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Bundesverwaltungsgericht: Sektorale Heilpraktikererlaubnis für ausgebildete Logopäden möglich

Freitag, den 11. Oktober 2019

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat gestern entschieden, dass eine ausgebildete Logopädin
eine Erlaubnis zur eigenverantwortlichen Ausübung der Heilkunde nach dem Heilpraktikergesetz
begrenzt auf den Bereich der Logopädie erhalten kann. Für die Erlaubniserteilung muss sie sich
einer eingeschränkten Kenntnisüberprüfung unterziehen.

Die Klägerin ist ausgebildete Logopädin mit eigener Praxis in Baden-Württemberg. Im März 2015
beantragte sie die Erteilung einer auf das Gebiet der Logopädie beschränkten (sektoralen)
Heilpraktikererlaubnis. Das beklagte Land lehnte dies ab, weil die Erlaubnis grundsätzlich nur
unbeschränkt erteilt werden könne. Soweit eine Ausnahme in Betracht komme, wenn ein Antragsteller
die Heilkunde nur auf einem abgrenzbaren Gebiet ausüben wolle, lägen diese Voraussetzungen hier
nicht vor. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Voraussetzungen einer sektoralen
Heilpraktikererlaubnis für das Gebiet der Logopädie bejaht und den Beklagten verpflichtet, über
den Antrag der Klägerin erneut zu entscheiden. Die Berufung des Beklagten vor dem
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ist ohne Erfolg geblieben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat auch die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Die Vorinstanzen
haben zutreffend entschieden, dass die Klägerin eine auf das Gebiet der Logopädie begrenzte
Heilpraktikererlaubnis erhalten kann, sie sich dafür allerdings einer auf die beabsichtigte
sektorale Heilkundeausübung zugeschnittenen Kenntnisüberprüfung unterziehen muss. Der
Gesundheitsfachberuf des Logopäden ist auf eine Krankenbehandlung nach ärztlicher Verordnung
ausgerichtet. Die Ausbildung zum Logopäden berechtigt nicht zur eigenverantwortlichen Ausübung der
Heilkunde. Die gesetzliche Fixierung des Berufsbildes steht andererseits einer eigenverantwortlichen
Ausübung der Heilkunde mit den Mitteln der Logopädie nicht entgegen, wenn die Voraussetzungen des
Heilpraktikergesetzes für die Erteilung einer Erlaubnis erfüllt sind. Diese Erlaubnis kann bei
ausgebildeten Logopäden auf ihr Fachgebiet beschränkt werden. Es ist im Lichte der Berufsfreiheit
aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht gerechtfertigt, die Klägerin auf den Erwerb einer uneingeschränkten
Heilpraktikererlaubnis und damit auf eine umfassende Kenntnisüberprüfung zu verweisen, wenn sie
nur auf dem abgrenzbaren Gebiet der Logopädie heilkundlich tätig werden will. Die nach dem
Heilpraktikerrecht zum Schutz vor Gesundheitsgefahren vorgeschriebene Kenntnisüberprüfung ist auf
solche Kenntnisse und Fähigkeiten zu beschränken, die zur eigenverantwortlichen Anwendung von
Logopädie erforderlich und nicht bereits durch die Berufsausbildung vermittelt worden sind.

Im Parallelverfahren einer Klägerin, die eine sektorale Heilpraktikererlaubnis für den Bereich der
Ergotherapie erstrebt, hat die Revision des Beklagten Erfolg gehabt. Die Vorinstanzen hatten den
Beklagten zur Neubescheidung des Antrags der Klägerin verpflichtet. Das Bundesverwaltungsgericht
hat das angefochtene Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und
Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückverwiesen. Die Ausübung der
Heilkunde i.S.d. Heilpraktikergesetzes umfasst jede berufs- oder gewerbsmäßige Tätigkeit zur
Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen.
Wegen der mit dem Erlaubniszwang verbundenen Beschränkung der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1
GG fallen darunter regelmäßig nur solche Heilbehandlungen, die heilkundliche Fachkenntnisse
erfordern und nennenswerte gesundheitliche Schäden verursachen können. Der Beklagte hat die
berufungsgerichtlichen Feststellungen dazu, dass die von der Klägerin beabsichtigte Anwendung von
Ergotherapie ohne ärztliche Verordnung nennenswerte Gesundheitsgefährdungen zur Folge haben
könne, mit Erfolg angegriffen. Das Bundesverwaltungsgericht kann die erforderlichen tatsächlichen
Feststellungen zur Gefahrengeneigtheit der beabsichtigten Tätigkeit nicht selbst treffen. Die Sache
war daher zur weiteren Sachaufklärung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

Die Revisionen von drei Klägern, die vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erfolglos die
Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer auf den Bereich der Osteopathie begrenzten
Heilpraktikererlaubnis begehrt haben, hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen. Das
Berufsbild des Osteopathen ist nicht hinreichend klar umrissen, so dass es an der für eine
sektorale Heilpraktikererlaubnis erforderlichen Abgrenzbarkeit der erlaubten Heiltätigkeit fehlt.


BVerwG 3 C 8.17 - Urteil vom 10. Oktober 2019 

BVerwG 3 C 15.17 - Urteil vom 10. Oktober 2019 

BVerwG 3 C 16.17 - Urteil vom 10. Oktober 2019 

BVerwG 3 C 17.17 - Urteil vom 10. Oktober 2019 

BVerwG 3 C 10.17 - Urteil vom 10. Oktober 2019 

Foto: Bundesverwaltungsgericht in Leipzig / Copy BVerwG