieben Prozent planen Personal neu einzustellen.


Die sachsen-anhaltischen Reisebüros und -veranstalter sind mit der abgelaufenen Sommersaison 2023 sehr zufrieden. 65 Prozent der Befragten melden eine gute Geschäftslage. Die Hälfte verzeichnet zudem gestiegene Umsätze. Hierfür verantwortlich sind hauptsächlich Umsätze durch Urlaubsreisebuchungen, 58 Prozent melden in diesem Segment gestiegene Umsätze. Rückläufig sind nach wie vor Umsätze durch Geschäftsreisen, hier melden 42 Prozent der Befragten Rückgänge. Mit einer guten Wintersaison 2023/24 rechnen 15 Prozent der Unternehmer, die jedoch wiederholt von steigenden Preisen begleitet wird (78 Prozent). Die aktuelle Finanzlage ist bei 28 Prozent der Befragten in der Reisebranche durch Eigenkapitalrückgänge und durch Liquiditätsengpässe (acht Prozent) geprägt. Wirtschaftliche Risiken für die Entwicklung des eigenen Unternehmens sehen die befragten Reisebüros, Reisemittler und -veranstalter in den hohen Energie- und Rohstoffpreisen (60 Prozent), im Fachkräftemangel und in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (jeweils 58 Prozent). Hier kritisiert die Branche das aktuelle Regierungshandeln, die EU- sowie Steuerpolitik, Buchungszurückhaltung, Reisebeschränkungen und anhaltendes Kriegsgeschehen.


Hintergrund: Die Saisonumfrage Tourismus ist ein gemeinsames Projekt der Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern in Sachsen-Anhalt, welche die Interessen von rund 100.000 Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft des Bundeslandes vertritt, und wird zweimal jährlich durchgeführt. Die vorliegende Untersuchung nimmt den Zeitraum zwischen 1. Mai und 31. Oktober 2023 in den Fokus und stützt sich auf 255 Antworten von 700 befragten Unternehmen, davon 215 aus dem Gastgewerbe (Beherbergung und Gastronomie) und 40 aus dem Reisebüro- und Reiseveranstaltersektor. Die ausführlichen Ergebnisse der LAG-Umfrage wurden unter www.ihk.de/halle (Nr. 6018964 ins Suchfeld eingeben) und www.ihk.de/magdeburg veröffentlicht.

Die LAG besteht seit 1997 und vertritt die Interessen von über 110.000 Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft in Sachsen-Anhalt.


Text: IHK Magdeburg
Foto: pixabay