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Lager pixabay

Magdeburg-News: Betriebsräte von Amazon verlangen mehr Anerkennung und Inflationsausgleichs-Prämie



veröffentlicht am Freitag, 3. März 2023

Die Betriebsräte des Onlineversandhändlers Amazon verschaffen sich mit einem Schreiben Luft. Sie machen dem Versandhandelsriesen Vorwürfe und verlangen mehr Anerkennung und die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie. Der Brief ist eine Übereinkunft von den 34 Betriebsratsmitgliedern im Betriebsrätenetzwerk von Amazon Deutschland (im Folgenden zu lesen).

Magdeburg/Sülzetal. Wie jedes Unternehmen setzt sich auch Amazon Ziele, die bei jeder Entscheidung berücksichtigt werden müssen. So hat Amazon am 16. April 2021 eine gravierende Änderung seiner Führungsprinzipien („Leadership Principles“) vorgenommen. Amazon strebt seitdem an, „der beste Arbeitgeber der Welt“ zu werden. Zuvor wurde das Unternehmen bereits im Jahr 2020 von Forbes als „zweitbester Arbeitgeber der Welt“ ausgezeichnet. Leider zeigt sich jedoch, dass Amazon mit Platz 14 im Jahr 2022 einen deutlichen Abwärtstrend aufweist.

Als Betriebsräte beschäftigt uns alltäglich die Frage, mit welchen Mitteln Amazon es schaffen kann, zufriedene Beschäftigte zu haben, damit der Weg zum "Besten Arbeitgeber der Welt" wieder einen Aufwärtstrend zeigt.

In der heutigen Zeit beschäftigen wir uns intensiv mit den steigenden Kosten und der damit einhergehenden Inflation. Hierzu haben wir die aktuell verfügbaren Daten herangezogen und möchten diese veranschaulichen.


Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1045/umfrage/inflationsrate-in-deutschland- veraenderung-des-verbraucherpreisindexes-zum-vorjahresmonat/

Die Bundesregierung hat mit dem dritten Entlastungspaket vom 3. September 2022 die Möglichkeit geschaffen, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten eine Inflationsausgleichsprämie bis zu einer Höhe von 3.000 steuer- und sozialversicherungsfrei auszahlen können – diese ist auch als Betriebsausgabe absetzbar. Die Auszahlung kann in mehreren Tranchen erfolgen und ist bis zum Jahresende 2024 möglich.

Wir sind uns bewusst, über welche enorme Gesamtsumme wir sprechen, sofern man tatsächlich 3.000 Euro an alle Beschäftigten in Deutschland auszahlt. Amazon hatte sich zum Ziel gesetzt, bis Ende 2022 36.000 Beschäftigte in Deutschland zu haben. Wie bereits beschrieben, können Arbeitgeber die Auszahlung in mehreren Tranchen vornehmen und frei darüber entscheiden, ob sie den vollen Betrag auszahlen oder sich für einen geringeren Betrag entscheiden.

Die Bemühungen von Amazon, eine mögliche Inflation durch eine jährliche Anpassung der Löhne und Gehälter auszugleichen, sollten hervorgehoben werden, aber im weiteren Verlauf des Textes möchten wir euch davon überzeugen, diese einmalige Chance zu nutzen.

Die COVID-19-Pandemie bedrohte die Existenz vieler Unternehmen, während Amazon große Gewinne erzielte. Die Schließung des Einzelhandels war gleichbedeutend ein Segen für den weltgrößten Online- Versandhändler, welcher nahezu alles anbietet, was das Herz begehrt. Die folgenden Zahlen verdeutlichen dies:


Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/374731/umfrage/nettoumsatz-von-amazon-in- deutschland-und-weltweit/

Amazon hat nun beschlossen, die Kosten zu senken. Wo es möglich ist, werden Projekte verschoben. Durch personelle Umstrukturierungen und den Abbau von Stammbelegschaften sollen die Personalkosten gesenkt werden. In der Weltpresse kursiert die Zahl von 18.000 Beschäftigten, die ihren Arbeitsplatz verlieren. Befristete Verträge werden nicht verlängert oder entfristet. In Bereichen, in denen zu viel Personal vorhanden ist, geht man aktiv auf die Beschäftigten zu und bietet ihnen Aufhebungsverträge an. Selbst kranken Beschäftigten wird mit Kündigung gedroht, wenn sie einen solchen Aufhebungsvertrag ablehnen. Trotz all dieser Maßnahmen und der Argumentation, man müsse auf die Kostenbremse treten, wird deutlich, dass Amazon trotz des anhaltenden Krieges in der Ukraine und steigender Energiekosten weiterhin hohe Gewinne einfährt.

Sämtlichen Betriebsräten ist bewusst, dass Entscheidungen dieser Größenordnung nicht von der lokalen Geschäftsleitung getroffen werden können und dürfen. Als die „DE-Betriebsräte“ nahezu geschlossen auf die Führung Amazon Deutschlands zugingen, um einen Dialog zu beginnen, waren die Antworten sehr abweisend.

Diese kompromisslose Haltung veranlasst uns nun, die Öffentlichkeit in Form der Presse einzubeziehen. Auch bei den Mitbestimmungsrechten, beispielsweise der Entgeltstruktur, haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich die jeweilige Geschäftsleitung, beziehungsweise „Amazon Deutschland“ nicht mit den Betriebsräten an einen Tisch setzt, um konstruktive Verhandlungen an den jeweiligen Standorten aufzunehmen.

Es gibt bereits zahlreiche namhafte Unternehmen in Deutschland, welche eine Inflationsausgleichsprämie zahlen. Zu diesem Zweck haben die Unternehmen und die jeweiligen Betriebsräte oder Gewerkschaften miteinander gesprochen, um eine Kompromisslösung zu finden.
Auch wir hoffen auf eine "Kompromisslösung" für die Amazon-Beschäftigten in Deutschland.



Besonders hervorzuheben ist die Firma Würth, die zusätzlich zu den 3.000 Euro Inflationsausgleichsprämie obendrauf weitere 1.000 Euro netto auszahlt – wohlgemerkt, bei Würth arbeiten insgesamt rund 84.000 Menschen.

Amazon scheint nicht ganz akzeptieren zu wollen, dass Betriebsräte gewählte Vertreter der Belegschaft sind, die gesetzlich dazu aufgefordert sind, Arbeitnehmerinteressen aufzuzeigen und durchzusetzen. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, wie es das Betriebsverfassungsgesetz beschreibt, sieht anders aus. Amazon muss verstehen, dass Betriebsräte mit den Verantwortlichen auf Augenhöhe sprechen müssen. Wir sprechen zwar mit den gesetzlich definierten Verantwortlichen, aber nicht mit den originären Entscheidungsträgern – und das sind „leider“ nicht die jeweiligen Geschäftsleitungen eines Standortes. Es wäre von gemeinsamem Interesse, in wichtigen Entscheidungsfragen wie diesem Thema, nicht nur über die Standortleiter, welche scheinbar eurerseits nur als „Boten“ betrachtet werden, zu kommunizieren. Wir gehen davon aus, dass es längst ein Dialog zwischen den jeweiligen Betriebsräten und Amazon gäbe, wenn die jeweiligen Standortleitungen auch Entscheidungsträger wären.

Darüber hinaus erwarten wir, dass alle Beschäftigten von diesem Schreiben profitieren. Wir empfehlen keine Haltung nach dem Motto „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“, denn wir werden nicht aufgeben, für die Belegschaft in Deutschland zu kämpfen.

„[...]We have issues that we need to work on—some we can solve quickly, others will take longer. But, please know that I care, and that we will work together to make Amazon better every day.[...]“ (Andrew Jassy, CEO, Mail vom 06.07.2021)


„[...]I’m thankful for my Amazon teammates all around the world. I don’t know a collection of more talented, intelligent, innovative, missionary, and gritty people.[...]“ (Andrew Jassy, CEO, Mail vom 24.11.2022)

Wir hoffen, dass diese Aussagen unseres CEOs keine leeren Worte an die Belegschaft waren. Nutzt die Chance, dem Status des „weltbesten Arbeitgebers“ näher zu kommen. Tretet mit uns in den Dialog und findet mit uns gemeinsam eine Lösung. Es geht um die Wertschätzung all derer, die tagtäglich ihr Bestes geben, um die Kunden zufrieden zu stellen.


Text: Amazon-Betriebsräte
Symbolfoto: pixabay