Frankfurt
am Main (ots). Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) unterstützt
Umsetzung der Strukturreformen in den Kliniken - erste Signale einer positiven
Entwicklung spürbar
Im
vergangenen Jahr haben in Deutschland 932 Menschen nach ihrem Tod ein oder
mehrere Organe für eine Transplantation gespendet. Damit hat sich die Zahl der
Organspender annähernd auf dem Niveau von 2018 (955 Organspender) gehalten. Der
deutliche Anstieg im vorletzten Jahr hat sich demnach nach vielen Jahren des
Rückgangs der Organspende konsolidiert. Allerdings bildet Deutschland mit einer
bundesdurchschnittlichen Spenderrate von 11,2 Spendern pro eine Million
Einwohner nach wie vor eines der Schlusslichter im internationalen Vergleich.
Zusammenarbeit
mit Kliniken gestaltet sich weiter positiv Eine erfreuliche Entwicklung
verzeichnet die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) seit einigen
Monaten bei den organspendebezogenen Kontaktaufnahmen der Krankenhäuser. Diese
sind um über 7 Prozent auf 3.020 Meldungen (2018: 2.811) gestiegen. Die DSO
geht davon aus, dass die öffentlichen Diskussionen um die Organspende dazu
beitragen, das Bewusstsein für Organspende in den Kliniken zu verbessern.
Gleichzeitig beginnen die strukturellen Maßnahmen, die mit der Zweiten Änderung
des Transplantationsgesetzes zum 1. April 2019 verabschiedet und im Laufe des
Jahres schrittweise umgesetzt wurden, erste Wirkungen zu zeigen.
"Die
Herausforderung liegt nun in der weiteren Übertragung der Maßnahmen in den
Klinikalltag der 1.300 Entnahmekrankenhäuser. Wir hoffen, dass mit den
zunehmenden Kontaktaufnahmen mittelfristig auch die Zahl der Organspenden
steigt", erklärt der Medizinische DSO-Vorstand Dr. med. Axel Rahmel.
Jedes
Organ zählt
Im
vergangenen Jahr konnte die DSO 2.995 gespendete Organe erfolgreich an die
internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant (ET) übermitteln: Das waren
insgesamt 1.524 Nieren, 726 Lebern, 329 Lungen, 324 Herzen, 87
Bauchspeicheldrüsen sowie 5 Dünndärme. Jeder der 932 Spender hat im
Durchschnitt mehr als drei schwerkranken Patienten eine neue Lebenschance
geschenkt. "Jedes einzelne Organ zählt und kann über Leben und Tod eines
schwerkranken Menschen entscheiden. Wir setzen deshalb alles daran, das gespendete
Organ in höchster Qualität sicher und schnell für die Transplantation zur
Verfügung zu stellen", betont Rahmel. Die Aufgabe der Organverteilung
innerhalb der acht beteiligten Länder liegt bei ET. Die Vergabe an die
Patienten in Deutschland erfolgt nach einheitlich vorgegebenen Richtlinien über
medizinische Kriterien der Dringlichkeit und Erfolgsaussicht. Durch diesen
Zusammenschluss haben die Patienten eine größere Chance, ein möglichst
immunologisch passendes Organ zu erhalten. Deutschland erhielt auch in 2019
mehr Organe aus dem ET-Verbund, als es eingebracht hat. Von daher liegt die
Summe der transplantierten Organe in Deutschland jährlich etwas höher als die
Zahl der hier entnommenen Organe.
Bundesweit
wurden im letzten Jahr in den 46 Transplantationszentren 3.192 erfolgreiche
Organübertragungen durchgeführt. Dadurch wurde 3.023 schwerkranken Patienten
durch ein oder mehrere Organe ein Weiterleben ermöglicht bzw. eine bessere
Lebensqualität geschenkt. Im Jahr zuvor gab es in Deutschland 3.264 Organtransplantationen.
Gleichzeitig
waren zum Jahresende jedoch mehr als 9.000 Menschen für eine Transplantation
registriert. Sie hoffen täglich auf die Zuteilung eines für sie passenden
Organs. Der tatsächliche Umfang der Patienten, die von einer Organtransplantation
profitieren könnten, ist jedoch weitaus größer. Betrachtet man die jährlich
mehr als 1.000 Patienten, deren Gesundheitszustand sich seit ihrer Anmeldung
auf die Warteliste so verschlechtert hat, dass eine Transplantation nicht mehr
möglich war oder die sogar auf der Warteliste verstorben sind, ergibt sich ein
noch dramatischeres Bild. Dabei sind all die Patienten nicht berücksichtigt,
die von einer Transplantation profitieren könnten, aber erst gar nicht auf die
Wartelisten zur Transplantation aufgenommen wurden. So sind in Deutschland
beispielsweise mehr als 90.000 Patienten aufgrund eines Nierenversagens
dialysepflichtig. Nach Expertenschätzungen könnte etwa der Hälfte dieser
Patienten mit einer Nierentransplantation geholfen werden, vorausgesetzt die
Wartezeiten auf eine Niere, die derzeit in Deutschland im Mittel über 8 Jahre
betragen, wären deutlich kürzer. Dieser erweiterte Blick auf die Statistiken
verdeutlicht, wie dringend der Bedarf an Organspenden ist.
Widerspruchslösung
als Chance begreifen
Am
16. Januar 2020 will der Bundestag über mögliche gesetzliche Änderungen bei der
Entscheidung über Organspende abstimmen. Die DSO begrüßt, dass sowohl der
Gesetzesvorschlag zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft als auch der zur
doppelten Widerspruchslösung die Autonomie der Bürger auf Basis einer breiten
Aufklärung in den Mittelpunkt stellt. Beide Vorschläge sehen zudem die
Schaffung eines zentralen Registers vor, in dem der Wille zur Organspende
einfach und direkt dokumentiert werden kann.
Potenzial
für eine positive Entwicklung sieht die DSO vor allem in der Einführung einer
doppelten Widerspruchslösung, die die Angehörigen gezielt mit einbindet, um den
Patientenwillen des Verstorbenen sicher festzustellen. Bei der derzeit gültigen
Entscheidungslösung sind es mehrheitlich die Angehörigen, auf denen oft die
Bürde einer Entscheidung lastet. Eine schriftliche Willensbekundung liegt
derzeit nur bei 15 Prozent der möglichen Organspender vor. In rund 40 Prozent
der Fälle entscheiden die Angehörigen nach dem mutmaßlichen Willen des
Verstorbenen und in rund 19 Prozent nach ihren eigenen Wertvorstellungen. Der
Anteil der Ablehnung einer Organspende ist im letztgenannten Fall besonders
hoch: In 2019 beruhten 41 Prozent der Ablehnungen auf einer alleinigen Entscheidung
der Angehörigen.
Insbesondere
die Einführung einer doppelten Widerspruchslösung würde die Auseinandersetzung
mit der Organspende und damit die Dokumentation des Patientenwillens fördern.
Darüber hinaus würde die Berücksichtigung der Möglichkeit einer Organspende am
Lebensende in den Kliniken zur Selbstverständlichkeit. Auf diese Weise würden
die strukturellen Veränderungen in den Kliniken zusätzlich gefördert, so
Rahmel. Vor dem Hintergrund der breiten gesellschaftlichen Befürwortung der Organspende
und Transplantation sieht der Medizinische DSO-Vorstand die Widerspruchslösung
als Ausdruck einer Art gesellschaftlich getragenen Zustimmungslösung.
Gleichzeitig bleibe jeder Bürger frei in seiner Entscheidung und könne einer
Organspende ohne Begründung jederzeit widersprechen.
"Unabhängig
von jeglicher Reform oder Regelung liegt die Entscheidung für oder gegen eine
Organspende bei jedem von uns selbst. Aber jetzt haben wir die Chance, mit
einer verbindlicheren Gesetzgebung, die uns aktiv in die Verantwortung setzt,
positive Veränderungen zu bewirken. Gemeinsam können wir eine Kultur der
Organspende in Deutschland fördern, die das Denken an die Organspende in den
Kliniken zur Selbstverständlichkeit macht, Organspender stärker wertschätzt,
ihre Angehörigen entlastet und die unser gesellschaftliches Prinzip der
Solidarität auch in der Organspende widerspiegelt", erklärt DSO-Vorstand
Rahmel. Die persönliche Entscheidung zu Lebzeiten sei zu wichtig, um sie immer
wieder zu verdrängen und aufzuschieben, bekräftigt der Mediziner mit Hinweis
auf die Wartelistenpatienten, denen die Zeit regelrecht davonlaufe.
Text:
Deutsche Stiftung Organtransplantation, übermittelt durch news aktuell