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Buchtipp „Die Reiter der Apokalypse – Geschichte des Dreißigjährigen Krieges“

16. Mai 2018

Das Geschäft mit dem Tod zur Wiederherstellung der Ordnung“

Rezension von Uta Luise Zimmermann-Krause

In seinem neuesten Buch „Die Reiter der Apokalypse – Geschichte des Dreißigjährigen Krieges“ präsentiert der Autor Georg Schmidt eine gründliche Schilderung jener Ereignisse, die das europäische 17. Jahrhundert und darüber hinaus bestimmen sollten. Georg Schmidt ist Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Friedrich-Schiller-Universität zu Jena und einer der angesehensten Experten für die Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. 

In facettenreicher Sprache schildert der renommierte Historiker die Verwerfungen nicht nur deutscher Geschichte. In drei übersichtlich gegliederten Teilen: I. Spuren, II. Dreißig Jahre, III. Der Frieden; gewährt der Autor Einblicke in die Zeit der Cherusker, die unter Hermanns Führung ihre Freiheit gegen die Römer behaupteten und später das Reich in römisch-deutscher Kaiserherrschaft fortführten. Durch eigenes Verschulden und die Intrigen des Papstes wurde der Verfall provoziert. Dem Reformator Luther gelang die Errichtung der evangelischen Kirche neben der römisch-katholischen Tradition, und die Macht ging von Kaiser und Reich auf fürstliche Lehensträger über. Da nur ein Teil der Fürsten Luthers Vorstellungen folgte und die alte Kirche entmachtete, führte die gesamte innere Uneinigkeit zu einer Krise, die sich im Dreißigjährigen Krieg entlud. 

Ein Geschehen, das Deutschland verwüstete und politisch entmündigte. Das Heilige Römische Reich verkörperte die letzte Ordnung der Welt und war das vierte und letzte der Universalreiche, so bestätigt von Melanchthon - Luthers Freund - denn für das Luthertum war mit der Identifikation des Papsttums als Antichrist das letzte Zeitalter angebrochen. Der Papst bannte Luther und Kaiser Karl V. verhängte die Reichsacht über den selbsternannten Propheten. Doch ohne den Buchdruck hätte Luther seine Pamphlete nicht in der Menge und kurzen Zeit publizieren und über weite Landstriche verteilen können. Alle Geschöpfe unterlagen Gottes Vorsehung und waren frei, um zu glauben und Gottes Gnade anzunehmen. Die verängstigten Menschen suchten Antworten auf ihre Fragen.

Im Herbst 1618 erschien ein Komet am Himmel, und die Menschen deuteten diese Schweifsterne stets als Strafdrohung Gottes neben der Pest, den Juden als Brunnenvergifter und den Zügen der Flagellaten oder den Türkenkriegen. 

Die Menschen wurden für ihr sündiges Leben gestraft mit Kriegen, Hungersnöten und Seuchen. Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Frieden bildeten den Tiefpunkt deutscher Geschichte durch die Reformation, die Deutschland spaltete. Anschließend wurde es geeint durch den Nationalstaat. Doch bis zur Einigung im Westfälischen Frieden vergingen Jahre, weil jeder der Verhandelnden in Prunk und Protz seine Vorteile suchte. Jeder historische Anfang besitzt Ursachen und jedes Ende Folgen. So auch der radikale Umbruch im Mittelalter. Die göttliche Ordnung war nicht mehr gegeben und Luther versuchte mit seinem Versprechen der göttlichen Gnade den Menschen die Angst zu nehmen, was misslang. Nur weil Rom selbst in innere Konflikte verwickelt war, kam eine Gegenreaktion der römisch-katholischen Kirche zu spät gegen die Spaltung der Kirche. Gerechte Kriege sollten eine Entscheidung herbeiführen. Die Gläubigen verharrten zwischen Angst und Hoffnung, befangen im Glaubenskrieg gegen den Antichristen, gegen gottverdammte Ketzer und Häretiker. 

Im Jahr 1515 war Erasmus von Rotterdam zum Erzieher und Ratgeber des späteren Kaisers Karl V. eingesetzt worden. Als Christ lehnte Erasmus Kriege ab, insbesondere religiös geprägte kriegerische Auseinandersetzungen. Sie brächten keine Lösung, sondern begünstigten lediglich Gewalt und Unterdrückung, so Erasmus. Er ermahnte die Monarchen Europas, dass ihre Rechte vom Volk herrührten und sie für Frieden und Gemeinwohl verantwortlich und Gott Rechenschaft schuldig seien. Doch auch die Jahre vor 1618 versprachen durch die Suche nach neuen politischen Möglichkeiten im Schmalkaldischen Bund und Umverteilen in der katholischen Liga, eingeschlossen die Gefahr der Türkenkriege und der böhmischen Rebellion, keine Besserung. Die allgemeine Unruhe nahm zu durch Streitigkeiten wie den habsburgischen Bruderzwist u.v.a.m..

Schließlich löste der Prager Fenstersturz den Krieg aus, der bis zur Unterzeichnung des Westfälischen Friedens in Mitteleuropa dreißig Jahre, fünf Monate und einen Tag wütete. Selbst die Kriegsherren Wallenstein, Tilly, gleichwohl sie im Auftrag der Herrscher den Erfolg suchten, dachten nicht zuletzt daran ihre Macht auszubauen und trotzdem ihren Auftraggebern gefällig zu sein. Unzählige verheerende Kämpfe – mit und ohne Erfolg – ließen ganze Landstriche ausbluten mit Millionen Toten. Die Umwertung der deutschen Freiheit in «… Dienen, sich unterordnen, … macht wahrhaft frei…», führte zu einem Nationalstaat, der aus Untertanen bestand. Er führte in die Katastrophe von Naziregime, Zweitem Weltkrieg und Holocaust. Das vorliegende Buch „Die Reiter der Apokalypse – Geschichte des Dreißigjährigen Krieges“ hilft, die Vergangenheit zu verstehen und die Zukunft zu gestalten. Empfehlenswert! 
    
Georg Schmidt.
Die Reiter der Apokalypse – Geschichte des Dreißigjährigen Krieges,
810 Seiten, gebunden, Hardcover,  
44 Abbildungen, 3 Karten,
Verlag C.H.Beck, 2018
ISBN 978-3-406-71836-6
Preis: 34,00 EUR