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TV-Tipp-News: „Europas missbrauchte Kinder“ ab 20.15 Uhr auf 3sat


Veröffentlicht am 20. März 2024

Als Kinder wurden sie Opfer von Missbrauch von Staat, Kirche oder den eigenen Eltern. Heute kämpfen sie dafür, ein normales Leben führen zu können und Gerechtigkeit zu erfahren.

Die Rumänin Sarmanca Fechete hat einen Kinder-Gulag im Kommunismus überlebt, der Deutsche Karl Haucke wurde von einem katholischen Priester vergewaltigt. Der Schweizer Guido Fluri kämpft dafür, dass die EU solche Missbräuche nach dem Modell der Schweizer aufarbeitet.

Karl Haucke ist heute 72 Jahre alt. Als Teenager wurde er von einem katholischen Priester im Internat missbraucht. Fast 60 Jahre lang verdrängte Karl seine dunkle Vergangenheit - bis 2010 eine Welle von Missbrauchsfällen die katholische Kirche in Deutschland erschütterte. Seither befindet sich der Kölner auf Berg- und Talfahrt: Selbstmordversuch, Verarbeitung seines Missbrauchs als Aktivist für Kinderrechte, während seine Ehe in die Brüche geht. Derweil die katholische Kirche den systematischen Missbrauch mehr schlecht als recht aufarbeitet, passiert in Rumänien: nichts. Dabei sorgten die Bilder der wie Tiere dahinvegetierenden, mit Exkrementen beschmierten Heimkindern vor 33 Jahren weltweit für Entsetzen. Sie waren die Opfer des wahnwitzigen Plans von Diktator Nicolae Ceaucescu, eine neue kommunistische Gesellschaft zu schaffen, in dem jede Frau vier Kinder gebären sollte. Kinder, die als schwach oder krank galten, wurden in Heime abgeschoben - faktisch waren es Todeslager.

Die 38-jährige Sarmanca Fechete ist eine der wenigen, die den Kinder-Gulag von Cighid überlebt hat. Von Psychotherapie hat sie noch nie etwas gehört. Die wegen der Unterernährung nur 1,45 Meter große Frau sagt, einzig ihre zwei Kinder würden sie am Leben erhalten. Auf den Spuren von Sarmancas dunkler Vergangenheit führt der Film in das heute verlassene Schloss, in dem die Kinder untergebracht waren. Dort findet man die damalige Leiterin des Todeslagers: eine Frau ohne Reue, die heute noch als Ärztin arbeitet. Auch über 30 Jahre nach dem Fall des Kommunismus wurde sie weder angeklagt noch verurteilt. Sarmanca aber schöpft Hoffnung, als der Schweizer Multimillionär Guido Fluri sie einlädt, als Zeugin vor dem Europarat in Straßburg auszusagen.

Fluri ist von der eigenen Geschichte getrieben: Auch er war ein Heimkind, Sohn einer schizophrenen Mutter. Der gelernte Tankwart hat es durch Immobiliendeals zum Multimillionär gebracht. Seine Vergangenheit aber vergisst er nie. In der Schweiz war Fluri der Treiber hinter der Wiedergutmachungsinitiative: Der Staat musste sich bei den sogenannten Verdingkindern entschuldigen und Entschädigungen bezahlen. Fluris Mission: Gesetze nach dem Modell der Schweiz in EU-Ländern durchbringen. Die Kamera begleitet ihn beim Werben für politische Unterstützung seiner Initiative im Europarat, bei Gesprächen mit Politikern und kirchlichen Würdeträgern, denen sich der Selfmademan heute noch unterlegen fühlt. Wird Guido Fluri es schaffen, Sarmanca und Karl zu helfen?

Film von Karin Bauer

Text / Foto: programm.ard.de / ZDF und SRF