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Magdeburg-News: Magdeburg erinnert an die Teilung Europas und gedenkt der Opfer des Eisernen Vorhangs

Samstag, 10. September 2022

Magdeburg. Am kommenden Sonntag, 11. September, erhält Magdeburg offiziell zwei neue Gedenkorte für Ereignisse der jüngeren deutsch-deutschen Geschichte. Im Beisein von Oberbürgermeisterin Simone Borris werden um 10.00 Uhr der "Zeitstrahl" und eine Erinnerungstafel auf der Lothar-Kreyssig-Straße eingeweiht. Beide Kunstwerke wurden von Magdeburger Schüler erarbeitet und durch die Stadtverwaltung und Fachfirmen verlegt bzw. aufgestellt.
 
Der Eiserne Vorhang, Symbol der Teilung Europas in Ost und West, prägte die persönlichen Schicksale von Menschen aus Magdeburg. Der Stadtrat hatte 2019 und 2021 beschlossen, ihnen mit zwei partizipativen Erinnerungsprojekten im Herzen der Stadt ein Denkmal zu setzen. Magdeburger Schüler erkundeten die geschichtlichen Wegstationen von 1961 bis 1989, entwickelten künstlerische Gestaltungsvorschläge und arbeiteten die Biografien von 15 Menschen aus unserer Stadt auf, die infolge des Eisernen Vorhangs ihr Leben verloren.
 
Geschichte im Gehweg: der "Zeitstrahl"
Der "Zeitstrahl" erinnert zwischen dem Fragment der Berliner Mauer und dem Bürgerdenkmal an die historischen Wegstationen einer Epoche, die mit dem Mauerbau 1961 begann und der Friedlichen Revolution 1989 endete. Die Entwicklungen auf europäischer Ebene werden um zwei Magdeburger Ereignisse ergänzt: den Anfängen der internationalen "Aktion Sühnezeichen" und dem ersten großen Friedensgebet im Herbst 1989. Sie schlagen die Brücke zum Namensgeber der Lothar-Kreyssig-Straße und den Ereignissen vor dem Dom. So wird Magdeburg als Teil der europäischen Geschichte erfahrbar.
 
Schon 2011 fand das erste Schulprojekt zum "Zeitstrahl" mit der 11. Klasse der IGS "Willy Brandt" statt. Die Schüler erarbeiteten verschiedene Gestaltungsvarianten. Ihre kreativen Ideen reichten von einem beleuchteten Brunnen mit Informationstafeln – Fluss der Zeit – genannt, über Gläserne Wände bis hin zu einem begehbaren Zeitstrahl aus Sicherheitsglas, genannt Roter Faden.
 
Der herausgehobene Ort im Stadtraum erforderte eine denkmalverträgliche Umsetzung. Daher wurde eine zurückhaltende Variante gewählt, die sich in die bestehende Stadtlandschaft einfügt. Der Zeitstrahl verläuft nun auf Natursteinplatten entlang des Gehwegs, der parallel vom Mauerfragment zum Bürgerdenkmal der Friedlichen Revolution führt. Auf dieser Zeitachse wurden die Ereignisse zwischen 1961 und 1989 als Fließtext im Stil eines Telegramms aufgebracht, so dass sich gleichsam ein "Zeitstrahl" ergibt. Für die Erarbeitung von Gestaltungsvorgaben konnte durch das Stadtplanungsamt die Restauratorin Claudia Böttcher gewonnen werden, die Umsetzung des Entwurfs lag in der Hand der Firmen Paul Schuster und Carsten Kassebaum.
 
Gedenken an Mauer-Opfer aus Magdeburg
Für den zweiten Baustein, die Gedenktafel für die Opfer des Eisernen Vorhangs, wurde durch das Stadtarchiv eine Kooperation mit dem Geschwister-Scholl-Gymnasium initiiert. Schüler der Klasse 10/4 haben die Schicksale von 15 Menschen aus unserer Stadt aufgearbeitet, die zwischen 1949 und 1989 infolge des Eisernen Vorhangs ihr Leben verloren.
 
In einer gut besuchten Gedenkfeier am 20. Juli 2021 liehen sie den Opfern ihre Stimme, als sie aus der Ich-Perspektive Einblicke in deren Lebensgeschichten und tragisches Ende boten. Ihre Namen finden sich nun auf einer Gedenktafel, die gestalterisch an eine Grabplatte angelehnt in das schon vorhandene Segment der Berliner Mauer integriert wurde. An der Einweihung, die zu Ehren der Opfer durch eine Schweigeminute endete, nahmen zahlreiche Vertreter aus den beteiligten Schulen sowie der Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung teil.
 
Zur geschichtlichen Einordnung
Am 11. September 1989 stieß die Öffnung des Eisernen Vorhangs in Ungarn ein Fenster in die Freiheit auf. Viele Bürger der DDR wählten diesen Weg und mahnten zugleich gesellschaftliche Veränderungen in ihrer Heimat an. Vor 33 Jahren wurde so die Trennung in Ost und West überwunden, die Europa seit dem Zweiten Weltkrieg teilte.
 
Die sozialistische Großstadt Magdeburg wurde schon aufgrund ihrer exponierten Lage von den weltpolitischen Ereignissen besonders berührt. Den neuen Denkmälern aber geht es weniger um das strategische Gesamtbild als um die Menschen in der Stadt. Sie mahnen die Achtung der Menschenwürde an und laden ein zur Begegnung zwischen denen, die hier einst lebten, und jenen, die heute hier Zukunft gestalten.
 
Bildunterschrift: Gedenkveranstaltung am 20. Juli 2021

Text & Foto: Landeshauptstadt Magdeburg