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Angern von Eva Linke   RaykWeber

Magdeburg-News: Haushaltsentwurf der Landesregierung verspricht Stillstand • von Angern (Linke)



veröffentlicht am Samstag, 9. September 2023

Magdeburg. Eva von Angern, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Landtag, betont in der aktuellen Landtagsdebatte um den Entwurf zum Landeshaushalt 2024:

„Die [vergangenen] Jahren waren der Landeshaushalt vor allen Dingen in einem Punkt rekordverdächtig – bei der Verspätung, mit der die Entwürfe eingebracht und die Haushalte beschlossen werden konnten, mit all den Wirkungen für die Fördermittelempfänger. Offensichtlich waren diese Verspätungen der Uneinigkeit innerhalb der Koalition geschuldet, die auch während der Verhandlungen sichtbar wurden. Der Finanzminister ist in solchen Fällen der Nutznießer der Uneinigkeit: Er kann sparen. Wenn ein Haushalt erst im April oder Juni in Kraft tritt, sind weniger Auszahlungen möglich und der Haushalt wird zulasten der Zuwendungsempfänger und der öffentlichen Infrastruktur zurechtsaniert.

Der aktuelle Haushaltsentwurf ist alles andere als fertig. Die Globalen Minderausgaben bilden mit 432 Millionen Euro fast 3 Prozent des Gesamthaushaltsvolumens. Globale Minderausgaben sind Sparvorgaben, bei denen sich die Koalition aber noch nicht einigen konnte, wo genau gespart werden soll und sie liegen diesmal vielleicht sogar über der Grenze dessen, was die Verfassung erlaubt. Die Landesregierung hat die Verantwortung, jetzt zu sagen, wo sie sparen wollen. Die Menschen in unserem Land haben ein Recht auf diese Transparenz. Insofern bedaure ich umso mehr, dass die CDU-Fraktion die aktuelle Debatte „Demokratische Prozesse brauchen Achtung, Respekt und Akzeptanz“ zurückgezogen hat.

Ich hätte diese nicht genutzt, um mit Ihnen über die Schwindeleien Ihres Landtagspräsidenten zu diskutieren, sondern über die Verantwortung, die auch Sie als Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben. Die Debatte um den Haushalt wird begleitet von der fast unfassbaren Idee, für die öffentliche Verwaltung einen Einstellungsstopp bis zum 31. Mai 2024 zu veranlassen um 19 Millionen Euro einzusparen. Die Ministerien konnten noch bis zum 31. Juli dieses Jahres ausschreiben und zu diesem Zeitpunkt waren plötzlich über 300 Stellen im Landesportal online. Die Verwaltung jagt sich damit gegenseitig die Fachkräfte ab. Am Ende bleiben Stellen unbesetzt und dann tritt der Einstellungsstopp in Kraft. Diejenigen, die erst 2024 mit dem Studium fertig sind oder einen Job suchen, gehen leer aus.

Vermutlich wird Sachsen-Anhalt bis auf weiteres kein kompetentes Fachpersonal in IT, Bau und Medizin anziehen können. Danke für nichts! Das ist genau der Stillstand, den ich dem Ministerpräsidenten vorwerfe. Der leise Verdacht drängt sich auf, dass CDU, SPD und FDP keine Koalition der Zukunft, sondern eine des Stillstands, des Phlegmas ist.

Die Landesregierung scheint nicht einmal ansatzweise einen Überblick zu haben, wo Über- oder Unterkapazitäten bei ihrem Personal bestehen. Sie muss dringend diesen Überblick bekommen und ein zukunftsfähiges Personalentwicklungskonzept entwickeln! Gerade in Zeiten der sich überlagernden globalen Krisen, darf der Staat sich nicht dünne machen. Kurz- oder mittelfristig steigende Zinsen dürfen nicht als Rechtfertigung dienen, den rechten Demagogen unsere Demokratie auf dem Silbertablett zu servieren. Das tut man aber, wenn man Programmen zur politischen Bildung, zur Gewalt- und Radikalisierungsprävention die Mittel streicht!

Das ist der letzte Landeshaushalt vor den Kommunalwahlen 2024 und die Landesregierung entscheidet, welche Signale an die kommunalen Vertreter[...] ausgesandt werden. Die Landesregierung bestimmt, ob unsere kommunalen Mandatsträger[...] in ihrer Sorge bestärkt werden, nur noch über die Erhöhung von Kita- und Friedhofsgebühren entscheiden zu können oder ob sie noch Spielraum für die Gestaltung lebenswerter Kommunen haben.

Das Armutsrisiko in Sachsen-Anhalt ist eklatant höher als im Durchschnitt der Bundesrepublik, höher als im Rest von Ostdeutschland. Das ist alarmierend, insbesondere wenn man sich anschaut, wer zuerst davon betroffen ist. Mehr als die Hälfte der Alleinerziehenden in unserem Land sind von Armut betroffen. Das höchste Armutsrisiko besteht für Alleinerziehende, junge Erwachsene, Erwerbslose und Menschen mit Migrationsgeschichte. Wir können es uns wirtschaftlich und auch fiskalisch nicht mehr leisten, auch nur ein Kind in Armut zurückzulassen!

Wir als Fraktion DIE LINKE kämpfen seit Jahrzehnten für eine bessere Kinderbetreuung und bessere Bildungschancen in Schulen. Dafür brauchen wir motivierte Lehrkräfte, aber eben auch Schulsozialarbeit an allen Schulen. Die Landesregierung muss sich zu einem  Landesprogramm für die Schulsozialarbeit durchringen!

Das Preisniveau stabilisiert sich, aus Sicht der Geringverdiener[...], auf einem extrem hohen Niveau. Die höheren Erlöse kommen fast ausschließlich den Aktionären[...] aus Industrie und Handel zugute. Bürgergeld, Mindestlohnerhöhung und Kindergrundsicherung sind die reinsten Mogelpackungen, die den ärmsten Haushalten im Land kaum zum Leben reichen, auf jeden Fall nicht vor Armut schützen und nach den Rekord-Dividenden der letzten Jahre sollen nun auch noch die Unternehmenssteuern gesenkt werden.

Wir werden nicht nur im Finanzausschuss, sondern auch in den Fachausschüssen, die Schulsozialarbeit im Land verteidigen, die Gesundheitsversorgung und den Fachärztemangel im Fokus haben und selbstverständlich all die Vereine und Verbände, die das Leben in Sachsen-Anhalt lebenswert machen. Wir wollen die kleinen und mittleren Unternehmen unterstützen, denn sie sind das Rückgrat des Landes. Abschließend fordere ich von der Landesregierung:
  1. Sorgen Sie dafür, dass die Kommunen aufgabengerecht finanziert werden und nicht nur den Mangel verwalten müssen!
  2. Sorgen Sie für Haushaltsklarheit und verkaufen die Menschen nicht weiter für dumm!
  3. Erarbeiten Sie ein Personalentwicklungskonzept für unser Land, das seinen Namen verdient und vor allem den Menschen in unserem Land dient!
  4. Setzen Sie sich im Interesse der Kinder und Jugendlichen in unserem Land für eine echte Kindergrundsicherung im Bund ein!
  5. Wir brauchen eine echte Steuerreform: Vermögenssteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuer. Das stellt unser Land langfristig auf starke finanzielle Füße.“

Text: DIE LINKE. Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt
Foto: Rayk Weber