Berlin (dts Nachrichtenagentur/MDN) - Mehr als die Hälfte
der Gemeinden in Deutschland verfügt trotz des anhaltenden Booms der
Elektromobilität über keine öffentlich zugängliche Ladesäule für E-Autos. Das
berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagausgaben) unter Berufung
auf Zahlen der Bundesnetzagentur zum Stichtag 1. November. Demnach verfügen von
den insgesamt 10.796 Gemeinden der Bundesrepublik genau 6.516 über keine
einzige Ladesäule für Stromer.
Die Daten gehen aus einer Antwort des
Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Linke-Fraktionsvorsitzenden
Dietmar Bartsch hervor. Bundesweit gibt es demnach 25.376 öffentlich
zugängliche Ladeeinrichtungen mit 49.207 Ladepunkten für Besonders groß ist der
Mangel den Angaben zufolge im Heimatbundesland des neuen
Bundesverkehrsministers Volker Wissing (FDP), Rheinland-Pfalz. Dort gibt es in
1.962 der 2.302 Gemeinden keine öffentliche Elektro-Ladesäule.
Das vergleichsweise kleine Bundesland hat nach der
Gemeindereform in den 1970er-Jahren jedoch so viele rechtlich selbstständige
Gemeinden behalten wie kein anderes Bundesland in Deutschland. Auch in der
Heimat von Wissings Amtsvorgänger Andreas Scheuer (CSU) lässt sich das E-Auto
nicht unkompliziert auftanken. In den 2.056 bayerischen Gemeinden gibt es zwar
die bundesweit meisten öffentlichen Ladepunkte - nämlich 10.147 -, aber 994
Gemeinden sind bislang nicht versorgt.
Besonders krass ist das Missverhältnis in
Mecklenburg-Vorpommern, wo Stromtankstellen in 622 der 726 Gemeinden fehlen.
Ebenso in Thüringen: 633 Kommunen gibt es, 491 haben keine für jeden
zugängliche Stromtankstelle. Wem dagegen in Nordrhein-Westfalen eine
Lademöglichkeit für sein Elektroauto sucht, hat nur in acht der 396 Kommunen ein
Problem.
Die Statistik der Bundesnetzagentur umfasst alle öffentlich
zugänglichen Ladepunkte für Elektroautos mit einer Ladeleistung von mindestens
3,7 Kilowatt und einer Inbetriebnahme nach dem 17. März 2016.
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch bemängelte angesichts dieser Zahlen ein
"großes Ladesäulenversagen". Der Umstieg auf E-Mobilität könne nicht
gelingen, wenn Politik die Bereitstellung von Infrastruktur verschlafe.
"Wenn mehr als jede zweite Gemeinde in Deutschland ohne öffentlich zugängliche
Ladesäule ist, fehlt die Voraussetzung für den Umstieg, insbesondere in
ländlichen Regionen", sagte er den Funke-Zeitungen.
Jede Gemeinde müsse ans Netz. Minister Wissing kreidete er
eine "desaströse" Bilanz in seiner Heimat Rheinland-Pfalz an.
"Statt den Kauf von Elektroautos mit Milliarden zu subventionieren, muss
die künftige Bundesregierung Milliarden in ein bundesweites Ladesystem
investieren", forderte Bartsch.
Text / Foto: dts / pixabay