Berlin (dts Nachrichtenagentur) - Kurz vor
der Konstituierung des neuen Bundestags weisen die Intensivmediziner vehement
auf die erneut steigende Corona-Gefahr und die zunehmende Belastung der
Krankenhäuser hin. "Wir Intensivmediziner können die Diskussionen um einen
Freedom Day oder deutliche Signale an die Bevölkerung, es ist vorbei‘ nicht
verstehen", sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären
Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, Gernot Marx, der
"Rheinischen Post" (Dienstagsausgabe). Corona sei nicht vorbei.
Die Inzidenzen steigen wieder. "Wir
haben eine aggressive und sehr virulente Delta-Variante - das ist fast wie ein
eigener, neuer Virus. Und wir haben immer noch 16 Millionen Bürger ab 18
Jahren, die nicht geimpft sind."
Die Zahl der Covid-Patienten auf
Intensivstationen steige seit zwei Wochen wieder sehr kontinuierlich an, sagte
Marx. "Ich erwarte, dass die Politik die Lage auf den Intensivstationen
erkennt und aktiv hier und jetzt Zeichen setzt. Es ist für all diejenigen auf
den Intensivstationen oder auch Normalstationen, für die zahlreichen
Long-Covid-Patienten und vor allem diejenigen, die noch in den nächsten Wochen
und Monaten erkranken werden, in keinster Weise verständlich, das Ende der
Pandemie zu deklarieren."
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
hatte sich mehrfach für ein Auslaufen der pandemischen Lage stark gemacht. Laut
Divi sind bereits heute - am Anfang der Herbst- und Wintersaison - 20 Prozent
der maximal betreibbaren High-Care-Betten, in denen schwerkranke Patienten
invasiv beatmet werden können, wie sogar 35 Prozent der Low-Care-Betten auf
Intensivstationen gesperrt. Das heißt, in diesen Betten können keine Patienten
behandelt werden, weil das Pflegepersonal dazu fehlt.
Am Stichtag 25. Oktober 2021 wurden 22.064
betreibbare Intensivbetten im Divi-Intensivregister gemeldet. Am 1. Januar 2021
waren es noch 26.475 Betten, also 4.411 mehr - und das war am Höhepunkt der
zweiten Corona-Welle, in der zahlreiche Pflegekräfte selbst erkrankt waren und
ausfielen. "Wir sind in der Intensivmedizin also derzeit in der absurden
Situation, dass wir zwar nur rund 1600 Covid-19-Patienten auf den
Intensivstationen behandeln müssen, gleichzeitig fehlen uns aber mehr als 4000
Betten", sagte Marx.
Text / Foto: dts Nachrichtenagentur