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Bertelsmann Stiftung: Kita-Qualität in Sachsen-Anhalt lässt sich bis 2030 deutlich verbessern

Dienstag, den 24. August 2021

Zwischen 2013 und 2020 hat sich die Personalausstattung in Sachsen-Anhalts Kitas erheblich verbessert. In den Krippengruppen ist rechnerisch eine vollzeitbeschäftigte Kraft noch für 5,6 statt 6,7 ganztagsbetreute Kinder zuständig, im Kindergarten sind es 10,7 statt 12,6 Kinder. Trotz dieses starken Ausbaus bietet Sachsen-Anhalt seinen Kita-Kindern – gemessen an den Personalschlüsseln – noch immer deutlich schlechtere Bildungschancen als westdeutsche Bundesländer. So muss eine Fachkraft in Sachsen-Anhalts Kitas rechnerisch 2,1 Krippenkinder mehr als im Westen betreuen. Konkret heißt das: 

Am 1. März 2020 war für 93 Prozent der Kinder in amtlich erfassten Kita-Gruppen die Personalausstattung – gemäß wissenschaftlichen Empfehlungen – nicht kindgerecht. In Westdeutschland traf dies auf rund 68 Prozent zu. Sachsen-Anhalt bietet hingegen deutlich günstigere Teilhabechancen und damit ein weitgehend bedarfsgerechtes Angebot. So besucht in Sachsen-Anhalt mit mehr als 58 Prozent der bundesweit größte Anteil der unter Dreijährigen eine Kita oder Kindertagespflege; im Westen liegt die Teilhabequote bei nur 31 Prozent. Von gleichwertigen Lebensverhältnissen in der frühkindlichen Bildung ist Deutschland also nach wie vor weit entfernt. Das zeigt das aktuelle Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung.

Bedarfs- und kindgerechte Kita-Angebote sind unerlässlich, um allen Kindern in SachsenAnhalt sowie bundesweit gleichwertige Teilhabe- und Bildungschancen zu ermöglichen. Voraussetzung dafür sind ausreichend Erzieher:innen. Der erstmals von der Bertelsmann Stiftung veröffentlichte „Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule“ prognostiziert, dass bis 2030 mit den bestehenden Ausbildungskapazitäten in Sachsen-Anhalt fast 11.000 Personen in den Beruf eintreten werden. Damit in allen Kitas bis zum Ende des Jahrzehnts eine kindgerechte Personalausstattung nach wissenschaftlichen Empfehlungen zur Verfügung steht, werden allerdings mehr als 3.000 Erzieher:innen zusätzlich benötigt. Es ist zu prüfen, ob diese Lücke bis 2030 durch die Aufstockung der Ausbildungskapazitäten geschlossen werden kann.

Etappenziel für Sachsen-Anhalt: Qualitätsgefälle zu West-Ländern bis 2030 abbauen

Um für alle Kinder in Sachsen-Anhalt sowie bundesweit gleichwertige Lebensverhältnisse in der frühkindlichen Bildung zu schaffen, könnte zunächst ein Etappenziel angestrebt werden. So stehen laut Prognose in Sachsen-Anhalt bis 2030 genügend Fachkräfte zur Verfügung, um die Personalschlüssel an das heutige Niveau der westdeutschen Bundesländer anzugleichen. Konkret bedeutet das, dass sich die Anzahl der betreuten Kinder pro Fachkraft je nach Gruppentyp um 23 bis 43 Prozent reduzieren würde. In Krippengruppen wäre dann eine Fachkraft rechnerisch anstatt für 5,6 Kinder nur noch für 3,5 Kinder verantwortlich. Den größten Fortschritt gäbe es in Gruppen mit Kindern unter vier Jahren. Hier würde eine Fachkraft rechnerisch fast drei Kinder weniger betreuen, sodass sich der Personalschlüssel auf 3,9 verbessern würde.

Die rückläufigen Geburtenzahlen in Sachsen-Anhalt begünstigen dieses Etappenziel. Zudem stehen laut Prognose weitere rund 1.000 Fachkräfte zur Verfügung, die für zusätzliche Verbesserungen, etwa in der Leitungsausstattung, eingesetzt werden könnten. Um das zu erreichen, müssen die bis 2030 prognostizierten Berufseinsteiger:innen auch in den Kitas beschäftigt werden. Kathrin Bock-Famulla, Bildungsexpertin der Bertelsmann Stiftung, betont:

„Die Chance auf gleichwertige Bedingungen in der frühkindlichen Bildung in ganz Deutschland darf auch in Sachsen-Anhalt nicht ungenutzt bleiben. Dafür ist es allerdings dringend erforderlich, Fachkräfte nicht zu entlassen und freiwerdende Stellen wieder zu besetzen.“

Jetzt die Weichen für eine kindgerechte Personalausstattung stellen

Sollen die Personalschlüssel bis 2030 auf das westdeutsche Niveau gehoben werden, ist es dringend erforderlich, bereits jetzt in Sachsen-Anhalts Kita-Gesetz die rechtliche Basis hierfür zu schaffen. Denkbar wäre es, durch Stufenpläne eine schrittweise Verbesserung der Personalausstattung gesetzlich zu verankern. Dabei muss bereits als langfristiges Ziel nach 2030 die Umsetzung kindgerechter Personalschlüssel gemäß wissenschaftlichen Empfehlungen berücksichtigt werden. Die politischen Anstrengungen sollten sich ab jetzt darauf konzentrieren, das vorhandene Personal durch attraktive Arbeitsbedingungen und Verdienstmöglichkeiten zu binden und zusätzliche Fachkräfte zu gewinnen. Erforderlich hierfür ist die Aufstockung der Ausbildungskapazitäten und die pädagogische Qualifizierung von Quereinsteiger:innen.

Darüber hinaus ist es notwendig, dass sich der Bund beim Kita-Qualitätsausbau weiterhin finanziell engagiert. So sollten die Mittel, die vom Bund auf Grundlage des Kita-Qualitätsund Teilhabeverbesserungsgesetzes („Gute-KiTa-Gesetz“) an die Länder fließen, verstetigt werden. Bock-Famulla empfiehlt, dass Sachsen-Anhalt die Mittel vorrangig einsetzt, um die Personalschlüssel zu verbessern und neue Fachkräfte zu gewinnen – insbesondere durch den Ausbau der praxisintegrierten Ausbildungsgänge. Nur unter diesen Voraussetzungen kann das langfristige Ziel einer kindgerechten Personalausstattung für alle Kita-Kinder in Deutschland erreicht werden.

Symbolfoto/pixabay