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Aus dem Gerichtssaal: VW akzeptiert Urteil im Diesel-Abgasskandal

Sonntag, den 9. Februar 2020

Verbraucher erhält Kaufpreis zurück / Keine Nutzungsentschädigung für VW

Lahr (ots). Jetzt beginnt es, für VW im Diesel-Abgasskandal richtig teuer zu werden: Erstmals in der Geschichte des Skandals ist ein Urteil rechtskräftig geworden, das einem Verbraucher den vollen Kaufpreis zugesprochen hat. Die in der Regel von anderen Gerichten gewährte Nutzungsentschädigung für den Autobauer war in dem Urteil des Landgerichts Potsdam nicht vorgesehen (Az. 6 O 38/18). "Das stärkt die Position von allen betroffenen Verbrauchern und erhöht den Druck auf VW, die Verfahren endlich zu beschleunigen", sagte Dr. Ralf Stoll von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH aus Lahr. Denn durch die von VW in die Länge gezogenen Verfahren erhöhte sich bisher die Nutzungsentschädigung, weil die Autos weiter von den Verbrauchern genutzt wurden, und verringerte so im Gegenzug den zu zahlenden Schadensersatz.

Fällt vor dem Bundesgerichtshof die Nutzungsentschädigung?

"Das ist schon eine Sensation. Insgesamt hat sich die Rechtsprechung seit Beginn des Skandals im September 2015 zugunsten der Verbraucher entwickelt. VW muss und wird zur Rechenschaft gezogen", freut sich Dr. Ralf Stoll über das rechtskräftige Urteil vom Landgericht Potsdam, das die Partnerkanzlei Rogert & Ulbrich aus Köln erstritten hat. VW hatte überraschenderweise die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vor dem Oberlandesgericht Brandenburg (Az. 3 U 61/19) zurückgezogen. Zuvor hatte bei einem Gütetermin das OLG die gängige Praxis der Nutzungsentschädigung angezweifelt und damit signalisiert damit, dass VW wohl leerausgehen könnte. Für Dr. Ralf Stoll ist der Rückzug der Berufung durch VW insofern bemerkenswert, weil in drei Monaten am 5. Mai 2020 vor dem BGH die erste Verhandlung im Diesel-Abgasskandal terminiert ist. Auch das OLG Hamburg hat Anfang Januar die bisherige Praxis der Nutzungsentschädigung kritisiert. Die Vermutung liegt für Stoll nahe, dass es am BGH für VW in Sachen Nutzungsentschädigung nichts zu erben geben könnte. "Wenn der BGH die Entschädigung kippt, wird das richtig teuer für VW", vermutete Stoll. Die Verbraucher-Kanzlei Dr. Stoll & Sauer gehört zu den führenden im Abgasskandal. Für Die Inhaber vertreten darüber hinaus rund 450.000 Verbraucher in der Musterfeststellungsklage gegen VW.

OLG Brandenburg zweifelte an Nutzungsentschädigung

Im vorliegenden Fall hatte das Landgericht Potsdam am 12. April 2019 (Az: 6 O 38/18) die Volkswagen AG zur Rückzahlung von 11.980 Euro zzgl. Darlehenszinsen in Höhe von 2.118,72 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 19. Dezember 2017 verurteilt. Eine Nutzungsentschädigung war in dem Urteil nicht vorgesehen. Der betroffene Verbraucher hatte einen Volkswagen Passat 2.0 TDI Blue Motion am 16. Mai 2014 erworben. VW legte gegen das Urteil Beschwerde ein. Das Oberlandesgericht Brandenburg zweifelte dann in einem Gütetermin (Az. 3 U 61/19) am 17. Dezember 2020 an der Nutzungsentschädigung. Der Senat sah gute Argumente, die Entschädigung nicht zu gewähren. Der Kläger habe den Kaufvertrag durch die Täuschung von VW unfreiwillig abgeschlossen. Die Nutzungsentschädigung würde VW Kapital in die Hände spielen, das sich der Autobauer durch Täuschung erschlichen hat. Der Senat stellte daher die Überlegung an, dass dem Geschädigten im Falle des Abzugs einer Nutzungsentschädigung ebenfalls eine Kompensation zusteht. Jedenfalls dürfe die Nutzungsentschädigung nicht aus dem vollen Kaufpreis berechnet werden, da das Fahrzeug aufgrund des gravierenden Mangels von Anfang an einen Minderwert in sich trug. Demzufolge müsste man den Kaufpreis "fiktiv" ansetzen.

Der Trend beim Thema Nutzungsentschädigung hat sich gegen VW gewandt. Die Ansicht beginnt sich durchzusetzen, dass sich der Abzug von Nutzungen bei krimineller Übervorteilung von Kunden verbietet. Wer lügt und trickst, kann nicht mit Entschädigung rechnen. "Letztlich wäre es ja absurd, wenn VW durch die Entschädigung und seine gerichtliche Hinhaltetaktik noch wirtschaftlich profitiert. Das muss verhindert werden." Dr. Ralf Stoll sieht weiterhin gute Chancen für die Verbraucher gegen VW gerichtlich vorzugehen. "Denn klar ist, dass die Diesel-Fahrzeuge durch die Manipulation am Motor in ihrem Wert gemindert sind", betonte der Verbraucher-Anwalt weiter. Im kostenfreien Online-Check der Kanzlei lässt sich der richtige Weg aus dem Diesel-Abgasskandal von VW herausfinden. Die Fälle werden kostenlos und individuell geprüft, ehe man sich auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die VW AG einigt.

Welche juristischen Möglichkeiten gibt es im Diesel-Abgasskandal?

Der Verbraucher kann drei Möglichkeiten für sich in Anspruch nehmen, um seine Rechte durchzusetzen.

1. Der Autoinhaber kann vom Kaufvertrag zurücktreten, weil das gelieferte Auto 
   im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) einen Sachmangel aufwies. Der 
   Bundesgerichtshof hat in seinem Hinweisbeschluss (Az. VIII ZR 225/17) vom 8. 
   Januar 2019 festgehalten, dass Fahrzeuge mit einer Manipulationssoftware 
   mangelhaft sind. Zahlreiche Gerichte haben auch daraufhin entschieden, dass 
   das Fahrzeug ohne eine Fristsetzung zur Nachbesserung zurückgegeben werden 
   kann. Der Kaufvertrag wird dann rückabgewickelt. Der Käufer muss letztlich 
   das Auto mit dem manipulierten Motor zurückgeben, kann aber im Gegenzug den 
   bereits bezahlten Kaufpreis zurückverlangen. Im Abgasskandal bei VW gibt es 
   zahlreich Urteile, bei denen die Rückabwicklung des Kaufvertrags angeordnet 
   worden ist. Möglicherweise muss der Verbraucher jedoch eine 
   Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer bezahlen. Zur Berechnung 
   eine möglichen Nutzungsentschädigung bietet die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer 
   einen Nutzungsentschädigungsrechner (hier) an.  

2. Der Verbraucher kann sein Fahrzeug auch behalten und die VW AG auf 
   Schadensersatz verklagen. Dieser Anspruch folgt aus der vorsätzlichen und 
   sittenwidrigen Schädigung des Konzerns nach § 826 BGB. Volkswagen muss dann 
   den Minderwert ersetzen, der durch die Manipulation entstanden ist. 
   Verschiedene Gerichte haben hier Beträge bis zu 25 Prozent des Kaufpreises 
   ausgeurteilt.  

3. Eine dritte Option hat die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer vor dem 
   Oberlandesgericht Karlsruhe erstritten: Wer sich einen Neuwagen gekauft hat, 
   kann auch die Neulieferung eines neuen Fahrzeuges ohne Manipulationssoftware 
   verlangen - natürlich gegen die Rückgabe des manipulierten Fahrzeugs. Für die
   gefahrenen Kilometer des alten Fahrzeugs muss der Verbraucher keine 
   Nutzungsentschädigung bezahlen. Nachdem der Bundesgerichtshof in seinem 
   Hinweisbeschluss, den Weg für die Nachlieferung geebnet hat, erstritt die 
   Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH am 24. Mai 2019 drei 
   Urteile des Oberlandesgerichts Karlsruhe, durch die die Kläger Neuwagen 
   erhalten und die alten Fahrzeuge über Jahre kostenlos gefahren sind. Mit 
   anderen Worten: Ein neues Auto, ohne für das alte Fahrzeug etwas bezahlt zu 
   haben. Mittlerweile ist das Urteil rechtskräftig (Az. 13 U 144-17), weil das 
   VW-Autohaus die mögliche Revision vor dem BGH nicht wahrgenommen hat - mehr 
   dazu hier.   

Für die Volkswagen AG wird es daher im Diesel-Abgasskandal immer enger. Die Zahl der Gerichte, die den Konzern im Fall des Motors EA 189 mit seinen Tochterunternehmen Skoda, Audi, Porsche und Seat wegen sittenwidriger Täuschung verurteilen, nimmt dramatisch zu. 17 von 24 Oberlandesgerichten haben den Autobauer wegen der Manipulation seiner Motoren auf Schadensersatz verurteilt. Zudem verurteilen laut dem Projekt "Dieselskandal" der Universität Regensburg 98 von 115 Landgerichten VW.

Dr. Stoll & Sauer führt Musterfeststellungsklage gegen VW mit an

Bei der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH handelt es sich um eine der führenden Kanzleien im Abgasskandal. Die Kanzlei ist unter anderem auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisiert. Die Kanzlei führt mehr als 2000 Verfahren gegen verschiedene Autobanken wegen des Widerrufs von Autokrediten. Im Widerrufsrecht bezüglich Darlehensverträgen wurden mehr als 5000 Verbraucher beraten und vertreten. Daneben führt die Kanzlei mehr als 12.000 Gerichtsverfahren im Abgasskandal bundesweit und konnte bereits hunderte positive Urteile erstreiten.