Foto: Dr. Sieglinde Modell, Medizinische
Direktorin beim Biotech-Unternehmen Vertex
Eine genetische Anomalie mit schweren
Auswirkungen: Menschen mit Mukoviszidose (auch: zystische Fibrose, CF) leiden
unter zähflüssigen Sekreten. Die Folgen sind unter anderem Atemprobleme durch
Schleimbildung, Reizhusten, Infektanfälligkeit der Lunge oder auch Verdauungsstörungen.
Die Lebenserwartung der Betroffenen ist
vermindert. Im Interview erklärt Dr. Sieglinde Modell, Medizinische Direktorin
beim Biotech-Unternehmen Vertex, die therapeutischen Fortschritte der
vergangenen Jahre und wagt einen Blick in die Zukunft. Es ist eine medizinische
Zeitreise.
Wo stehen wir HEUTE in der Therapie der
Mukoviszidose?
Dr. Sieglinde Modell: Eine ganz neue Klasse
von Wirkstoffen, die so genannten CFTR-Modulatoren, setzen bei der Ursache der
Erkrankung an. Dadurch gelingt es, zumindest einen Teil der durch die Anomalie
ausgelösten Krankheitssymptome zu lindern.
Die Erkrankung ist hochkomplex und deshalb kann es auch keinen
One-fits-all-Ansatz geben. Aber durch die neueste Generation können schon viel
mehr Menschen behandelt werden als früher. Medizinisch betrachtet ist das ein
Durchbruch, der das Leben der Patientinnen und Patienten – und das ihrer
Angehörigen – deutlich verbessern kann.
Wie war das GESTERN bzw. in der
Vergangenheit?
Modell: Bis zum Jahr 2012 – da wurde der
erste Vertreter eines CFTR-Modulators verfügbar – haben wir ausschließlich
Symptome behandelt: Schleimlösende und bronchienerweiternde Mittel,
Entzündungshemmer, Inhalationen, Physiotherapie (Pharma Fakten berichtete). Die
Begleittherapien sind auch immer noch wichtig, aber wir sehen heute im
Versorgungsalltag, was wir schon in unseren klinischen Zulassungsstudien
beobachten konnten: Für viele Betroffene ist es heute durch die neuen
Arzneimittel möglich, diese extrem komplexe Erkrankung besser zu managen und
ein normaleres Leben zu führen.
Werfen wir einen Blick auf das ÜBERMORGEN:
Wie könnte die Zukunft aussehen?
Modell: Unsere Forschungsstrategie ist klar definiert: Wir wollen erreichen, dass künftig alle von der Erkrankung betroffenen Menschen von diesen Arzneimittelinnovationen profitieren können. Dazu entwickeln wir neue Moleküle und forschen an neuen Kombinationsmöglichkeiten. Wir gehen allerdings davon aus, dass bei rund zehn Prozent der Betroffenen der unseren Medikamenten eigene Wirkansatz nicht funktionieren wird. Aber auch für diese Menschen wollen wir etwas tun und arbeiten deshalb an gentherapeutischen Ansätzen auf Basis der Genschere CRISPR/CAS9 (Pharma Fakten berichtete) und auf Basis von mRNA-Technologien. Wir haben eine Vision: Wir wollen die Krankheit eines Tages heilen können.
Text / Foto: Pharma Fakten e.V. / Vertex