Berlin (ots). Die Unterkieferprotrusionsschiene zur Behandlung von obstruktiver Schlafapnoe ("Schlafbezogene Atmungsstörung") soll für Erwachsene ab 1. Januar 2022 Bestandteil der GKV-Versorgung werden. Damit steht für die Behandlung von gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten, die an dieser Krankheit leiden, künftig eine weitere wichtige Option als Zweitlinientherapie zur Verfügung, wenn eine Überdrucktherapie nicht erfolgreich durchgeführt werden kann.
Die
Unterkieferprotrusionsschiene kann von Vertragszahnärzten auf Grundlage einer
ärztlichen Indikationsstellung und Überweisung patientenindividuell nach
Ausschluss zahnmedizinischer Kontraindikationen hergestellt und angepasst
werden. Ärzte und Zahnärzte gestalten die Versorgung abgestimmt und
arbeitsteilig. Das bringt eine besonders hohe Qualität der Behandlung mit sich.
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und der
Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) haben sich
einvernehmlich auf die Bewertung entsprechender neuer Leistungen geeinigt.
Darüber hinaus wurden Leistungsbeschreibungen und Abrechnungsbestimmungen
festgelegt, also Gebührennummern des Bewertungsmaßstabes zahnärztlicher
Leistungen (BEMA) zur Abrechnung der vertragszahnärztlichen Leistungen, die in
Praxen künftig herangezogen werden können. Für die komplexe Umsetzung in der
Versorgung mussten in getrennten Verfahren zunächst ärztliche, zahnärztliche
und zahntechnischen Leistungen bewertet werden.
Martin Hendges, stellv. Vorsitzender des Vorstandes der KZBV:
"Mit diesem wichtigen Verhandlungserfolg haben wir mit den Kassen
gemeinsam die Grundlage dafür gelegt, dass die Schienentherapie in Kürze als
erste sektorenübergreifende vertragsärztlich-vertragszahnärztliche
Behandlungsform in die Versorgung kommt. Dabei können individuelle
Therapiebedarfe festgestellt und berücksichtigt werden, was eine
patientengerechte Versorgung gewährleistet. Hervorheben möchte ich die klare
Evidenzlage und die darauf basierende Regelung, dass nur zahntechnisch
individuell angefertigte und adjustierbare Schienen die Anforderungskriterien
für eine abgesicherte Therapie erfüllen."
Um einen möglichst reibungslosen Start in die Versorgung zu
gewährleisten, wurden die Hersteller der Praxisverwaltungssysteme frühzeitig
informiert, so dass ab 1. Januar die Abrechnung der neuen Leistungen in den
Systemen möglich gemacht werden kann.
Beschlüsse im G-BA
Nach fachlichen Beratungen unter maßgeblicher Mitwirkung der
KZBV hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im November 2020 mit Wirkung
vom 24. Februar 2021 die Unterkieferprotrusionsschiene bei obstruktiver
Schlafapnoe als Zweitlinientherapie in die ambulante vertragsärztliche
Versorgung aufgenommen. In fokussierten Beratungen wurden im Mai 2021 die
notwendigen vertragszahnärztlichen leistungsrechtlichen Regelungen in der
Behandlungsrichtlinie Zahnärzte beschlossen, die im Juli in Kraft getreten
sind.
Als stimmberechtigte Trägerorganisation hatte sich die KZBV im
G-BA erfolgreich dafür eingesetzt, dass Vertragszahnärztinnen und
Vertragszahnärzte eng in die Versorgungsstrecke hinsichtlich des Ausschlusses
zahnmedizinischer Kontraindikationen, der Anfertigung und Anpassung der
Schiene, der Schieneneingliederung sowie der Einstellung des Protrusionsgrades
eingebunden werden. Nach Ausschluss der Kontraindikationen verantworten
Vertragszahnärzte die Anfertigung und Anpassung der Schiene. Diese erfolgt in
Abstimmung mit den verordnenden Vertragsärzten, die eine entsprechende
Qualifikation haben müssen und die für die Indikationsstellung verantwortlich
sind.
Hintergrund: Obstruktive Schlafapnoe -
Unterkieferprotrusionsschiene
Die obstruktive Schlafapnoe ist die häufigste Form von Atmungsstörungen beim Schlafen. Dabei kommt es wiederholt zur Verringerung oder Aussetzern der Atmung durch eine Verengung des Rachenraums. Ursachen und Risikofaktoren sind vielfältig: Neben Übergewicht können anatomische Besonderheiten in Mund- und Rachen relevant sein. Die Wahrscheinlichkeit zu erkranken, nimmt ab dem 45. Lebensjahr zu. Mögliche Folgen sind Tagesschläfrigkeit und Konzentrationsschwächen, wodurch etwa im Straßenverkehr die Unfallgefahr steigen kann. Unbehandelt wird die Krankheit mit Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall in Verbindung gebracht.
Die Unterkieferprotrusionsschiene besteht aus einer
transparenten Schiene für Ober- und Unterkiefer. Beide Schienen sind durch
frontale oder seitliche Elemente miteinander verbunden. Dadurch kann der
Unterkiefer nach vorne gezogen werden. Der Zungengrund wird dadurch gespannt,
ein Zurückfallen der Zunge verhindert und die oberen Atemwege offengehalten.
Die Geschwindigkeit der Atemluft nimmt ab und damit das geräuschbildende
Flattern der Weichteile - auch "Schnarchen" genannt. Kieferbewegungen
während der Schlafphase sind mit dieser Art von Schienen möglich.
Text / Foto: Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung - news
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