Trinken, Dampfen, Gamen
DAK-Gesundheitsreport: Millionen Erwerbstätige haben
Probleme durch Alkohol und Computerspiele. Kasse fordert Werbeverbot für
E-Zigaretten Trinken, Dampfen, Gamen – das Suchtrisiko von Millionen
Beschäftigten hat gravierende Folgen für die Arbeitswelt. Der Krankenstand bei
betroffenen Erwerbstätigen ist doppelt so hoch. Ferner sind sie häufig
unkonzentrierter im Job oder kommen zu spät. Das zeigt der aktuelle
DAK-Gesundheitsreport „Sucht 4.0“. Nach der repräsentativen Studie hat jeder
zehnte Arbeitnehmer einen riskanten Alkoholkonsum – hochgerechnet betrifft das
vier Millionen Menschen. Erstmals untersucht der Report das Thema
Computerspielsucht in der Arbeitswelt. Ergebnis: Rund 2,6 Millionen
Erwerbstätige haben ein riskantes Nutzungsverhalten. „Auf Grundlage der
Ergebnisse brauchen wir eine breite gesellschaftliche Debatte zur
Suchtproblematik“, sagt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. „Wir
fordern ein umfassendes Werbeverbot für Tabak und E-Zigaretten.“ Die Kasse
startet auch ein neues Präventionsangebot bei Alkoholproblemen.
Laut DAK-Gesundheitsreport 2019 fehlen Arbeitnehmer mit
Hinweisen auf eine so genannte Substanzstörung deutlich öfter im Job als ihre
Kollegen ohne auffällige Probleme. Der Krankenstand der Betroffenen ist mit 7,6
Prozent doppelt so hoch. Sie fehlen aber nicht öfter im Job, weil sie wegen
ihrer Suchtproblematik krankgeschrieben werden. Vielmehr zeigen sich bei ihnen
in allen Diagnosegruppen mehr Fehltage. Besonders deutlich ist der Unterschied
bei den psychischen Leiden. Hier sind es mehr als dreimal so viele Fehltage.
Bei Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen gibt es ein Plus von 89
Prozent, bei Atemwegserkrankungen sind es 52 Prozent. Insgesamt gibt es nach
der DAK-Studie unter den Erwerbstätigen 6,5 Millionen abhängige Raucher,
400.000 erfüllen die Kriterien einer Internet Gaming Disorder
(Computerspielsucht), 160.000 Erwerbstätige sind alkoholabhängig.
Alkohol: Jeder zehnte Arbeitnehmer trinkt riskant
Der Großteil der direkten Krankmeldungen bei Suchtproblemen
ist auf Alkohol zurückzuführen (74 Prozent). Laut Studie der DAK-Gesundheit hat
jeder zehnte Arbeitnehmer in Deutschland einen riskanten Alkoholkonsum. Damit
setzen sich rund vier Millionen Erwerbstätige mit ihrem Trinkverhalten Risiken
aus, krank oder abhängig zu werden. „Die
hohe Zahl der Betroffenen ist alarmierend. Der riskante
Umgang mit Alkohol bleibt ein zentrales Problem in unserer Gesellschaft, das
auch gravierende Folgen in der Arbeitswelt hat“, sagt der Vorstandsvorsitzende
der DAK-Gesundheit Andreas Storm. „Sucht ist eine Krankheit, die jeden treffen
kann. Wir wollen eine breite und offene Debatte anstoßen. Wir müssen hinsehen,
hinhören und handeln, um Betroffene nicht allein zu lassen. Ist es Genuss,
Gewohnheit oder bereits Sucht?“ Beim Thema Alkoholprävention fehlen
flächendeckende und wirksame Angebote. Die DAK-Gesundheit schließt diese
Versorgungslücke ab sofort mit einem neuen Online-Selbsthilfeprogramm bei
Alkoholproblemen.
Besonders junge Erwerbstätige trinken riskant: Jeder
Sechste zwischen 18 und 29 Jahren ist betroffen. Der Anteil der Beschäftigten
dieser Altersgruppe mit riskantem Alkoholkonsum ist fast doppelt so groß wie
unter den 40- bis 49-Jährigen. Insgesamt verdeutlicht die
Beschäftigtenbefragung im Rahmen des DAK-Reports auch mögliche arbeitsbedingte
Risikofaktoren für den Umgang mit Alkohol: So ist der Anteil der Beschäftigten
mit einem Alkoholproblem größer, je häufiger sie an der Grenze der
Leistungsfähigkeit gearbeitet haben. Auch starker Termin- und Leistungsdruck
sowie emotional belastende Situationen bei der Arbeit werden als mögliche
Risikofaktoren für einen erhöhten Alkoholkonsum genannt. „Sucht betrifft alle
Bereiche unseres Lebens und damit auch stark das Berufsleben“, betont die
Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler. „Umso wichtiger ist es, dass auch
Arbeitgeber offen mit dem Thema Sucht umgehen. Sie müssen ihrer Fürsorgepflicht
gerecht werden und Mitarbeiter frühzeitig ansprechen und Hilfe anbieten.“
Folgen für die Arbeitswelt: abgelenkt und zu spät
Die Analyse zeigt die Folgen des Trinkverhaltens für die
Arbeitswelt. Je höher der Alkoholkonsum, desto gravierender sind die
Auswirkungen:
• Jeder neunte Arbeitnehmer mit riskantem Trinkverhalten
gibt an, in den letzten drei Monaten wegen Alkohol abgelenkt oder unkonzentriert
bei der Arbeit gewesen zu sein. Bei Erwerbstätigen mit einer möglichen
Alkoholabhängigkeit sagt dies fast jeder Zweite (47,3 Prozent).
• 6,8 Prozent der Beschäftigten mit riskantem
Alkoholkonsum geben an, deshalb zu spät zur Arbeit gekommen zu sein oder früher
Feierabend gemacht zu haben. Bei Beschäftigten mit einer
möglichen Alkoholabhängigkeit sind es 27,2 Prozent.
• 3,8 Prozent der Beschäftigten mit riskantem
Alkoholkonsum trinken nach eigenen Angaben Alkohol auch mehrmals pro Monat
oder häufiger bei der Arbeit. Bei Beschäftigten mit einer
möglichen Abhängigkeit sind es 17,2 Prozent.
• Bei 1,4 Prozent der Arbeitnehmer mit riskantem
Trinkverhalten hat ihr Alkoholkonsum nach eigenen Angaben eine Rolle für eine
oder mehrere Krankmeldungen innerhalb des vergangenen Jahres gespielt. Bei
Beschäftigten mit einer möglichen Alkoholabhängigkeit sind es 7,2 Prozent.
Computerspiele: 2,6 Millionen Beschäftigte spielen
riskant
Erstmals untersucht der Report auch das Thema Gaming und
seine Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Demnach spielt mehr als jeder zweite
Erwerbstätige (56,1 Prozent) Computerspiele. 6,5 Prozent
der Erwerbstätigen in Deutschland gelten als riskante Gamer. Das heißt: 2,6
Millionen Beschäftigte zeigen auffälliges Nutzungsverhalten. Jeder Vierte von
ihnen spielt auch während seiner Arbeitszeit. Vor allem junge Erwerbstätige
zwischen 18 und 29 Jahren sowie Männer sind laut DAK-Report riskante
Computerspieler (11,6 Prozent und 8,5 Prozent).
Computerspielsucht – jeder Zweite spielt während der
Arbeitszeit
Auch das Gamen beeinflusst die Arbeitswelt und die
Gesundheit stark:
• Jeder vierte Arbeitnehmer mit riskantem Spielverhalten
gibt an, während der Arbeitszeit Computerspiele zu spielen. Bei Erwerbstätigen
mit Computerspielsucht sagt das fast jeder Zweite.
• Etwa jeder zehnte Arbeitnehmer mit riskantem
Spielverhalten (9,4 Prozent) war in den letzten drei Monaten nach eigenen
Angaben wegen des Computerspielens abgelenkt oder unkonzentriert bei der
Arbeit. Bei Erwerbstätigen mit einer Computerspielsucht betrifft dies mehr als
jeden Dritten (34,1 Prozent).
• 8,6 Prozent der riskanten Gamer kamen wegen ihres
Spielens zu spät zur Arbeit oder machten deshalb früher Feierabend. Bei
computerspielsüchtigen Beschäftigten sind es 24,8 Prozent.
• Bei 0,7 Prozent der Arbeitnehmer mit riskantem
Spielverhalten hat das Spielen eine Rolle für eine oder mehrere Krankmeldungen
innerhalb des vergangenen Jahres gespielt. Bei süchtigen
Beschäftigten sind es 9,7 Prozent.
Rauchen ist verbreitetste Sucht
Das Rauchen von Zigaretten ist laut DAK-Report die
verbreitetste Sucht, die auch die Arbeitswelt betrifft. 22 Prozent der
Erwerbstätigen greifen
zum Glimmstängel. Unter den jungen Erwerbstätigen
zwischen 18 und 29 Jahren gibt es mit 16,3 Prozent den geringsten Anteil. Bei
den 60- bis 65-jährigen Berufstätigen raucht fast jeder Vierte (23,7 Prozent).
Fast jeder zweite Raucher raucht auch während seiner Arbeitszeit, also
außerhalb der Arbeitspausen.
Dampfen – nicht ohne Nikotin
Derzeit dampfen rund fünf Prozent der Erwerbstätigen in
Deutschland E-Zigarette. Diese Quote ist über alle Altersgruppen hinweg in etwa
gleich. Raucher von E-Zigaretten greifen oft parallel zur herkömmlichen
Zigarette, belegt der DAK-Report. Dampfer finden sich deshalb fast
ausschließlich unter Rauchern und Ex-Rauchern. Mit 85 Prozent konsumiert die
deutliche Mehrheit der Dampfer Liquid mit Nikotin. „Dampfen mit Nikotin oder
Tabak führt in die Abhängigkeit, genau wie herkömmliche Zigaretten“, warnt
Andreas Storm. „Deshalb brauchen wir endlich ein umfassendes Werbeverbot für
Tabak, Zigaretten und E-Zigaretten. Diese Forderung unterstützt auch die
Fachgesellschaft der Lungenärzte mit Hinweis auf die Gesundheitsrisiken. Weil
E-Zigaretten gesundheitsgefährdende Suchtmittel sind, dürfen sie nicht vom
geplanten Tabakwerbeverbot der Bundesregierung ausgenommen werden.“
DAK-Gesundheit bietet Online-Hilfe bei Alkoholproblemen
Mit Blick auf die Ergebnisse des Reports bietet die
DAK-Gesundheit ab sofort ein neues präventiv ansetzendes Hilfsangebot bei
Alkoholproblemen an – und schließt damit eine Versorgungslücke in Deutschland.
Bislang fehlen flächendeckende und wirksame Angebote. Versicherte der
Krankenkasse können das kostenlose Online-Coaching „Vorvida“ nutzen, um ihren
Alkoholkonsum zu reduzieren. Eine aktuelle wissenschaftliche Untersuchung des
Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf (UKE) belegt die Wirksamkeit: Bei den
Teilnehmern sank das riskante Trinkverhalten um bis zu 75 Prozent. Die
DAK-Gesundheit ist die erste Krankenkasse, die das Programm der Hamburger GAIA AG
ihren Versicherten anbietet. Das Online-Coaching „Vorvida“ ist auf Smartphones
und Tablets mobil voll nutzbar. Es kann auch über die digitale
Gesundheitsplattform „Vivy“ genutzt werden. Alle Daten werden vertraulich behandelt und nicht weitergegeben. Eine
Anmeldung ist auf www.vorvida.de/dak
möglich.
Quelle - Text und Foto: DAK-Gesundheit