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Aus dem Gerichtssaal: Keine Waffenbesitzkarte für sogenannten „Reichsbürger“

Freitag, den 13. März 2020

Die unter anderem für Waffenrecht zuständige 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Darmstadt hat mit Beschluss vom 04.03.2020 im Eilverfahren eine Entscheidung des Landkreises Offenbach bestätigt, in der dem Antragsteller dessen Waffenbesitzkarten (und damit seine Berechtigung zum Besitz erlaubnispflichtiger Waffen) entzogen wurden. Soweit dem Betroffenen darüber hinaus auch der Besitz erlaubnisfreier Waffen untersagt wurde, hatte sein Eilantrag Erfolg.

Der Antragsteller ist als Sportschütze Inhaber zweier in den Jahren 1996 und 1997 ausgestellter Waffenbesitzkarten und besitzt sechs Schusswaffen.

Im Jahr 2015 beantragte er einen Staatsangehörigkeitsausweis und gab bei der Antragstellung als Geburtsstaat „Königreich Preußen (Deutschland als Ganzes) und als Wohnsitzstaat „Großherzogtum Hessen (Deutschland als Ganzes)“ an. Darüber hinaus gab er an, die Staatsangehörigkeit des Königreichs Sachsen zu besitzen.

Mit Bescheid vom 03.12.2019 widerrief die Behörde nach entsprechender Anhörung die dem Antragssteller erteilten Waffenbesitzkarten und untersagte ihm darüber hinaus allgemein den Besitz von Waffen und Munition.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die im Rahmen der Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises gemachten Angaben des Antragstellers ließen erkennen, dass dieser der sog. Reichsbürgerbewegung zuzuordnen sei, er damit die Bundesrepublik Deutschland nicht anerkenne und deren Rechtsordnung und Organe ablehne. Aufgrund dieser Zuordnung besitze er nicht mehr die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Denn es müsse davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller damit auch das Waffenrecht als für sich nicht verbindlich ansehe und demzufolge nicht vorsichtig und sachgemäß mit den Waffen umgehe beziehungsweise diese verwahre.

Hiergegen hat der Antragsteller Widerspruch erhoben und bei Gericht um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Er trägt vor, er erhebe keinerlei Sympathiebekundungen in Bezug auf die Reichsbürgerbewegung und stelle darüber hinaus auch weder ausdrücklich noch konkludent seine Bindung an in der Bundesrepublik Deutschland geltende Rechtsvorschriften in Abrede.

In seinem Beschluss vom 04.03.2020 hat das Verwaltungsgericht Darmstadt den Antrag insoweit abgelehnt, als sich dieser auf den Entzug der Waffenbesitzkarten bezieht. Zur Begründung führt das Gericht aus, der Antragsteller verfüge nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Waffengesetz. Maßgeblich für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit gegeben sei, sei eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit großer Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiere. 

Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden seien, seien nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienten, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen. Nach Aktenlage sei vorliegend davon auszugehen, dass der Antragsteller der sogenannten „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sei bzw. sich deren Ideologie zu eigen gemacht habe. Verbindendes Element dieser Reichsbürgerbewegung sei die fundamentale Ablehnung der Legitimität und Souveränität der Bundesrepublik Deutschland sowie deren bestehender Rechtsordnung. 

Nach einem entsprechenden Verfassungsschutzbericht sei die Reichsbürgerideologie geeignet, Personen in ein geschlossenes, verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden könne. Dies könne wiederum Grundlage für eine Radikalisierung sein bis hin zur Gewaltanwendung. Da die Mitglieder dieser Bewegung waffenrechtliche Normen nicht als für sie verbindlich ansähen, müsse ihnen die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden. 

Aufgrund der Aktenlage sei im summarischen vorläufigen Rechtschutzverfahren davon auszugehen, dass der Antragsteller Mitglied dieser Bewegung sei bzw. sich nicht glaubhaft davon distanziert habe. Aus Gründen der Gefahrenabwehr und der Gefahr für überragende Rechtsgüter überwiege daher das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Widerrufsentscheidung gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers.

Soweit die Behörde darüber hinaus ein allgemeines Besitzverbot bzgl. erlaubnisfreier Waffen ausgesprochen habe, habe der Antrag hingegen Erfolg. Im Hinblick auf das erheblich reduzierte Gefährdungspotenzial solcher Waffen könnten die vorgenannten Grundsätze hierauf nicht angewandt werden. Damit überwiege insoweit das Interesse des Antragstellers, weiterhin im Besitz dieser Waffen bleiben zu können, gegenüber dem öffentlichen Interesse an deren Entzug.

Gegen diesen Beschluss kann von beiden Beteiligten binnen zwei Wochen nach Zustellung Beschwerde zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof nach Kassel eingelegt werden.

Das Verfahren trägt das Aktenzeichen 5 L 10/20.DA.