header-placeholder


image header
image
justice 2060093 960 720

Aus dem Gerichtssaal: Verwaltungsgericht Magdeburg: Denkmalgeschützter Möhrenstieg in Quedlinburg darf abgerissen werden

Freitag, den 17. Juli 2020

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat am 07.07.2020 entschieden, dass eine kommunale Wohnungsbaugenossenschaft in Quedlinburg sechs unter Denkmalschutz stehende Wohngebäude, den Möhrenstieg, abreißen lassen darf. Das öffentliche Unternehmen hatte eine Genehmigung zum Abriss dieser Gebäude beantragt. Die Erhaltung dieses Wohnkomplexes sei wirtschaftlich nicht mehr zumutbar. Das Landesamt für Denkmalschutz und Archäologie hatte den Antrag unter Hinweis auf den Denkmalschutz der Gebäude abgelehnt.

Die Klage der Wohnungsbaugenossenschaft, deren Alleingesellschafterin die Welterbestadt Quedlinburg ist, wurde darauf gestützt, dass ein Großteil der Wohnungen in diesen Gebäuden leer stünde. Das Objekt befinde sich in schlechter Lage außerhalb des Stadtrings. Aufgrund des schlechten baulichen Zustandes müssten die Gebäude unter Beachtung der Anforderungen des Denkmalschutzes von Grund auf saniert werden. Hierfür würden Baukosten in Höhe von ca. 7 Mio. € anfallen. Für eine Investition in dieser Größenordnung bekomme sie von den Banken keinen Kredit. Es fehle ein Betrag von ca. 3,2 Mio. €.

Das beklagte Amt hatte der Klage entgegengehalten, dass die Stadt Quedlinburg als Gesellschafterin das öffentlichen Unternehmen finanziell unterstützen müsse, um die denkmalgeschützten Gebäude zu erhalten.

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat der Klage stattgegeben. Zwar sei die Stadt Quedlinburg durchaus gehalten, ihr Unternehmen finanziell zu unterstützen. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass die Gemeinde ihre eigenen Aufgaben nicht mehr wahrnehmen könne. Dies aber sei der Fall, wenn die Gemeinde einen Betrag von 3,2 Mio. € für das Objekt aufbringen müsste. Sie berücksichtigte dabei die Ausführungen der Stadt, wonach die finanziellen Spielräume in den letzten Jahren immer geringer geworden seien. Um den Fehlbetrag von ca. € 3,2 Mio. € aufbringen zu können, müssten Einsparungen an anderer Stelle, so etwa bei Spielplätzen und Jugendsporteinrichtungen erfolgen. Außerdem müssten in vielen Bereichen die Gebühren erhöht werden.

Das Gericht war der Auffassung, dass die Stadt hierzu nicht verpflichtet sei. Nach der Verfassung des Landes hätten die Kommunen nicht nur für den Denkmalschutz zu sorgen, sondern auch den Bereich „Kultur und Sport“ zu schützen und zu fördern. Die Entscheidung, welchen dieser Bereiche sie im Einzelfall den Vorrang einräume, obliege der Stadt.

Rechtlicher Hintergrund:

Nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 DenkmSchG LSA ist ein Eingriff in ein Kulturdenkmal zu genehmigen, wenn die unveränderte Erhaltung des Kulturdenkmals den Verpflichteten unzumutbar belastet.

Die Entscheidung, gegen die die Kammer die Berufung zugelassen hat, ist noch nicht rechtskräftig.

Aktenzeichen: 4 A 330/18 MD