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Neumann Becker Birgit Landesbaauftragte Stasi Unrecht DDR   BarbaraFranke

Magdeburg-News: Hilde Benjamin und die DDR-Justiz – Online-Veranstaltungsreihe am 23. Januar


veröffentlicht am Sonntag, 21. Januar 2024

Magdeburg. „Hilde Benjamin und die DDR-Justiz“ ist der Titel der Online-Veranstaltung am Dienstag, den 23. Januar von 17 bis 18 Uhr. Den Vortrag hält Dr. Sebastian Richter, der Leiter der Außenstelle des Bundesarchivs, Stasi-Unterlangen-Archiv in Frankfurt (Oder). Die Veranstaltung findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe „SED-Unrecht: Aufarbeitung und Rehabilitierung kompakt in 60 Minuten“ der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur statt. Die Teilnehmer sind herzlich zu einer Diskussion und Nachfragen zu den Themen der Reihe eingeladen.

Interessierte können sich zu der Veranstaltung anmelden, entweder per E-Mail unter veranstaltung@lza.lt.sachsen-anhalt.de oder telefonisch unter 0391 560 15 15. Der Zugangangslink oder die Rufnummer für eine telefonische Teilnahme wird dann kurz vor der Veranstaltung zugesandt.

Birgit Neumann-Becker (Foto): „Hilde Benjamin wurde im Volksmund erst die ‚Rote Hilde‘ und später die ‚Guillotine‘ genannt – damit ist ihr Wirken trefflich beschrieben. Sie forderte und verhängte Todesstrafen auch im Zusammenhang mit dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953. Durch Benjamin wurde die Justiz in der DDR maßgeblich mit der Politik der SED gleichgeschaltet und funktionierte so als Mittel der Durchsetzung politischer Ziele
denen das Recht untergeordnet wurde. Sie wurde 1902 in Bernburg geboren. In unserer Veranstaltung nähern wir uns ihrem Leben und Wirken.“

Hintergrund: Hilde Benjamin wurde am 5. Februar 1902 als Hildegard Lange in Bernburg (Saale) geboren. Ihr Vater war kaufmännischer Angestellter bei den Bernburger Solvay-Werken und wurde später Leiter einer Tochterfirma in Berlin. Nach ihrem Abitur studierte sie als eine der ersten Frauen Jura in Berlin, Heidelberg und Hamburg. Nach dem Zweiten Staatsexamen ließ sie sich 1928 als Rechtsanwältin im Berliner Arbeiterbezirk Wedding nieder. 1926 heiratete sie den Arzt Georg Benjamin, einen Bruder von Walter Benjamin.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde ihr Mann auch wegen seiner jüdischen Herkunft mehrfach verhaftet und verfolgt. Er starb 1942 im KZ Mauthausen. Sie selbst durfte nicht mehr als Anwältin arbeiten.

Nach Kriegsende leitete sie die Abteilung Personal in der Deutschen Zentralverwaltung für Justiz in der Sowjetischen Besatzungszone. Hier war sie auch für die Auswahl von partei- und linientreuen „Volksrichtern“ verantwortlich. Von 1949 bis 1953 war sie Vizepräsidentin des Obersten Gerichts der DDR.
Der Leitsatz: „Artikel 6 [Kriegs- und Boykotthetze] der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik ist ein unmittelbar anzuwendendes Strafgesetz“ im Urteil vom 4. Oktober 1950 in dem von ihr geleiteten Verfahren gegen Mitglieder der Zeugen Jehovas schrieb Rechtsgeschichte: Er erleichterte die Verfolgung von Gegnern der SED-Diktatur. Nach dem Aufstand vom 17. Juni 1953 leitete Hilde Benjamin im Auftrag des Politbüros einen Operativstab, der die Gerichtsentscheidungen gegen Teilnehmer des Aufstandes steuerte und kontrollierte. In diesem Zusammenhang forderte sie die Verhängung der Todesstrafe gegen den Magdeburger Gärtner Ernst Jennrich, obwohl das zuständige Bericht Zweifel an dessen Schuld hatte. Am 15. Juli 1953 wurde Hilde Benjamin zur Justizministerin ernannt. In dieser Funktion war sie maßgeblich an der Ausarbeitung des neuen Strafgesetzbuches mit seinen politischen Strafrechtsparagraphen verantwortlich.

Hilde Benjamin trat 1946 in die SED ein. Von 1949 bis 1967 war sie Abgeordnete der Volkskammer und von 1954 bis 1989 Mitglied des Zentralkomitees der SED. Sie starb am 18. April 1989 in Ost-Berlin.


Text: Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
Foto: Barbara Franke