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Rayonhäuser in Magdeburg - Teil 2

Sonntag, den 12. April 2020

Von Doris Richter 

Die Festung Magdeburg gehörte vom Anfang des 18. Jahrhunderts bis 1912 zu den stärksten Festungen Preußens. 1807 wurde Magdeburg in das französische Königreich Westphalen eingegliedert, und die Stadt wurde zu einem wichtigen Glied der französischen Elbverteidigungslinie. Wichtigste Maßnahme zum weiteren Ausbau der Festungsanlagen war die Erweiterung der Glacisanlagen. Deren bisheriges Gelände wurde als freies Schussfeld zum Rayon erklärt. 

Während der Befreiungskriege von 1813 bis 1814 hielt Magdeburg den Belagerungen durch die preußisch-russischen Truppen stand. Nach der Niederlage Napoleons zogen am 24. Mai 1814 wieder preußische Truppen in die Stadt ein. Mit der Einführung der Neupreußischen Festungsmanier erlebte die Festung Magdeburg einen neuerlichen Aus- und Umbau seiner Verteidigungsanlagen. So wurden die Wallanlagen modernisiert, das Elbufer weiter befestigt, Festungstore neu errichtet oder umgebaut. 

Innerhalb der Festung entstanden zahlreiche militärische Gebäude wie Kasernen und Magazine. Die 1840 fertiggestellte Bahnstrecke Magdeburg–Leipzig und die Schaffung weiterer Bahnverbindungen brachten tiefgreifende Veränderungen im Verteidigungssystem Magdeburgs mit sich. Um die Bahnlinien in die Stadt hineinführen zu können, mussten neue Eisenbahntore errichtet werden, von denen 1840 das Alte Leipziger Tor als erstes fertiggestellt wurde. 

Bis 1873 entstanden im Festungsgürtel insgesamt acht Eisenbahntore. Mit der Einführung des „gezogenen Geschützrohres“ ergab sich erneut die Notwendigkeit des Ausbaus der Festungsanlagen. Zu diesem Zweck wurde ab 1866 ein Gürtel von 14 Forts gebaut, die in einer Entfernung von 1000 bis 3000 Metern zur Kernfestung angelegt wurden. Nachdem der Rayonbereich erweitert worden war, wurde ab 1890 der Fortgürtel durch den Bau von acht Zwischenwerken begonnen.

Im Jahr 1882 war Magdeburg mit über 100.000 Einwohnern zur Großstadt geworden.

Nachdem 1886 der allgemeine Rückbau der Festungen in Deutschland beschlossen worden war, wurde mit der Kabinettsorder vom 23. Januar 1900 der Festungsstatus Magdeburgs aufgehoben und das Fes- tungsgelände zum Verkauf freigegeben. Die Stadt nutzte die Aufgabe der Festungsanlagen zum Erwerb der meisten Flächen zur Erweiterung der Wohnbebauung und zur Verbesserung der Infrastruktur. Im Norden wurde der Anschluss an die 1886 eingemeindete Neustadt geschaffen, im Westen entstand die Wilhelmstadt und die Bebauung im Süden stellte die Verbindung zum 1887 eingemeindeten Buckau her. Bereits 1888 war mit dem Abriss der Stadttore begonnen. Die beiden größten Festungsanlagen Fort Stern und die Zitadelle wurden 1903 bzw. 1922 abgerissen. Lediglich von der Westfront blieben große Teile der Festungsbauten erhalten. Fünf Forts wurden restlos beseitigt, die übrigen wurden zunächst zur zivilen Nutzung umgebaut. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren auch von diesen nur noch Reste vorhanden.

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges gab es in Magdeburg immer noch etwa 80 dieser Rayonhäuser in verschiedenen Stadtteilen. Nicht alle wurden bewohnt, genutzt und gepflegt, so dass heutzutage noch etwa 40 Rayonhäuser erhalten geblieben sind. Das größte und schönste davon ist die „Töpfersche Villa“ in der Liebknechtstraße (erbaut 1885 bis 1891), die von der SKL GmbH genutzt und erhalten wird. Sie steht heute unter Denkmalschutz, wie auch viele der anderen Rayonhäuser. Die Erhaltung der noch vorhandenen Magdeburger Rayonhäuser ist immer mit viel Aufwand verbunden und setzt viel Liebe zum architektonischen Erbe der Stadt voraus. 

Als Stadtführerin weiß Doris Richter viel Wissenswertes über unsere Heimatstadt zu erzählen. In den magdeburger-news.de erläutert sie Namen und Themen, bei denen nicht nur Touristen Neues erfahren, sondern sicher auch eingefleischte Magdeburger.


Titelfoto: Rayonhaus in Cracau / Privat