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Sachsen-Anhalt-News: Bundesweiter Protesttag - Krankenhäuser Sachsen-Anhalts übergeben Offenen Brief an Ministerin Grimm-Benne


veröffentlicht am 20. September 2023

Halle, 20.09.2023 – In einem offenen Brief, der heute auf der öffentlichen Mitgliederversammlung der Krankenhausträger des Landes Sachsen-Anhalts an Sozialministerin Grimm-Benne übergeben wurde, fordern die Kliniken des Landes, den kalten Strukturwandel sofort zu stoppen.

In dem Brief heißt es: „Die seit Beginn des Jahres 2022 in Sachsen-Anhalts Krankenhäusern aufgelaufene Deckungslücke beträgt trotz der Energiehilfen des Bundes mittlerweile rund 350 Millionen Euro. Die vom nächsten Jahr an wirksam werdenden hohen Tarifabschlüsse werden diese Krise weiter verschärfen. Es wird Kliniken geben, die schon das kommende Jahr nicht mehr erleben, weil die Geschäftsführungen wegen negativer Fortführungsprognosen in den Jahresabschlüssen gezwungen sind, einen Antrag auf Insolvenz zu stellen.“

Der Vorsitzende der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt Prof. Dr. med. Wolfgang Schütte nannte die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser dramatisch: „Die Finanzierungssysteme sind nicht für Extremsituationen gemacht. Die üblichen Anpassungsmechanismen funktionieren nur in normalen Zeiten. Die Zeiten aber sind alles andere als normal. Die finanziell prekäre Lage der Kliniken wird auf dem Rücken der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgetragen, die die hohen Belastungen nicht mehr auffangen können. Viele Beschäftigte wechseln auf Teilzeitstellen, manche sogar den Beruf. Und immer öfter werden wir gefragt, wie lange das Krankenhaus noch existiert. So geht das nicht weiter!“

Noch immer herrscht „Alarmstufe ROT“. Eine Einigung zwischen Bund und Länder zu einem Vorschaltgesetz zur Krankenhausreform, das den Kliniken wirtschaftliche Sicherheit geben könnte, ist gescheitert. „Das können und wollen wir nicht akzeptieren. Wir verlangen nichts weiter als die Einlösung des gesetzlich verbrieften Anspruchs der Krankenhäuser auf eine angemessene Refinanzierung der unabweisbaren Kosten im Zusammenhang mit der Patientenversorgung“, so Schütte. „Geschieht dies nicht, werden einige Krankenhäuser die Reform nicht mehr erleben. Die Insolvenz der Lungenklinik Ballenstedt ist ein Warnsignal dafür, dass das Kliniksterben auch in Sachsen-Anhalt bereits begonnen hat.“

Da die Preissteigerungen der Kliniken für das Jahr 2023 bei 4,37 Prozent gesetzlich gedeckelt sind, haben die Krankenhäuser keine Möglichkeit, diese weiterzugeben. So wird die Schere zwischen Kosten und Erlösen der Kliniken im Land immer größer: von 2019 bis 2023 stiegen die Krankenhauskosten um 23 %, aber nur 13 % wurden über den Landesbasisfallwert refinanziert. 2024 beträgt das Verhältnis Kosten-Erlöse bereits 30 % zu 17 %. Zudem klafft in Sachsen-Anhalt immer noch eine Investitionslücke von ca. 1,5 Milliarden Euro (ohne Unikliniken), weil das Land seiner gesetzlichen Verpflichtung nach vollständiger Finanzierung der Krankenhausinvestitionen seit Jahrzehnten nicht nachkommt.

Jeden Tag verlieren die Kliniken in Sachsen-Anhalt 564.648 Euro. Zur Illustration dieser drastischen Zahl läuft auf der Homepage der KGSAN eine Defizituhr (www.kgsan.de), die deutlich macht, wie verheerender die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser Tag für Tag wird.

Der Brief der Krankenhäuser ist indes mehr als ein Hilferuf. Er ist eine dringliche Aufforderung zum Handeln, damit die Zusicherung der Landesregierung, alle 54 Klinikstandorte erhalten zu wollen, nicht zu einem leeren Versprechen verkümmert. „Diese Sorge ist durchaus berechtigt“, konstatierte Schütte, „denn mit der Schließung der Lungenklinik Ballenstedt wird es ab Januar 2024 nur noch 53 Klinikstandorte in Sachsen-Anhalt geben.“
Vor der Übergabe ihres Briefes machte die KGSAN auf das bundesweite Krankenhaussterben mit einer Videoshow aufmerksam: Zur Mitte des Jahres 2023 mussten bereits dreimal so viele Krankenhausstandorte Insolvenz anmelden wie im Vergleichszeitraum des Vorjahres und fünfmal so viele wie im gesamten Jahr 2021. 

 


Text / Foto: Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt e. V. / Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt