Januar 2022 (ams). Starker Zeitdruck- und hohe
Verantwortung, Druck von Vorgesetzten, dazu Ärger mit Angehörigen: Viele
professionell Pflegende leiden unter Dauerstress. Die Symptome sind vielfältig
und betreffen meist Körper und Psyche: Entkräftung kombiniert mit
Schlafstörungen, Gefühlen der
Überforderung und Überlastung. Folgt auf Phasen der Anspannung keine
ausreichende Erholung, droht das sogenannte Burnout-Syndrom. Der englische
Begriff "Burnout" bedeutet "ausbrennen" und bezeichnet
einen chronischen Erschöpfungszustand.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Burnout nun
erstmalig als Berufsphänomen beschrieben und genauer erklärt. Sie ordnet es als
Folge von chronischem Arbeitsstress, also ausschließlich arbeitsbedingt im
neuen internationalen ICD-11-Katalog ein, der seit Januar 2022 in allen
WHO-Staaten gilt.
Laut der Stiftung Deutsche Depressionshilfe gibt es zu
Burnout keine klaren Diagnosekriterien. Burnout ist ein Prozess, der bis zum
Zusammenbruch führen kann, aber es ist keine eigene psychische
Krankheit. Dennoch können sich hinter dem "Ausgebranntsein" auch
Erkrankungen, wie eine Depression, eine Angststörung oder ein chronisches Müdigkeitssyndrom verbergen. Die Unterscheidung ist
schwierig und daher eine sorgfältige fachärztliche Abklärung wichtig. Nur so
kann festgestellt werden, welche Gründe es für die Erschöpfung gibt und welche Behandlung
erforderlich ist.
Fehlzeiten wegen eines Burnouts nehmen zu
Die Arbeitsunfähigkeitstage, in denen Burnout ärztlich
angegeben wurde, nehmen stark zu. Laut Fehlzeiten-Report 2021 des
Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WidO) haben sie sich innerhalb von zehn
Jahren bei den AOK-Versicherten um fast 36 Prozent erhöht. Die Betroffenen
fehlen mit 30 Tagen auch wesentlich länger als der Bundesdurchschnitt aller
Erkrankten in Deutschland wie das Statistische Bundesamt errechnet hat. Dies
ist sowohl für die Betroffenen, als auch für
Unternehmen eine Belastung.
Anzeichen für Burnout am Arbeitsplatz
Ein Gefühl des
"Ausgebranntseins" ist immer eine Mischung aus
persönlichkeitsbedingten und äußeren Faktoren, die sich länger anbahnen.
Burnout macht sich meist bemerkbar durch:
Eine tief anhaltende emotionale und körperliche
Erschöpfung,
die Arbeit wird zunehmend als belastend und
frustrierend wahrgenommen. In Folge entwickeln Betroffene eine emotionale
Distanz und Abstumpfung gegenüber den Kolleginnen
und Kollegen und der Arbeit an sich
die tägliche Leistungsfähigkeit in Beruf und Alltag
leidet; alles wird lustlos und unkonzentriert erledigt, alles wird negativ
gesehen oder zynisch kommentiert
Quelle: Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
(IQWiG)
Pflegekräfte sind besonders gefährdet
Burnout trifft vor allem helfende Berufe -
Pflegekräfte stehen nach Analysen des Fehlzeiten-Reports 2021 gleich hinter den
Sozialarbeitern/Sozialpädagogen auf den Plätzen zwei bis vier. Dabei sind
Frauen deutlich länger krankgeschrieben als Männer. Mit zunehmendem Alter
steigt bei beiden Geschlechtern das Risiko infolge eines Burnouts
krankgeschrieben zu werden.
"Professionelle Pflegekräfte stehen nicht erst
seit der Covid-19-Pandemie stark unter Druck", sagt Werner Winter, Experte
für Betriebliche Gesundheitsförderung im
AOK-Bundesverband. So belasten unter anderem ungünstige
Arbeitsbedingungen, wie Schicht- und Springerdienste, Überstunden und zu wenig
Personal die Gesundheit der Pflegekräfte. Auch hohe emotionale Anforderungen,
mangelnde Unterstützung und Wertschätzung am Arbeitsplatz oder schlechte
Arbeitsorganisation setzen der Psyche zu. Das Gefühl,
den Job nicht mitgestalten zu können, und dort ständig im Überforderungsmodus
zu sein, können zu Rückzug und Frustration führen
und stehen mit einem höheren Burnout-Risiko in Verbindung, wie der
HTA-Forschungsbericht dazu feststellt.
Das können Führungskräfte tun
"Damit der Pflegejob nicht krank macht, sind Führungskräfte und Arbeitgeber gefordert, die krank
machenden Strukturen zu beseitigen. Sie müssen
vorbeugen und die Belastungen im beruflichen Umfeld reduzieren, damit die
Beschäftigten gar nicht erst ins Burnout geraten. Die Führungskraft
sollte immer ein offenes Ohr für die Pflegeteams
haben, eben nah am Geschehen sein und bei ersten Anzeichen, wie Ärger im Team,
unkonzentrierte und überlastete oder frustrierte Mitarbeitende das direkte
Gespräch suchen", so AOK-Experte Winter weiter.
Damit Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser mehr
erfahren, wie sie ihre Pflegekräfte unterstützen
können, hat die AOK die bundesweite Kampagne "Pflege.Kräfte.Stärken"
ins Leben gerufen. Bei Kernthemen, wie Arbeitsorganisation, Aufgabenmanagement
oder selbstbestimmtes Arbeiten unterstützen Onlineangebote
die Pflegekräfte oder die AOK-Berater vor Ort.
"Wenn sich die Führungsebene
aktiv für die Gesundheit ihrer Pflegekräfte einsetzt, hat das
positive Auswirkungen auf die Personalfindung und -bindung. Die
Pflegeeinrichtungen, die sich um die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden kümmern, sind für qualifizierte
Beschäftigte deutlich attraktiver. Die Fluktuation ist zudem geringer. Gesunde,
wertgeschätzte Beschäftigte stärken ein Unternehmen im Inneren genauso wie in
der Außenwahrnehmung", sagt Winter.
Text / Foto: AOK-Bundesverband - ams / pixabay