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Richterhammer, 08 Uhr

Ausübung von Gewalt aus einer Gruppe nach erpresster Übergabe der Beute führt zu umfangreicher Ahndung

06. November 2018

Amtsgerichts München vom 05.11.2018

Am 02.05.2018 verurteilte das zuständige Jugendschöffengericht am Amtsgericht München zwei 14-jährige Schüler wegen schwerer räuberischen Erpressung, schweren gemeinschaftlichen Raubes und gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung: den geringfügigen älteren zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten zur Bewährung neben einem dreiwöchigen Warnschussarrest und den geringfügig jüngeren zu vier Tagen Kurzarrest und zur Teilnahme an einem sozialen Trainingskurs. Beide haben sich zur Meidung eines Bewährungswiderrufs bzw. eines Ungehorsamsarrestes von den Geschädigten fernzuhalten.

An einem Montag im September 2017 gegen 17.25 Uhr trafen die Verurteilten zusammen mit drei weiteren strafunmündigen, weil unter vierzehn Jahren alten Kindern, vor einem Einkaufszentrum im Münchner Osten auf zwei vierzehnjährige Cousins, die Gucciimitate im Wert von je 20 € als Bauch- bzw. Umhängetaschen trugen. An deren Besitz waren einige aus der Gruppe interessiert.
Der jüngere Verurteilte forderte den etwas jüngeren Geschädigten auf, ihm seine Umhängetasche zum „Anprobieren“ zu übergeben. Dem kam dieser nach, da er davon ausging, dass er ansonsten von der Gruppe geschlagen werden würde.
Ein Täter öffnete den Klickverschluss der Tasche des etwas älteren Geschädigten und nahm ihm die Tasche weg, nachdem er den darin verwahrten Geldbeutel nebst Handy an den Geschädigten herausgegeben hatte. Als der Geschädigte die Tasche noch festhielt, schlug ihm ein Kind mit der Faust ins Gesicht. Nachdem ihm die Tasche bereits abgenommen war, schlug ihn auch der ältere Verurteilte mit der Faust in Gesicht. Als er weglaufen wollte, stellte ihm ein anderes Kind ein Bein, so dass er zu Boden fiel. Der ältere Verurteilte trat zusammen mit weiteren unbekannten Tätern mehrfach von oben auf ihn ein, darunter auch auf seinen Kopf.

Der ältere Geschädigte erlitt Prellungen und Hämatome, sowie ein Schädelhirntrauma ersten Grades und wurde drei Tage stationär im Krankenhaus behandelt.

Der ältere Verurteilte räumte in der Verhandlung nur die Erpressung und einen Faustschlag ein. Er war wegen einer kurz zuvor allein begangenen nahezu identischen Tat bereits vor Gericht gestanden. Der Jüngere gab an, eine der Taschen herausverlangt und dann zunächst zurückgegeben zu haben und bestätigte im Übrigen den geschilderten Tatablauf, wobei er von den Verletzungshandlungen erst im Nachhinein erfahren haben will. Der ältere Geschädigte erklärte bei seiner Vernehmung: “Wenn ich raus gehe, habe ich Angst, dass ich ihnen wieder begegne. Wenn es nur eine Person wäre, wäre es nicht schlimm gewesen aber die laufen immer in Gruppen rum.“ Ihm wäre an einer Entschuldigung schon vor der Verhandlung gelegen gewesen. Die Tätergruppe wisse, wo er wohne.

Die Vorsitzende Richterin begründete das Urteil des Schöffengerichts wie folgt:
„Bei beiden Angeklagten war zugunsten zu werten, dass sie beide noch sehr jung sind und im Gegensatz zu ihren noch strafunmündigen Mittätern die einzigen sind, die sich einer strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt sehen. Darüber hinaus haben sich beide Angeklagten zumindest teilweise geständig gezeigt und sich auch entschuldigt. (…)  Insbesondere ist insofern nachhaltig negativ zu werten, dass hier Gewalt gegen den Geschädigten (…) ausgeübt wurde, obwohl die Tatbeute bereits im Besitz der Tätergruppe war und dieser dennoch geschlagen und bei seiner anschließenden Flucht verfolgt wurde. Gänzlich inakzeptabel ist dann ferner der Umstand, dass der Geschädigte bei seiner Flucht zu Boden gebracht wurde und dann am Boden liegend von oben mit mehreren Fußtritten auf Gesicht und Körper traktiert wurde. (…) Im Hinblick auf den (jüngeren und nicht vorbelasteten) Angeklagten … war zusätzlich positiv zu werten, dass sein eigener Tatbeitrag gering gewesen ist, er insbesondere selber keine Gewalt ausgeübt hat. Darüber hinaus hat der Angeklagte in der Hauptverhandlung überzeugend den Eindruck vermittelt, reuig und schuldeinsichtig zu sein und sich auch in angemessener und überzeugender Form bei den Geschädigten entschuldigt. Weiterhin ist noch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bereits durch seine Eltern gravierend sanktioniert worden ist. Er hat seit der Tat im September 2017 durchgehend Hausarrest und auch kein Handy mehr, er ist daher in seinem Freizeitverhalten massiv eingeschränkt.“


Urteil des Amtsgerichts München vom 02.05.2018, Aktenzeichen 1034 Ls 468 Js 209098/17 jug

Das Urteil ist rechtskräftig.