Berlin (dts Nachrichtenagentur/MDN) - Die
gesetzlichen Krankenkassen warnen vor Defiziten in zweistelliger Milliardenhöhe
und fordern deshalb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf, die im
Koalitionsvertrag vereinbarten Finanzreformen nicht auf die lange Bank zu
schieben. "Die gesetzliche Krankenversicherung hat insbesondere durch
teure Reformen der vergangenen Jahre ein massives Finanzproblem", sagte
die Chefin des Spitzenverbandes der Kassen, Doris Pfeiffer, dem
"Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Dienstagausgaben). Das dulde keinen
Aufschub.
Zwar sei es vordringlich für Minister
Lauterbach, sich jetzt um alle Fragen rund um die Bekämpfung der Pandemie zu
kümmern: "Aber deshalb dürfen die von den Ampel-Parteien im
Koalitionsvertrag vereinbarten Reformen im Bereich Gesundheit nicht liegen bleiben",
mahnte Pfeiffer. Derzeit sei die Finanzlage nur deshalb stabil, weil die
Bundesregierung ihren Steuerzuschuss für 2022 einmalig um 14 auf fast 30
Milliarden Euro verdoppelt habe, sagte Pfeiffer. Für 2023 sei die Finanzierung
aber bisher offen.
"Wird nichts unternommen, müssen die
Beiträge Anfang 2023 im Durchschnitt um fast einen Prozentpunkt steigen",
warnte sie. Das wäre bei einem Monatseinkommen von 3.500 Euro immerhin eine
Mehrbelastung von 35 Euro für Versicherte und Arbeitgeber, rechnete Pfeiffer
vor. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand in der Politik das
möchte", so die Chefin des Spitzenverbandes.
Konkret forderte sie, dass der Bund den
Kassen ab 2023 in vollem Umfang kostendeckende Beiträge für Hartz-IV-Empfänger
zahlt. Es sei "hochproblematisch", dass im Koalitionsvertrag von SPD,
Grünen und FDP nicht von einem vollständigen Ausgleich die Rede sei, sondern
nur noch von höheren Beiträgen. "Es ist schlichtweg nicht die Aufgabe der
Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung, Aufgaben des Staates zu
finanzieren", sagte Pfeiffer.
"Wir erwarten von der neuen
Bundesregierung, dass der gesetzlichen Krankenversicherung die tatsächlich
entstehenden Kosten erstattet werden, also insgesamt zehn Milliarden Euro mehr
als bisher", forderte die Verbandschefin.
Text / Foto: dts / pixabay