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Windkraft Anlage Nacht pixabay

Magdeburg-News: Windkraft im Wald nur in Ausnahmen zulässig – NABU-Landesvorsitzende Alsleben


veröffentlicht am Sonntag, 14. Januar 2024

Magdeburg. „Die geplante Änderung des Waldgesetzes führt nicht dazu, dass in Wäldern Windkraftanlagen künftig generell erlaubt sind.“ Mit dieser Richtigstellung der Landesvorsitzenden des NABU, Katja Alsleben, greift der Umweltverband in die aktuell aufgeheizte Diskussion über Windkraft im Wald ein.

Das Waldgesetz Sachsen-Anhalt enthält derzeit noch folgenden Passus: „Eine Umwandlung (von Wald) zur Errichtung von Windenergieanlagen ist nicht zulässig.“ „Dieses generelle Verbot hat faktisch keinen Bestand mehr. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Entscheidung vom 27. September 2022 (1 BvR 2661/21) eine ähnliche Bestimmung im Waldgesetz Thüringen wegen Verstoßes gegen Kompetenzvorgaben des Grundgesetzes aufgehoben. Damit hat auch das Verbot im Waldgesetz Sachsen-Anhalt seine Wirkung verloren, die geplante Aufhe-bung ist eine reine Formsache“, so Peter Kremer, der rechtliche Berater des NABU.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Windkraftanlagen im Wald nun generell oder zumindest in der Regel zulässig sind. Für Windkraftanlagen gilt nach wie vor das übliche Genehmigungserfordernis. Dies bedeutet: Windkraftanlagen im Wald sind nur zulässig, wenn keine anderen Rechte entgegenstehen.

Der häufigste Konflikt ist der zwischen Windkraft und Artenschutz. Werden Windkraftanlagen an Standorten genehmigt, an denen sie schützenswerte Tierarten wie beispielsweise Fledermäuse oder besonders geschützte Brut- oder Zugvögel gefährden können, sind Ausnahmen oder Befreiungen vom Artenschutzrecht erforderlich. Deren Voraussetzungen liegen aber häufig nicht vor.

Das sog. Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) enthält zum Artenschutzrecht zwar einige Erleichterungen für Windkraftanlagen. Diese gelten aber nur in ausgewiesenen Windenergiegebieten, die wiederum nur ausgewiesen werden dürfen, wenn deren Umweltverträglichkeit geprüft wurde. In sog. Natura 2000-Gebieten, Naturschutzgebieten und Nationalparken gelten die Erleichterungen von vornherein nicht. „Dass jemand Eigentümer einer Waldfläche ist, ändert nichts am rechtlichen Rahmen“, erläutert Peter Kremer.

Im besonderen Fokus im Harz stehen sog. Kalamitätsflächen, also Flächen, die von einem Sturm in Mitleidenschaft gezogen wurden oder durch Borkenkäfer geschädigt wurden. Die weit verbreitete Auffassung, auf solchen Flächen könnten dann ja Windkraftanlagen errichtet werden, ist aber meistens falsch. „Flächen mit totem Holz oder umgestürzten Bäumen sind für den Artenschutz besonders wertvoll“, so Bernd Ohlendorf, stellvertretender Landesvorsitzender des NABU Sachsen-Anhalt und Fledermausexperte. „Sowohl das Totholz als auch die Höhlen umgestürzter Bäume als auch der sich auf solchen Flächen bildende Pionierwald haben immense Bedeutung für bestimmte Tierarten. Damit gilt auf diesen Flächen häufig mehr Artenschutz als im aufstehenden Wald.“ Flächen die abgeerntet wurden, werden z. B von Greifvögeln angeflogen, da sich hier z. B.  Kleinsäugerpopulationen entwickeln. Es entstehen ökologische Fallen für Vögel, Fledermäuse und Insekten auf den Sukzessionsfluren oder bei der Be-pflanzung mit Bäumen.

Die Freihaltung oder Rodung von Waldflächen für Windkraftanlagen widerspricht außerdem dem Klimaschutz und damit dem völkerrechtlichen Abkommen in Paris, weil damit Waldfläche als Kohlenstoffsenke verloren geht. Dies wird sowohl im Waldbericht 2021 der Bundesregierung als auch im Koalitionsvertrag besonders hervorgehoben. Dazu Dr. Anne Arnold, Landesgeschäftsführerin des NABU Sachsen-Anhalt: „Die Umwandlung von Waldflä-chen in Flächen für Windkraftanlagen ist mit dem Klimaschutz nicht zu vereinbaren. denn dies fördert den Auflösungsprozess von Wäldern. Die Kohlenstoffspeicherung in Wäldern trägt zur Verringerung von Treibhausgasemissionen bei. Wälder leisten so einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung des atmosphärischen CO2-Gehalts. Dies gilt auch für Kalamitätsflächen, die keinesfalls tote Flächen darstellen. Im Gegenteil, hier kann man standortangepasste Wälder etablieren.  Der NABU Sachsen-Anhalt fordert daher die Umsetzung von neuen Waldnutzkonzepten, die eine Kohlenstoffsenkenleistung für Waldbesitzer monetär anrechnet, um damit Anreize zur Steigerung des CO2-Minderungspotenzials durch Wälder zu realisieren. 

Der NABU stellt klar, dass er die Energiewende und die Erzeugung regenerativer Energien grundsätzlich unterstützt. Artenschutz, Waldschutz und Klimaschutz müssen aber in Einklang gebracht werden und die sonstigen Wohlfahrtswirkungen des Waldes bspw. für die menschliche Erholung, dem Trinkwasserschutz und für das Lokalklima dürfen aus kommerziellen Interessen nicht in den Hintergrund treten.


Text: NABU Landesverband Sachsen-Anhalt
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