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Klimawandel 24.12f

Gesundheit-News: Selbsthilfe in Zeiten des Klimawandels für chronisch Kranke


veröffentlicht am 25. Dezember 2022

(ams). Die Klimakrise wirkt sich nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf die Gesundheit aus. Für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen ist vor allem extreme Hitze besonders belastend. 
Der AOK-Bundesverband möchte diese vulnerable Gruppe mit den gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels nicht allein lassen und unterstützt deshalb das Projekt "Klimawandel und Selbsthilfearbeit" der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung, chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen (BAG SELBSTHILFE). Dieses Thema stand auch im Mittelpunkt der hybriden Selbsthilfe-Fachtagung des AOK-Bundesverbandes Anfang Dezember 2022.

Hitzewellen sind die deutlichsten Botschafter, was der Klimawandel bedeutet: Sie treten seit Mitte des 20. Jahrhundert häufiger und länger auf, so das Climate Service Center Germany in der Broschüre "Gesundheit und Klimawandel".

Die Hitzeperioden in der jüngeren Vergangenheit haben gezeigt, dass Hitzschlag, Herzinfarkt, akute Nierenfunktionsverschlechterung und Atemwegsprobleme Folgen von extremer Hitze sein können. Besonders gefährdet sind Ältere und Menschen mit chronischen Erkrankungen, so das Umweltbundesamt. Wie stark der Klimawandel die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt, zeigt auch der Versorgungs-Report „Klima und Gesundheit“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

Lösungen gesucht
Wie wird der Alltag von chronisch Kranken und ihr Gesundheitszustand durch extreme Klimasituationen beeinträchtigt? Und welche Lösungsansätze gibt es schon? Auf der jüngsten Selbsthilfe-Fachtagung des AOK-Bundesverbandes informierten Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitswesen und Betroffene aus der Selbsthilfe über den aktuellen Wissensstand beziehungsweise ihre eigenen Erfahrungen aus der Selbsthilfearbeit. "Planetary Health - braucht die Erde Selbst-Hilfe?" -  lautete das Motto, der Veranstaltung.

Klimakrise allgegenwärtig
Der Zusammenhang zwischen Klimakrise, Umwelt, Nachhaltigkeit und Gesundheit sei mittlerweile weltweit allgegenwärtig, so Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes bei ihrer Begrüßung in Berlin. "Auch wir als AOK sehen die Auswirkungen der Klimakrise auf die Gesundheit. Daher hat sich die AOK-Gemeinschaft das Ziel gegeben, Vorreiter beim Thema Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen zu sein."

Unterstützung für vulnerable Gruppen
"Es ist hinlänglich bekannt, dass es insbesondere vulnerablen Gruppen - und dazu gehören chronisch kranke und behinderte Menschen - schwerfällt, hitzebedingte Belastungen zu verkraften", sagte Claudia Schick, Selbsthilfe-Referentin des AOK-Bundesverbandes. "Es gilt, gemeinsam Lösungen zu finden, wie die Selbsthilfe einerseits ihre Mitglieder bei der Bewältigung der extremwetterbedingten Probleme unterstützen kann. Und was sie andererseits in ihren eigenen Organisationseinheiten durch nachhaltiges Handeln zum Klima- und Umweltschutz beitragen kann."

Allergiesaison dauert deutlich länger
Über die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels auf chronisch Erkrankte, aber auch die Möglichkeiten, diese abzufedern, wies die Umweltmedizinerin Prof. Dr. med. Claudia Traidl-Hoffmann sehr deutlich hin. Als Professorin an der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg, Direktorin des Instituts für Umweltmedizin am Helmholtz Zentrum München und Direktorin der Hochschulambulanz für Umweltmedizin am Universitätsklinikum Augsburg erforscht sie durch Umweltfaktoren hervorgerufene und verstärkte Krankheiten, insbesondere Allergien. Aktuelle Untersuchungen hätten etwa ergeben, dass durch den Klimawandel die Allergiesaison deutlich länger andauert: "Es gibt quasi gar keine Tage mehr im Jahr ohne Pollenbelastung", so Traidl-Hoffmann. Außerdem verstärkten die Pollen durch Luftschadstoffe ihre allergene Wirkung, und durch das mildere Klima seien neue, hochallergene Pflanzen wie Ambrosia hier heimisch geworden.

Der Klimawandel bringe aber auch neue Erkrankungen wie etwa das West-Nil-Fieber nach Deutschland - übertragen durch eine Mückenart, die bislang aufgrund der niedrigeren Durchschnittstemperatur hier nicht heimisch war. Nicht zuletzt seien die immer längeren Hitzeperioden zu nennen, die vor allem für Menschen mit einer Lungenerkrankung gefährlich werden können. Das allergrößte Problem mit der Hitze selbst sei aber Ignoranz: Immer noch würden die meisten Menschen mit Hitze vor allem Strand und Eis essen verbinden, betonte die Umweltmedizinerin. Während andere europäische Staaten bereits durch umfangreiche Hitzeaktionspläne auf die immer höher steigenden Temperaturen reagierten, sei hier die deutsche Politik bislang noch deutlich zu wenig tätig.

Spezifische Belastungen chronisch Kranker
Über die spezifischen Belastungen für chronisch Kranke berichteten im Anschluss Veronika Bäcker, Präsidentin der MigräneLiga e. V. Deutschland, sowie Holger Westermann, Geschäftsführer der Deutschen Fibromyalgie Vereinigung. Bäcker machte darauf aufmerksam, dass in Deutschland rund zehn Millionen Menschen von wiederkehrenden Migräneanfällen betroffen seien - und dass starke Wetterumschwünge, wie sie der Klimawandel mit sich bringe, auch Auswirkungen auf die Häufigkeit, Dauer und Schwere des Anfalls haben. Auch Westermann bestätigte, dass gerade Schmerzpatienten unter dem Klimawandel im besonderen Maße litten. Zudem stellte er heraus, dass immer mehr alte und somit oft multimorbide Menschen in den Städten wohnten. Dies sei eine enorme Herausforderung für die älteren Bewohnerinnen und Bewohner, da sich die Städte im Sommer ganz besonders stark aufheizten und zur Hitze noch weitere Belastungen hinzukämen, etwa durch Feinstaub oder Ozon.

Text / Foto: AOK Bundesverband