Langer Atem lohnt bei der Ausbildungssuche
Magdeburg/Halle (Saale), 24. Oktober 2017. Nicht für alle
sachsen-anhaltischen Jugendlichen ist die Suche nach einem
Ausbildungsplatz einfach – jeder fünfte Azubi brauchte dafür einen langen
Atem. Dies zeigt eine Umfrage der Industrie- und Handelskammern (IHKn) im
Land unter 1.060 Auszubildenden, die gerade ihr erstes Lehrjahr
abgeschlossen haben. Demnach mussten gut zwölf Prozent der Jugendlichen
mehr als 20 und knapp neun Prozent sogar über 40 Bewerbungen schreiben, um
eine Zusage für einen Ausbildungsplatz zu erhalten.
38 Prozent der Jugendlichen mussten hingegen nicht lange suchen und kamen
mit einer bis fünf Bewerbungen aus, über die Hälfte brauchte bis zu zehn.
Um erfolgreich zu sein, müssen insbesondere Realschüler und Absolventen
mit Fachhochschulreife größere Anstrengungen unternehmen. Abiturienten
gelingt es dagegen am schnellsten, eine Lehrstelle zu finden. „Unternehmen
prüfen die Ausbildungsreife der Bewerber genau“, erklärt Klaus Olbricht (Foto),
Präsident der Industrie- und Handelskammer Magdeburg und Sprecher der
Landesarbeitsgemeinschaft der sachsen-anhaltischen IHKn. „Da ist es
besonders erfreulich, dass knapp 40 Prozent der Jugendlichen mit einem
Hauptschulabschluss nur bis zu fünf Bewerbungen versenden müssen.“
Drei von vier Auszubildenden in Sachsen-Anhalt erlernen ihren Wunschberuf
Die Umfrage ergab auch, dass drei Viertel der sachsen-anhaltischen Azubis
ihre Lehrstelle im angestrebten Berufsfeld bekommen. Besonders hilfreich
bei der Suche, so meinte mehr als die Hälfte der Befragten, seien
vorherige Praktika im Betrieb gewesen. Gefunden wurde der geeignete
Ausbildungsbetrieb vor allem über die Medien oder die Agentur für Arbeit –
aber nicht nur: Jeder dritte Azubi bekam den entscheidenden Tipp von
seinen Eltern. Über sechs Prozent der befragten Jugendlichen hatten vor
der Ausbildung bereits ein Studium begonnen. Carola Schaar, Präsidentin
der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, bemerkt dazu: „Unsere
Bemühungen, die Studienabbrecher als potenzielle zukünftige Auszubildende
stärker in den Blickpunkt zu rücken, tragen also erkennbar Früchte.“ Die
regionale Entfernung zur Berufsschule sei aber noch immer ein Problem.
Zwar bräuchte ein Fünftel der Auszubildenden nur eine halbe Stunde zur
berufsbildenden Schule hin und zurück, fast ein Drittel eine Stunde, aber
jeweils fünf Prozent bis zu zweieinhalb, bis zu drei oder gar länger als
drei Stunden. „Da sehen wir politischen Handlungsbedarf“, betont Schaar.
„Eine Änderung des Schulgesetzes ist überfällig. Azubis sollten die
nächstgelegene berufsbildende Schule besuchen dürfen, die den gewählten
Ausbildungsberuf anbietet. Landkreisgrenzen dürfen nicht – wie bisher –
eine Mauer darstellen.“
Hintergrund: Die Landesarbeitsgemeinschaft der beiden Industrie- und
Handelskammern in Sachsen-Anhalt (LAG) besteht seit 1997 und vertritt die
Interessen von über 110.000 Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft in
Sachsen-Anhalt. Die Landesarbeitsgemeinschaft führt Umfragen unter ihren
Mitgliedsunternehmen durch, erarbeitet fachliche Stellungnahmen und
vertritt das Gesamtinteresse der Unternehmen gegenüber Politik, Verwaltung
und Öffentlichkeit. Die beiden sachsen-anhaltischen IHKn haben die
Azubiumfrage 2017 zum zweiten Mal erhoben. Ziel der Befragung ist es,
Einblicke in das Bewerbungs- und Berufsverhalten zu gewinnen. Außerdem
soll bewertet werden, wie wirksam Berufsorientierungsmaßnahmen sind. Die
Auszubildenden im gerade beendeten ersten Lehrjahr wurden postalisch und
auf digitalem Weg aufgefordert teilzunehmen. 1.060 sachsen-anhaltische
Azubis haben auf die Fragen geantwortet.