header-placeholder


image header
image
Bildschirmfoto 2023 08 10 um 08.30.34

Studierende entwerfen Flugzeug zur Wiederherstellung der Internetversorgung bei Katastrophen



veröffentlicht am Samstag, 12. August 2023

Berlin. Mit dem ersten Platz hat die Jury des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) bei der diesjährigen DLR Design Challenge das Konzept The Sentinel System der DHBW Ravensburg prämiert. Aufgrund des Klimawandels nimmt das Risiko von Naturkatastrophen, welche einen Ausfall der Kommunikationsinfrastruktur am Boden zur Folge haben können, aktuell auf der ganzen Welt zu. Die Aufgabe der DLR Design Challenge 2023 greift dieses Thema auf und erfordert den Entwurf eines Luftfahrzeugs zur Wiederherstellung der Internetversorgung. Fünf Studierendenteams präsentierten Anfang August 2023 beim finalen Symposium des Wettbewerbs ihre Entwürfe. Gastgeber der diesjährigen Design Challenge sind das DLR-Institut für Systemarchitekturen in der Luftfahrt in Hamburg sowie das DLR-Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik in Braunschweig.

Das Team der DHBW konnte durch einen sehr robusten Entwurf, welcher ganzjährig und selbst bei widrigsten Bedingungen einsetzbar ist, überzeugen. Designentscheidungen wurden laut Jury im Laufe des Entwurfprozesses stringent begründet, um eine Indienststellung bis 2040 zu ermöglichen. Das Sentinel System beinhaltet ebenfalls ein durchdachtes Betriebskonzept, um eine Flotte von Luftfahrtzeugen möglichst schnell von einer eigens entwickelten operationellen Basis zu starten.

Innovation durch Vielfältigkeit

„Die DLR Design Challenge zeigt, wie mit unterschiedlichen Herangehensweisen, Vielfältigkeit und Diversität Innovationen entstehen können“, sagt die DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla anlässlich des Finales der diesjährigen Ausgabe des Studierendenwettbewerbs. „Die Ergebnisse überraschen mit einem Mix verschiedener aerodynamischer Konzepte und Antriebe für Luftfahrtzeuge, die zukünftig in kürzester Zeit als hochfliegende Plattform Aufgaben übernehmen können. Alle Teams haben sich neben dem eigentlichen Studium einer großen Herausforderung gestellt. Es gibt heute verschiedene Platzierungen, aber gewonnen haben alle Beteiligten. Denn Sie alle haben sich mit Ihrer Expertise Gedanken für die Mobilität der Zukunft gemacht, um Lösungsansätze für aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen unserer Zeit zu finden.“

Dr. Markus Fischer, Bereichsvorstandsmitglied Luftfahrt des DLR, ergänzt: „Auch dieses Jahr haben die beteiligten Teams sehr hohe Innovationskraft und Ideenreichtum in die Aufgabe eingebracht. Das allein ist schon ein großer Erfolg. Das diesjährige Thema war zudem sehr gut gewählt, ein Luftfahrzeug zu entwerfen, das im Krisenfall eine ausgefallene Internetversorgung bereitstellt. Es ist zum einen ein sehr aktuelles Thema, zum anderen zeigen die eingereichten Entwürfe auch das entgegengebrachte große Interesse der Studierenden.“


Wiederherstellung der Internetversorgung

Die Aufgabenstellung der Design Challenge war es, ein Luftfahrzeug zur Wiederherstellung der Internetversorgung in einem großflächigen Gebiet über einen erweiterten Zeitraum zu entwerfen, welches als Teil einer Flotte in einem Einsatzsystem („System-of-Systems“) agiert. Neben der Absicherung des Kommunikationsweges soll das Luftfahrzeug ebenfalls in der Lage sein, die Erdbeobachtung des betroffenen Gebiets durchzuführen. Daher gilt insbesondere, die Anforderungen nach Effizienz im Dauerbetrieb und eine schnelle Einsatzbereitschaft im Katastrophenfall in einem Flugzeug- bzw. Systementwurf für die Indienststellung bis zum Jahr 2040 zu vereinen.

Die jährliche Design Challenge findet nun bereits zum siebten Mal in Folge statt. Nach der Auftaktveranstaltung Mitte März am DLR-Standort in Braunschweig hatten die Studierenden etwa vier Monate Zeit an ihren Entwürfen zu arbeiten. Die Abschlussveranstaltung fand Anfang August am DLR-Standort Hamburg im ZAL Tech Center statt. Im Nachklang der DLR Design Challenge 2023 werden die drei bestplatzierten Teams ihre Konzepte auf dem Deutschen Luft- und Raumfahrtkongress (DLRK 2023) in Stuttgart präsentieren. Darüber hinaus wird das Siegerteam seinen Entwurf auf der European Aeronautics Science Network International Conference (EASN 2023) in Salerno vorstellen.

Insgesamt haben 25 Studierende – verteilt auf fünf Hochschulteams – erfolgreich an der DLR Design Challenge 2023 teilgenommen. Die drei Erstplatzierten sowie die weiteren erfolgreichen Beiträge im Einzelnen:


1. Platz: DHBW Ravensburg – The Sentinel System

Das Konzept The Sentinel System der DHBW Ravensburg setzt auf bewährte Technologie und einen hochgestreckten Flügel, um eine Flugdauer von bis zu 50 Stunden zu ermöglichen. Angetrieben wird das Luftfahrzeug durch einen 78 Kilowatt starken Kolbenmotor, welcher die benötigte Leistung für einen Pusher-Propeller am Heck bereitstellt. Im Rahmen des Entwurfs wurde ein besonderes Augenmerk auf die Navigation des autonom betriebenen Luftfahrzeugs gelegt. Durch die konsequente Umsetzung der eigens abgeleiteten Entwurfsprinzipien ist die Einsatzfähigkeit selbst bei widrigen Witterungsbedingungen möglich.

Das Betriebskonzept in einem Notfallszenario umfasst einen exakten Zeitplan zur möglichst zeitnahen Wiederherstellung der Kommunikation sowie einen detaillierten Entwurf der Operationsbasis.

Team: Lara Obert, Erwin Aust, Lukas Deuschle, Niels Marr, Luca Stoll, Edgar Kirchner


2. Platz: Universität Stuttgart – PERSEUS (Post-Emergency Response and Surveillance UAV System)

Das eingereichte Konzept der Universität Stuttgart, PERSEUS (Abkürzung für Post-Emergency Response and Surveillances UAV System), ist ein unbemanntes Blended Wing Body Konzept mit Canard. Die Konfiguration verfügt über ein hybrides Antriebssystem bestehend aus Wasserstoff-Brennstoffzellen, Batterien und Superkondensatoren. Dadurch wird ein nachhaltiger Betrieb des Systems gewährleistet. Es wird über 22 Electric Ducted Fans (EDF) angetrieben, die auf den Steuerflächen montiert sind. Das ermöglicht es PERSEUS, im Zusammenspiel mit dem Betriebskonzept das aufklappbare LKW-Container als Startplattform vorsieht, direkt von diesen aus vertikal zu starten und zu landen. Dadurch ist das System unabhängig von der Verfügbarkeit einer entsprechenden Start- und Landebahn.

Team: Abishek Anil, Alexander Hennemann, Hellen Kimmel, Christian Mayer, Lukas Müller, Tobias Reisch


3. Platz: RWTH Aachen – HEIKE (High-Flying, Efficient and Intelligent Crisis Communication Unit)

Bei der „Hochfliegenden, effizienten und intelligenten Krisenkommunikations-Einheit“ der RWTH Aachen, kurz HEIKE, handelt es sich um ein Solarflugzeug der nächsten Generation. Es wurde eine Canard-Konfiguration mit Fahrwerksintegration im invertierten V-Leitwerk gewählt. Durch die Ausführung als Hochdecker wird eine Verschattung der Solarzellen auf dem Hauptflügel verhindert. Diese laden tagsüber die Batterie mit einer Kapazität von 56 Kilowattstunden auf. Weiterhin kann HEIKE bei Energieüberschuss tagsüber die operationelle Flughöhe von 20 Kilometern verlassen und auf 25 Kilometern steigen, um so Sonnenenergie in potenzieller Energie zu speichern. Diese wird nachts im Segelflug bei eingeklapptem Propeller wieder abgebaut, wodurch ein dauerhafter Einsatz des Luftfahrzeuges möglich sein soll. Die dafür nötige hohe aerodynamische Effizienz erreicht die HEIKE durch Morphingklappen und eine hohe Spannweite von 40 Metern. Böenlasten sollen hier aktiv mit Hilfe eines LIDARS reduziert werden. Für operationelle Flexibilität kann HEIKE abgerüstet und einem 40-Fuß Container transportiert werden.

Team: Lars Neveling, Johannes Götz, Sebastian Dominik, Sami Zoghlami


4. Platz: TU Dresden – AirLive (Air Located Internet Vehicle for Emergencies)

Das von der TU Dresden entwickelte Air Located Internet Vehicle for Emergencies – kurz AirLive - erreicht durch die Box-Wing-Konfiguration eine hohe aerodynamische Effizienz beim Fliegen in großen Höhen. Die als Flügelholm verbauten Tanks liefern gasförmigen Wasserstoff an die Brennstoffzelle, welche wiederum Elektromotoren mit Strom versorgt. Diese treiben drei Propeller an, welche das Luftfahrzeug nach einem Windenstart zur Startstreckenreduktion auf die Betriebshöhe von 20 Kilometern bringen. Zur Einhaltung der Bodenfreiheit werden die Flügelpropeller zu Start- und Landung abgestellt.

Je nach Mission kann AirLive durch einen modularen Aufbau an die jeweiligen Anforderungen angepasst werden. Während der Hauptteil der Mission vollständig autonom abläuft, indem die Luftfahrzeuge untereinander kommunizieren, werden Start und Landung ferngesteuert durch einen Piloten durchgeführt.

Team: Karl Kühmstedt, Felix Herrmann, Martin Pirags, Thijs Daenen, Tobias Garsoffke


5. Platz: Hochschule Trier – Prometheus

Das eingereichte Konzept der Hochschule Trier, Prometheus, ist ein unbemanntes System mit einer konventionellen Drachenkonfiguration. Das System verfügt über einen elektrischen Antriebsstrang, der aus Batterien und einer auf den Flügeln angebrachten Solarfolie besteht. Der Vortrieb wird über zwei Propeller, die am Flügel montiert sind, generiert. Neben dem Flügel erzeugt dieses Konzept den benötigten Auftrieb auch durch den Rumpf, der extra als Lifting-Body ausgelegt wurde.

Team: Milan Lieser, Fabian Brust, Michael Scheidt, Elisa Kühr

Bildunterschrift: Das Konzept The Sentinal System der DHBW Ravensburg setzt auf bewährte Technologie und einen hochgestreckten Flügel, um eine Flugdauer von bis zu 50 Stunden zu ermöglichen.


Text: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Foto: DHBW Ravensburg/The Sentinel System