Foto: Forscher untersuchen, wie sich Krebs auf Alterungsprozesse
auswirkt (Symbolbild)
Berlin (chw) – Immer mehr
Krebspatienten überstehen ihre
Erkrankung und werden zu sogenannten Langzeitüberlebenden.
Vor allem junge Menschen müssen dann viele
Jahre mit den Folgen von Chemo- und Strahlentherapien leben. Häufig treten
diese Beschwerden, die zum Beispiel das Herz-Kreislauf-System oder den
Hormonhaushalt betreffen können, auch als Teil des normalen Alterungsprozesses
auf – dann aber meist später.
Beschleunigt eine Krebserkrankung beziehungsweise -therapie in
jungen Jahren also das Altern? Diese Frage versuchen Berliner Wissenschaftler
nun mit Hilfe umfassender molekularbiologischer Untersuchungen von Blut- und
Knochenmarksproben zu beantworten. Die Deutsche Krebshilfe fördert das Projekt
mit 344.000 Euro.
„Häufige Folgeerscheinungen von Krebstherapien sind
beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen, hormonelle Störungen wie
Unfruchtbarkeit und vorzeitige Wechseljahre, sowie chronische Erschöpfung,
Konzentrationsprobleme und – besonders dramatisch – Zweittumore“, berichtet die Projektleiterin Dr. Mareike
Frick von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und
Tumorimmunologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. „Diese
Beeinträchtigungen treten oft auf, wenn Menschen älter werden.
Beobachtungsstudien zeigen aber, dass Personen, die in ihrer Jugend eine
Krebstherapie erhalten haben, häufig deutlich früher
davon betroffen sind.“
Die Vermutung, dass eine Krebserkrankung beziehungsweise
-therapie Alterungsprozesse beschleunigt, liegt deshalb auf der Hand. Abgesehen
von Beobachtungsstudien liegen bislang jedoch kaum Daten aus dem Labor dazu
vor. Dr. Frick wird sich dem Thema nun umfassend molekularbiologisch nähern und
einen Blick in die Körperzellen werfen. Gemeinsam mit ihrem Team wird sie Blut-
und Knochenmarksproben von rund 250 jungen Patienten untersuchen, die an einer
Krebserkrankung leiden oder litten (sogenannte „Cancer
Survivors“). Die Patienten müssen volljährig sein, um in die Studie
eingeschlossen zu werden und der Krebs muss vor dem 40. Geburtstag diagnostiziert
worden sein.
Die Wissenschaftler bewerten die Folgen der Krebstherapie auf
unterschiedlichen Ebenen: „Wir betrachten Veränderungen der
Erbsubstanz und verschiedene Produkte des Zellstoffwechsels, die mit
Alterungsprozessen verbunden sind. Hierfür setzen
wir vor allem modernste Hochdurchsatz-Methoden der Molekularbiologie ein,“ erklärt Frick. Parallel dazu erhebt das Forscherteam klinische
Parameter, die Bestandteil der routinemäßigen Versorgung beziehungsweise
Nachsorge der Patienten sind. Hierzu zählen unter anderem demographische Daten,
Informationen zur Diagnose und Therapie, Blutwerte sowie Begleit- und
Folgeerkrankungen. „Schließlich klären wir, inwiefern die Befunde aus dem Labor mit
den klinischen Parametern korrelieren und ob junge Cancer Survivors auf
molekularer Ebene wirklich Anzeichen eines beschleunigten Alterungsprozesses
aufweisen“, so Frick.
Mit ihren Erkenntnissen zu den mittel- und langfristigen Folgen
von Krebserkrankungen und -therapien will die Wissenschaftlerin zur
Verbesserung der Versorgung, Diagnostik und Therapie von Krebsüberlebenden beitragen.
„Erkenntnisse aus der Forschung haben in den letzten Jahren
erfreulicherweise bei vielen onkologischen Erkrankungen zu besseren
Heilungschancen geführt. Aber auch wenn der Krebs überstanden
ist, wirken sich die Folgen der Erkrankung auf das weitere Leben aus. Auch für ‚Cancer Survivors’ muss daher alles getan werden, um deren
Lebensqualität zu verbessern. Die Deutsche Krebshilfe engagiert sich hier unter
anderem durch die gezielte Förderung von Forschungsprojekten“, so Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe.
Text / Foto: Deutsche Krebshilfe