Speisen zu lernen
Von
Uta Luise Zimmermann-Krause
Es gibt
in Frankreich kulinarisch alles, behauptet der renommierte Autor Peter Peter in seinem Buch „Vive la Cuisine – Kulturgeschichte der
französischen Küche“, erschienen bei C.H.Beck
in München. Peter Peter unterrichtet am Gastrosophiezentrum der Universität
Salzburg und als Gastdozent in Frankreich und Italien. Er ist Mitglied des Kulinaristik-Forums
sowie der Deutschen Akademie für Kulinaristik. Neben der Vielfalt zur
Zubereitung mehr als ausgefallener und schmackhafter Gerichte, zeigt sich die
Einmütigkeit, mit der gemeinsames Essen zelebriert wird. Die Gastronomie ist
ein Teil der Kultur und fördert soziales Befinden. Und dass die Menschen in der
Steinzeit Reste ihrer Paläo-Diät uns überlassen haben, zeigt sich an den
atlantischen Küsten in prähistorischen Halden von Muschelschalen, Knochen,
Schneckenhäusern. Mit Faustkeilen zertrümmerte Knochen und Schädel von Großvieh
zeugen von der Vorliebe der Steinmenschen für Hirn und Knochenmark. In der
Grotte von Lascaux berichten Felszeichnungen vom schamanischen Jagdzauber und
spiegeln Flora und Fauna. Forschern ist die Aussage gelungen, dass vor etwa
2500 Jahren bereits Huhn aus Kleinasien in griechischem Wein geschmort wurde.
Das köstliche französische Nationalgericht! Ein kulinarischer Spaziergang durch
die Geschichte von der prähistorischen Zeit bis zur Gegenwart offenbart
facettenreichen Kulturaustausch bei Zutaten und alkoholischen Getränken.
Fürwahr ein Genuss, wenn dazu auch Anleitungen zur Zubereitung
außergewöhnlicher Speisen geliefert werden. Und selbst Kaiser Karl der Große (*
742, † 814) notierte in seiner Verordnung, welche Art von Kräutern in
königlichen und klösterlichen Gärten anzubauen sind. Sein Gegenspieler, der
Kaiser von Byzanz, tauchte beim Essen die Finger in parfümiertes Wasser, und
Karl der Große tat es ihm gleich, wenn er die Finger beim Essen zu Hilfe nahm.
Einer Illustration ist zu entnehmen, dass ein Mönch wohl zu viel vom Messwein
trank. Und der Bilderteppich von Bayeux präsentiert unter anderem ein
fleischhaltiges Fürstenbankett, zu dem Fleischspieße von Dienern gereicht
werden. Dreißig Originalrezepte aus früher Zeit, ohne Mengenangaben der
Zutaten, stellen eine Herausforderung zu Kreativität am Herd dar. »Überbrüht
und wascht die Austern recht gut, kocht sie einmal auf und lasst sie abtropfen,
bratet sie mit Zwiebel, die in Öl gekocht ist. Dann nehmt geröstetes Brot oder
eine große Menge Brösel und lasst sie in Gemüsebrühe einweichen …«, heißt es
animierend. Kulinarisches Denken wandelte sich mit den Jahrhunderten, in
Kriegs- und Friedenszeiten. Die Kochbücher des 18. Jahrhunderts nehmen die
Raffinesse der Kombinationen von Zutaten vom Rohen und Gekochten auf. Und heute
zeigt Gérard Depardieu, dass das Auge mittrinkt, während Marie-Antoine Caréme
als erster Starkoch polterte: »Einem Gast, dessen Saumseligkeit das Diner
verzögert, sollte man die Tür des Speisezimmers ins Gesicht schlagen.« Dies
könnte wohl so manchem noch heute ein wertvoller Hinweis sein, oder?
Mit
reichlich Charme erzählt und aufbereitet, ist das Buch »Vive la Cuisine –
Kulturgeschichte der französischen Küche« Interessenten
unbedingt an die Hand zu empfehlen!
Vive la Cuisine – Kulturgeschichte
der französischen Küche,
236 Seiten, 160 Abbildungen,
Halbleinen, Hardcover,
Verlag C.H.Beck, 2019,
ISBN: 978-3-406-72624-8
Preis: € 22,00