Berlin (dts Nachrichtenagentur / MDN) - Die stark
steigenden Corona-Infektionszahlen könnten die wirtschaftliche Erholung in
Deutschland spürbar bremsen. Das befürchten mehrere befragte Ökonomen,
schreiben die Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland"
(Dienstagausgaben). "Ein dynamisches Pandemiegeschehen dürfte die
wirtschaftlichen Aktivitäten einschränken, da vielerorts aus Sorge vor
Ansteckung auf Konsum verzichtet wird", sagte die Wirtschaftsweise
Veronika Grimm.
Zwar könne eine Ausweitung von 2G-Regeln
und eine Testpflicht am Arbeitsplatz helfen, die Dynamik des Pandemiegeschehens
abzuschwächen, allerdings sei zweifelhaft, ob die getroffenen Maßnahmen
ausreichen, so die Ökonomin weiter. Sie forderte eine mittel- und langfristig
tragbare Strategie. "Wenn vielerorts 2G umgesetzt wird, muss nach meiner
Ansicht über eine Impfpflicht nachgedacht werden", sagte Grimm.
"2G und keine Impfpflicht zumindest im
Gesundheitsbereich - das ist nicht konsistent." Michael Grömling vom
arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erwartet, dass der
personennahe Dienstleistungsbereich ein weiteres Mal hart getroffen wird.
"Allein die Präferenzänderungen bei Konsumenten, die mit den enormen
Inzidenzzahlen einhergehen, werden dazu führen, dass zumindest im
Winterhalbjahr noch einmal die wirtschaftliche Entwicklung spürbar gebremst
wird", sagte Grömling dem RND. Selbst viele jüngere Menschen trauten sich
mittlerweile kaum aus dem Haus, scheuen beispielsweise den Besuch von Konzerten
und anderen Veranstaltungen.
Wegen der Produktionsstörungen in vielen
Sektoren dürfe man bis zum Ende des Jahres auch von der Industrie keine Impulse
mehr erwarten, so Grömling weiter. "Wir müssen die Erwartungen für das
vierte Quartal deutlich zurückschrauben", glaubt der Ökonom. Sebastian
Dullien, Direktor des gewerkschaftsnahen Wirtschaftsforschungsinstituts IMK
rechnet ebenfalls mit einer starken Bremsung der wirtschaftlichen Entwicklung.
"Das Wachstum im vierten Quartal 2021
und im ersten Quartal 2022 hängt nicht nur von den Kontaktbeschränkungen ab,
sondern zentral von den Lieferschwierigkeiten bei Vorprodukten, insbesondere
bei Halbleitern", sagte Dullien dem RND. Wegen des Materialmangels dürfte
2021 etwa ein Drittel der Autos nicht gebaut werden, für die Bestellungen
vorlägen, so der Ökonom. Er hoffe, dass sich die Engpässe in den nächsten
Monaten auflösen und die deutsche Wirtschaft so noch an einer Rezession
vorbeischrammen könne, fügte Dullien hinzu.
Text / Foto: dts