Foto: Blumenwiese. Die untere Hälfte des
Bildes zeigt verschiedene Graustufen, während die obere Hälfte bunte Blumen
zeigt
Januar 2022 (ams). Auch farbenblinde Menschen sehen in
der Regel ihre Umgebung farbig, wenn auch wahrscheinlich weniger bunt. Hinter
dem Begriff „Farbenblindheit“ stecken verschiedene Farbsehstörungen, meistens liegt
eine Rot-Grün-Schwäche vor, selten eine komplette Farbenblindheit.
Behandelbar ist eine Farbfehlsichtigkeit bisher nicht, doch meistens kommen die
Betroffenen damit im Alltag gut zurecht. Für manche Berufe sind Farben jedoch essentiell: Ob
Menschen mit einer Farbfehlsichtigkeit beispielsweise als Pilotin oder
Modedesigner arbeiten oder in der Schifffahrt tätig sein können, muss im
Einzelfall geprüft werden.
"Wenn von Farbenblindheit gesprochen wird,
handelt es sich meistens um eine Rot-Grün-Schwäche",
sagt Anja Debrodt, Ärztin im AOK-Bundesverband. "Die Menschen mit dieser
Farbschwäche nehmen die Farben zwar wahr. Je nachdem welche Farbe betroffen
ist, aber schwächer und haben Schwierigkeiten, diese voneinander zu
unterscheiden."
Zapfen für Rot und Grün
Schätzungsweise etwa vier Millionen Menschen in Deutschland
sind farbenblind, wobei zwischen vier verschiedenen Arten der Farbenblindheit
unterschieden wird: Rot-Grün-Schwäche, Rot-Grün-Blindheit, Blau-Gelb-Störungen und die totale
Farbenblindheit. Etwa acht Prozent der Männer, aber nur 0,4 Prozent der Frauen
sind von einer Rot-Grün-Schwäche betroffen
(Quelle: Berufsverband der Augenärzte Deutschlands). Das liegt daran, dass die Farbschwäche
genetisch bedingt ist und die Gene für die Farbrezeptoren
auf dem X-Chromosom liegen. Bei Frauen gleicht das zweite gesunde X-Chromosom
die Genveränderung in der Regel aus, männliche Lebewesen haben aber kein
zweites X-, sondern ein Y-Chromosom. Menschen kommen also mit der Rot-Grün-Schwäche auf die Welt, und es sind immer beide Augen
betroffen.
Die fehlerhafte Erbinformation sorgt bei ihnen dafür, dass die Sinneszellen der Netzhaut, die die Grün- oder Rottöne wahrnehmen können, defekt sind oder
ganz fehlen. Der Mensch kann Farben sehen dank der Millionen von sogenannten
Zapfen, die in der Netzhaut liegen. Das sind spezielle Sinneszellen, die auf
Licht reagieren. Es gibt drei Arten von Zapfen: Die einen nehmen rotes Licht
wahr, andere grünes und die dritte Art reagiert auf blaues Licht. Aus
diesen drei Farben setzt sich unser Farbensehen zusammen. Liegt nun bei den Rot-
oder Grünzapfen eine Störung vor, ist das Sehen von Rot oder
Grün beeinträchtigt. Das reicht von einer Rot-Grün-Schwäche bis hin zu einer echten Rot- oder Grünblindheit, bei der die Betroffenen die jeweilige
Farbe gar nicht mehr erkennen können. Sehr selten sind die Blauzapfen
betroffen, dann kommt es zu einer Blaublindheit oder Blausehschwäche, was auch
als Blau-Gelb-Blindheit beziehungsweise Blau-Gelb-Sehschwäche bezeichnet wird.
Zapfen und Stäbchen
Der Mensch verfügt
über die Fähigkeit, ein breites Spektrum an Farben
wahrzunehmen, zudem in der Dämmerung alle möglichen Schattierungen und Umrisse
auszumachen. Wie vollbringt das menschliche Auge diese Leistung? Verantwortlich
dafür sind die Millionen von Sinneszellen, die in der
Netzhaut des Auges sitzen. Dabei kann man grundsätzlich zwei Typen von Zellen
unterscheiden: Die Zapfen, die ausschließlich im Hellen arbeiten und mit ihren
drei Unterarten - den Rot-, Grün- und Blauzapfen -
für das Farbensehen zuständig sind. Daneben gibt es die
Stäbchen, die im Dunkeln tätig werden und uns ermöglichen, auch in der
Dämmerung zu sehen. Das menschliche Auge besitzt etwa sechs Millionen Zapfen
und 120 Millionen Stäbchen.
Auch gegen eine Rot-Grün-Schwäche
gibt es keine Behandlung. Das ist allerdings nicht so dramatisch wie bei der
echten Farbenblindheit. "Menschen mit dieser Einschränkung bemerken ihre
Farbschwäche oft gar nicht, weil sie ja keine andere Farbwahrnehmung kennen und
ansonsten gut sehen können", so Debrodt. "Zudem haben sie im Alltag
automatisch Strategien entwickelt, um mit der Schwäche zurechtzukommen."
Etwa wenn die Ampel von Rot auf Grün springt, können
die Betreffenden durchaus wahrnehmen, dass es "oben", also bei Rot
dunkel wird und sich "unten", also bei Grün
etwas in Richtung Helligkeit tut. Wenn Eltern unsicher sind, ob ihr Kind
farbfehlsichtig ist, können sie sich beim Augenarzt Klarheit verschaffen. Mit
speziellen, auch kindgerechten Tests kann die Ärztin oder der Arzt das
Farbensehen überprüfen.
Betroffene entwickeln Strategien
Erworbene Farbenblindheit
Meistens ist eine Farbenblindheit oder -schwäche
angeboren, aber auch Krankheiten können die Ursache sein, zum Beispiel
Erkrankungen der Netzhaut, etwa im Rahmen einer Diabeteserkrankung oder durch
die altersbedingte Makuladegeneration.
Text / Foto: AOK-Bundesverband - ams