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978 3 411 72404 8.COV 2D 2

Buchtipp: „Khalid und das wilde Sprachpferd“

Samstag, den 27. Oktober 2018


Wenn die Sprache fremd erscheint 

 

Von Uta Luise Zimmermann-Krause

 

Das neueste Buch von Dunja RamadanKhalid und das wilde Sprachpferd – Geflüchtete begegnen der deutschen Sprache“, erschienen im DUDEN Verlag, ist ein hervorragender Beitrag zum gegenseitigen Verständnis von Geflüchteten aus Kriegsgebieten und Ansässigen in Deutschland. Millionen von Menschen, denen die Perspektive in ihrer Heimat durch Krieg und Verfolgung genommen wurde, trafen in den vergangenen Jahren neben anderen europäischen Ländern, so auch in Deutschland, ein. 

Die Autorin Dunja Ramadan ist als Tochter einer deutschen Mutter und eines ägyptischen Vaters in zwei Kulturen und Sprachen zu Hause. Sie hat in München Arabistik, Judaistik Islamwissenschaften sowie Deutsch als Fremdsprache studiert. Zusätzlich ließ sie sich in der Deutschen Journalistenschule zur Redakteurin ausbilden. Sie arbeitet als Journalistin im Ressort Außenpolitik der Süddeutschen Zeitung mit Schwerpunkt auf der arabischsprachigen Region. 

Im vorliegenden Buch befragt sie vier Protagonisten nach ihren Befindlichkeiten und wie sie in der ersten Zeit nach ihrer Ankunft in Deutschland mit den vielen neuen Dingen umgegangen sind. Sie alle stammen aus Syrien und haben unterschiedliche Berufe wie Rechtsanwältin, Schriftsteller, Dichter. Und sie alle stimmen zu, dass die Sprache der Schlüssel zur Integration ist und weiter dient die Sprache als Plattform für das Eigene und das Fremde. 

Schnell fanden die Protagonisten heraus, dass in Deutschland jeder seine Zeit gut einteilen muss, um dem Leistungsdruck standzuhalten. Und schnell begreifen sie, dass sich andererseits Zielstrebigkeit allemal lohnt. Als Khali nach Deutschland kam, quälte ihn die Tatsache, dass er die deutsche Sprache nicht verstand und sich nicht mit Deutschen unterhalten konnte. Er absolvierte die Sprachkurse und so formte er schon bald Sätze, die ihm halfen, in Gespräche zu kommen, und aus Gesprächen entwickelten sich Freundschaften bis hin zu einer Liebe. Er rät allen Neuankömmlingen, dass es keinen anderen Weg gibt, als die deutsche Sprache zu erlernen. Und er hat beobachtet, dass viele Flüchtlinge Angst haben, Fehler zu machen – auch beim Sprechen. Und deshalb schweigen sie lieber. 

Khalid vergleicht die deutsche Sprache mit einem Pferd, das plötzlich galoppiert, bis der Reiter versteht, es zu zähmen. Khalid schätzt an der deutschen Sprache, dass sie nicht so reformscheu ist wie das Hocharabisch. Redewendungen erschließen sich für Fremde nur schwer, und es dauert seine Zeit, bis man mit den Ausdrücken in einer fremden Sprache jonglieren kann. 

In Deutschland gibt es Gesetze, die einem das „Nein“-Sagen erleichtern. In Syrien herrscht Willkür, und man behält seine eigene Meinung besser bei sich. Araber legen Wert auf Titel, da es starke Klassenunterschiede in der arabischen Gesellschaft gibt. Schon Goethe war von der arabischen Beduinenlyrik begeistert und ließ sich inspirieren, denn im klassischen Arabisch gibt es hunderte Wörter für die Liebe, das Kamel, den Löwen.

„Tue Gutes und wirf es ins Meer“, sagt ein arabisches Sprichwort und meint, erwarte keinen Dank, dann bist Du am glücklichsten. Und in diesem Sinne wollen auch wir die Integration verstehen, wenn wir zum Beispiel in unserem Verein Ottonentheater e.V./Oud Musica Magdeburgensis professionelle Musiker unterstützen, die eine zauberhafte Mischung aus arabischen und europäischen Klängen präsentieren und mit der rauen und voluminösen Stimme des Sängers Gänsehaut erzeugen bei Deutschen und Arabern. So bringt die Integration alle Beteiligte in Erfüllung. 

Bedenklich ist jedoch, wenn die Protagonistin Lina, die Dichterin, unter Heimweh und Einsamkeit leidet, denn so wird das „Ankommen“ in der Fremde verhindert. Auch das Warten auf eine Familienzusammenführung ist hinderlich für das Ankommen in der neuen Heimat. Doch „die syrische Willkürherrschaft hat eine Gesellschaft hervorgebracht, die kein Erbarmen kennt“, sagt Lina. So gibt es noch eine Reihe Befindlichkeiten, Nöte, Ängste, die zum teil mit Hilfe der neuen Sprache überwunden werden können. „Khalid und das wilde Sprachpferd – Geflüchtete begegnen der deutschen Sprache“ ist spannend und berührend zugleich erzählt und sehr empfehlenswert.

  

  • Dunja Ramadan,

Khalid und das wilde Sprachpferd –

Geflüchtete begegnen der deutschen Sprache.

144 Seiten, 4 Abbildungen, 

gebunden, Hardcover, Schutzumschlag,

DUDEN Verlag, 2018

ISBN 978-3-411-72404-8

Preis: 15,00 EUR (D), 15,50 EUR (A)