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TV-Tipp-News: „Omar - Ein Justizskandal“ ab 20:15 Uhr auf arte


Veröffentlicht am 20. September 2023

Marseille, 2. Februar 1994: Omar Raddad, ein aus Marokko stammender Gärtner, wird zu 18 Jahren Haft verurteilt. Sein angebliches Verbrechen: Er soll die wohlhabende Witwe, für die er gearbeitet hat, brutal ermordet haben. Die Tote war knapp zweieinhalb Jahre zuvor, am 24. Juni 1991, tot im Keller ihrer Villa aufgefunden worden. Vor ihrer Leiche stand an der Wand in blutigen Lettern: "Omar m'a tuer" - eine zwar grammatikalisch falsch geschriebene Variante von "Omar m'a tuée" ("Omar hat mich getötet"), aber doch die scheinbar eindeutige Schuldzuweisung der Sterbenden an ihren Angestellten.

Doch die Ermittlungen der Polizei wurden seinerzeit alles andere als professionell durchgeführt, und auch der Gerichtsprozess, in dem Omar Raddad schuldig gesprochen wurde, war alles andere als fair. Schon im ursprünglichen Polizeibericht war als Todesdatum ein Tag angegeben worden, für den Omar ein Alibi gehabt hätte. Das Datum wurde dann vor Gericht "korrigiert". Auch waren am Tatort keine Spuren gesichert worden. Auch sein Motiv ist zweifelhaft: eine derartige Tat für etwas Geld und Schmuck? Ebenso gibt die Schrift an der Wand Rätsel auf; das Verfassen dieser Nachricht in völliger Dunkelheit und im Todeskampf, noch dazu der für eine gebildete Frau unwahrscheinliche Rechtschreibfehler – das alles erscheint bei näherem Hinsehen abwegig. Und nicht zuletzt verschwand auch noch ein möglicher Entlastungszeuge Omars scheinbar spurlos.

Als ein Journalist, der von Omars Unschuld überzeugt ist, in dem Fall recherchiert, gelingt es ihm, einen der größten Justizirrtümer der französischen Justiz aufzudecken. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass es in Frankreich zwei Arten der Justiz gibt: eine für die Mächtigen und eine für die Armen.

Basierend auf dem autobiografischen Buch "Pourquoi Moi" von Omar Raddad und den Recherchen des Journalisten Jean-Marie Rouart "Omar: La construction d'un coupable" erzählt der französische Schauspieler Roschdy Zem in seiner zweiten Regiearbeit die Geschichte eines der bis heute umstrittensten Mordprozesse Frankreichs, der Mitte der 1990er-Jahre offensichtlich nach dem Motto "Im Zweifel gegen den Angeklagten" geführt worden war.

Bis zum heutigen Tag spaltet der Fall die Öffentlichkeit Frankreichs in zwei Lager: Diejenigen, die von Omars Unschuld überzeugt sind, und diejenigen, die ihn für schuldig halten. Der echte Omar Raddad wurde schließlich 1996 von dem damaligen Präsidenten Jacques Chirac begnadigt und zwei Jahre später entlassen. Um einen echten Freispruch kämpft der Mann, der seine Unschuld seit mehr als 20 Jahren beteuert, jedoch bis heute.

Roschdy Zems packender Kriminalfilm mit Sami Bouajila in der Hauptrolle erzählt diesen modernen Justizskandal, der in Frankreich unter anderem mit der Dreyfus-Affäre verglichen wurde, als das Drama eines Mannes, der in eine geradezu kafkaeske Situation gerät und den Behörden offenbar von Anfang an als idealer Sündenbock gilt.

Text / Foto: programm.ard.de / Hole in one Films