8. bis 12. November 2021: Aktionswoche
haut+job
Berlin (ots). Fast zwei Jahre nach Beginn
der Coronapandemie ist intensive Handhygiene im Alltag fest verankert -
insbesondere bei Gesundheitsberufen. Doch Vorsicht: Ständiges Händewaschen mit
Seife fördert die Entstehung eines Handekzems, der bislang häufigsten
Berufskrankheit überhaupt. Was viele nach wie vor nicht wissen: Deutlich
hautschonender ist das Desinfizieren der Hände plus Hautpflege. Darauf machen
Hautärztinnen und Hautärzte anlässlich der bundesweiten Aktionswoche
"haut+job" aufmerksam, die in diesem Jahr vom 8. bis zum 12. November
stattfindet.
"Aus dermatologischer Sicht sollte das
Desinfizieren mit viruswirksamen alkoholischen Händedesinfektionsmitteln plus
anschließendem Eincremen dem Händewaschen mit Wasser und Seife vorgezogen
werden", sagt Prof. Swen Malte John, Leiter der Abteilung Dermatologie,
Umweltmedizin und Gesundheitswissenschaften an der Universität Osnabrück. Seife
wäscht dauerhaft die schützenden Fette aus der Hornschicht der Haut heraus.
Gleichzeitig haben die Hornzellen hygroskopische Eigenschaften, das heißt, sie
ziehen Wasser an und quellen auf. Der Aufbau der Hornschicht ist vergleichbar
mit der einer Ziegelmauer.
"Und wenn bei einer Mauer die
einzelnen Steine anfangen zu quellen, gerät das Ganze im wahrsten Sinne des
Wortes aus den Fugen. Genau das passiert bei der Haut auch", erläutert
Prof. John die schädliche Wirkung von zu viel Wasser und Seife. Die Folge ist
eine Schädigung der Hautbarriere - idealer Nährboden, um ein Handekzem zu
entwickeln. Wird hingegen Alkohol verwendet, gibt es diesen Effekt nicht.
Alkohol löst nur die oberflächlichen Fette auf der Haut. Wenn er verdunstet,
verbleibt genügend Fett auf der Haut zurück.
"Um Hautirritationen zu verhindern,
sollten außerdem nach der Desinfektion die Hände vollständig mit einem
Hautpflegemittel eingecremt werden", rät Prof. John. Das gilt im Übrigen
auch nach dem Händewaschen. Wie wichtig diese Maßnahme ist, zeigt eine aktuelle
Studie mit 302 Pflegenden aus zwei deutschen Kliniken, die auf dem Höhepunkt
der Pandemie zwischen Dezember 2020 und Juni 2021 durchgeführt wurde. Eine
Gruppe erhielt eine gesundheitspädagogische Online-Schulung und eine
unlimitierte Menge eines Hautreinigungs- und Hautpflegemittels. Die Kontrollgruppe
erhielt keine der beiden Maßnahmen.
Bei der ersten Gruppe traten im
Beobachtungszeitraum keine neuen Handekzeme auf, während sich in der
Kontrollgruppe bei 8,8 Prozent der Teilnehmenden ein neues entwickelte.
"Das Ergebnis zeigt, dass sowohl Schulungen als auch die Bereitstellung
von Hautpflegemitteln im Rahmen der Prävention von berufsbedingten Handekzemen
bei Pflegenden im Gesundheitswesen sehr sinnvoll ist. Es wäre wünschenswert,
wenn Arbeitgeber entsprechende Angebote bereitstellen würden", so der Osnabrücker
Dermatologe, der die Studie geleitet hat.
Hauterkrankungen wie das Handekzem führen
seit Jahren mit weitem Abstand die Statistik der Berufserkrankungen an. Im Jahr
2020 wurden die berufsbedingten Hauterkrankungen (BK 5101) jedoch erstmals von
diesem Spitzenplatz verdrängt - durch beruflich erworbene COVID-19-Infektionen
(BK 3101). Laut Deutscher Gesetzlicher Unfallversicherung (DGUV) gab es 2020
rund 33.600 Verdachtsmeldungen auf eine BK 3101 (2019: 1.910). Bei der BK 5101
waren es im gleichen Zeitraum rund 18.300 Verdachtsmeldungen (2019: 19.900).
Dieser Trend hat sich im laufenden Jahr weiter beschleunigt. "Allein im
Beobachtungszeitraum unserer Studie gab es über 120.000 Verdachtsmeldungen
beruflicher COVID-19-Infektionen", erläutert Prof. John.
Diese starke Steigerung hat Folgen: Die
Berufsgenossenschaften kommen mit der Bearbeitung der Fälle kaum noch nach. Auf
der anderen Seite hat es durch COVID-19 in vielen Betrieben aufgrund von
Kurzarbeit zum Teil einen deutlich verminderten Arbeitsanfall und damit
geringere Hautbelastungen gegeben. Beides wirkt sich auf die Anerkennung
berufsbedingter Hauterkrankungen aus, wodurch eine bedeutende Änderung im
Berufskrankheitenrecht zum 1. Januar 2021 noch nicht voll zum Tragen gekommen
ist.
Anfang dieses Jahres ist der sogenannte
Unterlassungszwang weggefallen: Personen mit berufsbedingten Hauterkrankungen
wie einem Handekzem müssen nicht mehr ihre angestammte Arbeit aufgeben, um eine
Berufskrankheit anerkannt zu bekommen. Sie erhalten nun rechtsverbindlich eine
bessere Versorgung über die Berufsgenossenschaft mit allen Vorteilen gegenüber
einer Behandlung zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung und können
gleichzeitig im Beruf bleiben.
Der Hautzustand der Patienten lässt sich in
vielen Fällen mit Schulungs- und Präventionsmaßnahmen sowohl im ambulanten als
auch im stationären Bereich stark verbessern. "Dies bedeutet aber auch
eine deutlich anspruchsvollere Versorgung, die durch Dermatologinnen und
Dermatologen geleistet werden muss", betont Prof. John. Er rechnet mit
einer erheblichen Steigerung der Anerkennungen bei der BK 5101 - von bislang
rund 500 auf etwa 10.000 jährlich. Außerdem sieht der Gesetzgeber eine
rückwirkende Überprüfung alter Fälle bis zum 1. Januar 1997 vor, wodurch die
Anerkennungszahlen noch weiter steigen könnten.
Über die Kampagne "haut+job"
Die bundesweite Aktionswoche
"haut+job" ist Teil der gesamteuropäischen Initiative "Healthy
Skin@Work" unter dem Dach der Europäischen Akademie für Dermatologie und
Venerologie (EADV) mit dem Ziel, die Zahl der beruflich bedingten Hauterkrankungen
deutlich zu verringern und den Hautschutz am Arbeitsplatz zu verbessern. Die
Aktionswoche steht alljährlich ganz im Zeichen der Aufklärung über Ursachen
beruflicher Hauterkrankungen und über mögliche Schutz- und Therapiemaßnahmen.
Die "haut+job"-Website unter www.haut-und-job.de
hält die wichtigsten Informationen rund um berufsbedingte Hauterkrankungen
bereit. In Deutschland wird die Kampagne vom Berufsverband der Deutschen
Dermatologen e.V. (BVDD), der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und
der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie (ABD) getragen.
Text / Foto: Berufsverband der Deutschen
Dermatologen e. V. / news aktuell / pixabay