Magdeburg, 27. Juni 2017 - Mehr als 210.000 Sachsen-Anhalter gehen wegen Kopfschmerzen oder Migräne zum Arzt, also fast jeder Zehnte Einwohner. Dies ist das Ergebnis des BARMER Arztreports 2017.
"Alarmierend ist, dass vor allem junge Erwachsene betroffen sind", sagt BARMER-Landesgeschäftsführer Axel Wiedemann. In Sachsen-Anhalt sind rund 31.000 junge Erwachsene zwischen 18 und 27 Jahren wegen Migräne oder Kopfschmerzen in ärztlicher Behandlung. Doch Experten gehen von einer nicht unerheblichen Dunkelziffer aus, da viele Kopfschmerzpatienten sich selbst mit Schmerzmitteln therapieren.
Regionale Unterschiede
Über alle Altersgruppen hinweg liegt der Anteil von Kopfschmerzdiagnosen bei Frauen (12,3 %) fast doppelt so hoch wie bei Männern (6,2 %), bei Migräne sogar drei Mal so hoch (6,8 % Frauen, 2,1 % Männer). "Wir können deshalb von einer 'neuen Volkskrankheit' sprechen", sagt Axel Wiedemann. Und Sachsen-Anhalt ist "Kopfschmerzland": Mit einer Betroffenenrate von 9,8 Prozent liegt unser Bundesland knapp hinter Berlin (10,04%) und Thüringen (10,02%) im bundesweiten Vergleich in der Spitze. Landesweit reicht die Spanne von 7,7 Prozent im Altmarkkreis Salzwedel bis zu 11,2 Prozent im Landkreis Börde.
Regionalzahlen Kopfschmerzdiagnosen (alle Altersgruppen)
Kreis / Stadt
Betroffene
Betroffenenrate
relative Rate
Dessau-Roßlau
ca. 7.000
9,50%
1,02
Halle (Saale)
ca. 25.500
11,08%
1,19
Magdeburg
ca. 24.000
10,46%
1,12
Altmarkkreis Salzwedel
ca. 6.000
7,67%
0,82
LK Anhalt-Bitterfeld
ca. 15.000
9,84%
1,06
LK Börde
ca. 18.750
11,15%
1,20
Burgenlandkreis
ca. 16.000
9,05%
0,97
LK Harz
ca. 21.000
9,63%
1,03
LK Jerichower Land
ca. 8.000
9,11%
0,98
LK Mansfeld-Südharz
ca. 12.750
9,40%
1,01
Saalekreis
ca. 17.000
9,50%
1,02
Salzlandkreis
ca. 18.000
9,55%
1,02
LK Stendal
ca. 11.000
10,05%
1,08
LK Wittenberg
ca. 11.000
9,00%
0,96
Sachsen-Anhalt
211.269
9,83%
1,05
bundesweit
7.615.616
9,32%
1,00
Starker Anstieg bei jungen Erwachsenen
Kopfschmerzdiagnosen sind bei jungen Erwachsenen deutlich höher als in anderen Altersgruppen: "Bei uns in Sachsen-Anhalt sind 15,6 Prozent der 18- bis 27-Jährigen betroffen, also rund 31.000 junge Erwachsene. Damit liegen wir deutlich über dem Bundesdurchschnitt", sagt Wiedemann. Doch auch hier gibt es regionale Schwankungen: Die rate reicht von 11,7 Prozent im Altmarkkreis Salzwedel bis zu 17,4 Prozent in der Börde (vgl. Tabelle). "Doch besonders macht uns Sorge, dass die Kopfschmerzdiagnosen bei den jungen Erwachsenen von 2005 bis 2015 überdurchschnittlich stark um 42 Prozent gestiegen sind", sagt der Landesgeschäftsführer.
Kopfschmerzdiagnosen junge Erwachsene (18-27 Jahre)
Kreis / Stadt
Betroffenenrate
relative Rate
Dessau-Roßlau
13,79%
0,97
Halle (Saale)
16,02%
1,12
Magdeburg
16,00%
1,12
Altmarkkreis Salzwedel
11,71%
0,82
LK Anhalt-Bitterfeld
15,26%
1,07
LK Börde
17,43%
1,22
Burgenlandkreis
13,79%
0,97
LK Harz
16,28%
1,14
LK Jerichower Land
13,67%
0,96
LK Mansfeld-Südharz
15,08%
1,06
Saalekreis
16,37%
1,15
Salzlandkreis
16,75%
1,17
LK Stendal
16,79%
1,18
LK Wittenberg
12,57%
0,88
Sachsen-Anhalt
15,62%
1,09
bundesweit
14,26%
1,00
Was sind die Gründe? "Vermutlich nimmt der Leistungsdruck auf junge Leute in Ausbildung, Studium und Beruf stetig zu. Auch dürften die zunehmende Digitalisierung und die damit einhergehende Erwartung, ständig erreichbar zu sein, eine Ursache für die gestiegenen Kopfschmerzdiagnosen sein", so Wiedemann. Dabei gehen die Experten jedoch von einer nicht unerheblichen Dunkelziffer aus: "Ganz sicher haben noch viel mehr junge Menschen mit Kopfschmerz und Migräne zu kämpfen, als uns aus ärztlichen Diagnosen bekannt ist. Doch diese Gruppe geht tendenziell seltener zum Arzt, weswegen wir sie auf anderem Wege erreichen müssen", so Axel Wiedemann.
Nach Analysen der BARMER ist bei den 18- bis 27-Jährigen von 2005 bis 2015 zudem die Verordnungsrate von Migränemitteln um 58 Prozent angestiegen. Über alle Altersklassen hinweg gab es hingegen nur einen moderaten Anstieg der Medikamentenverordnungen von unter 10 Prozent. Dabei wurden fast ausschließlich Mittel aus der Substanzgruppe der Triptane verordnet, die als Wundermittel für Migräne-Patienten gelten. "Jedoch haben diese Medikamente häufig unerfreuliche Nebenwirkungen, nämlich Kopfschmerzen. Und damit stecken bereits junge Patienten in einem Teufelskreis aus Tablettenkonsum und Dauerkopfschmerzen. Die Betroffenen sitzen dann in einer Pillenfalle", so BARMER-Geschäftsführer Wiedemann.
Moderne Lösung: Kopfschmerzprävention via App
Die BARMER rät deshalb zu Veränderungen in der Lebensweise, wie mehr Bewegung an frischer Luft und gesunder, leichter Kost. Nachhaltigen Erfolg bei der Kopfschmerzprävention verspricht zudem eine von der BARMER geförderte neue Migräne- und Kopfschmerz-App. Regionalgeschäftsführer Wiedemann: "Die App 'M-sense' ist ein digitaler Assistent für Menschen mit Kopfschmerzen. Sie macht die individuellen Ursachen aus, kann leitliniengerecht zwischen Migräne und Spannungskopfschmerzen unterscheiden und analysiert den genauen Verlauf der Kopfschmerzattacken. Diese Dokumentationen können dem behandelnden Arzt eine wichtige Hilfe bei der Therapie sein. Nicht zufällig ist 'M-sense' die einzige App zur Kopfschmerzprävention, die auf dem deutschen Markt als Medizinprodukt zertifiziert ist."
Zudem wird "M-sense" kontinuierlich weiterentwickelt. So sollen den Betroffenen künftig auch individuelle Präventionspläne angezeigt werden, die die Kopfschmerzen reduzieren helfen. "Diese App geht über die Dokumentation und Analyse des Krankheitsverlaufes hinaus. Menschen mit Kopfschmerzen werden künftig selbstständig therapeutisch und präventiv durch einen persönlichen Assistenten begleitet", ergänzt Axel Wiedemann.